Innsbruck Informiert

Jg.1995

/ Nr.3

- S.38

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INNSBR
Konzept für die „Winterschlafstelle-Neu"
Anlaufstelle und Chance für Obdachlose
Es wird ein Musterprojekt, beispielgebend für Österreich: Die 4.190 Quadratmeter des ehemaligen Kolpinghauses werden zu einem (vom Gemeinderat beschlossenen) „Integrativen Sozialhaus" generalsaniert, und zur gemeinsamen Adresse für Studentinnen und Studenten, für Obdachlose, für
das Jugendzentrum „Z 6" und für eine Altenstube. Für die Unterbringung der
Obdachlosen wurde bereits ein „Raum- und Funktionskonzept" erarbeitet.
Am 7. Dezember 1992, öffnete das Kolpinghaus seine Tore für Obdachlose. Als
reine „Winterschlafstelle" geplant, etablierte sich die „WIST" als ganzjährig betriebene Einrichtung. Rund 80 Personen
wohnen derzeit im Haus, 20.800 Nächtigungen weist die Statistik aus (der Männeranteil dominiert mit 94 Prozent). Die
„WIST" hat ihre Pionierphase hinter sich
gebracht und hat sich von einer Akuteinrichtung zu einer Einrichtung mit längerer Beherbergungsdauer entwickelt.
Zwei Drittel der Menschen, die sie benützen, bleiben längerfristig bis dauernd.
WIST-Geschäftsführer Ing. Bruno
Sporschill umreißt die Haupt-Aufgaben-

stellung: „Unterbringung von akut Obdachlosen und Nichtseßhaften, Hilfestellung bei primären Lebensbedürfnissen und ärztliche Versorgung sowie Vermittlung an Arbeitgeber."
Auf die Bestandsaufnahme und die
Planungsvorgaben der Bauherrin, der
Stadtgemeinde Innsbruck, baut das
„Raum- und Funktionskonzept" auf - eine Initiative der städtischen Obdachloseneinrichtungen, der Arbeitsgruppe
Obdachlosigkeit und von Stadtrat Dr.
Lothar Müller. Mit der Erstellung wurde
die Arbeitsgemeinschaft Mag. Thomas
Reiner (Sozialcoaching) und Dr. Marco
Nicolussi („Büro mnc") betraut.

In der „WIST-Neu" wird der Frauenanteil stärker berücksichtigt werden
(er beträgt derzeit nur 6 Prozent). Frauen erhalten einen eigenen Wohnbereich.
Auch an Paare ist gedacht.
Das Konzept ist auf eine Verringerung
der Kapazität von (rund) 80 Personen
auf 60 Personen ausgelegt.
Der Durchgangscharakter des Hauses wird jedenfalls auch in der WISTNachfolgeeinrichtung erklärtes Ziel sein;
sie „stellt keinen Finalwohnraum dar",
definiert klar das Konzept Reiner/Nicolussi: „Die Befähigung zum selbständigen Wohnen bleibt die Leitvorstellung."
Die Konsequenz für StR Müller: „Die Bewohner und Bewohnerinnen bleiben in
der städtischen Wohnungsvormerkung."
Noch im Frühjahr 1996 wird mit der
Generalsanierung in der Dreiheiligenstraße 9 begonnen. Rund 100 Millionen
Schilling werden in das Gesamtprojekt
„Integratives Sozialhaus" investiert.

Behindertenbeauftragter Meinhard Erlacher:
Den Lebensraum Innsbruck lebenswerter machen
Ebenerdig, ohne Stufe „rollstuhlgerecht" zu erreichen,
liegt im Rathaushof (beim
Bürgerservice) das Büro von
Mag. Meinhard Erlacher, seit
kurzem Behindertenbeauftragter der Stadt. Der Raum
ist eher klein, doch groß ist
der Aufgabenbereich, den
sich der Sozialpädagoge
(Studium in Salzburg) gesetzt hat: „Ich will für alle Betroffenen da sein, nicht nur
für bestimmte Gruppierungen."
Mit dem Thema und der
Problematik des Behindertseins hat Mag. Erlacher
mehrfach Erfahrungen: Persönlich (hörbehindert von
Geburt an), vom Studium her
(im zweiten Studienabschnitt
war der Schwerpunkt auf
„behindert" gelegt) und auch
bereits beruflich (Praktikum

bei der „Lebenshilfe"). Den
Terminus „Behinderter" umgeht der Magister der Philosophie bewußt - seine Definition geht wesentlich weiter,
er spricht von „Betroffenen":
„Auch ein "Gipshaxn" wird
vor einer Stiege zu einem
"Behinderten", zumindest auf
Zeit. Letztendlich kann Behindertsein jeden treffen,
quer durch alle Altersschichten, in allen Lebenslagen."
Erlacher will für eine offene
Bewußtseins- und Meinungsbildung sensibilisieren:
„Vor allem in Blickrichtung Älterwerden kann dieses Thema als Eigenvorsorge aktuell
werden."
Für Mag. Erlacher (Jahrgang 1966) war die neu geschaffene Stelle der Stadt ein
Beginn bei der „Stunde Null".
Dicht und arbeitsintensiv ge-

staltet sich das Arbeitspensum für das Ein-Mann"Team" zwischen Parteienverkehr und umfangreicher
Konzeptarbeit. Bis weit in
den November hinein ist der
Terminkalender ausgebucht
mit einer genauen Bestandsaufnahme und mit Gesprächen mit Ansprechpartnern, „sowohl intern als auch
extern: Ich suche das Gespräch mit allen Vereinen
und Institutionen. Ich will die
Probleme der Betroffenen erfahren, aber auch Lösungsansätze und -Vorschläge im
Konsens erarbeiten."
Im „Innenverhältnis" sucht
Erlacher den Kontakt und die
Mitarbeit der zuständigen
Stellen des Rathauses. In der
Zielsetzung des Projektes
der Weltgesundheitsorganisation „Gesunde Stadt

2000", die weit über das rein
Medizinische
hinausgeht
(und bis in den Bereich der
Wohnkultur, des Sozialen
und der Integration reicht),
sieht Erlacher seine Arbeit,
„den Lebensraum Innsbruck
noch lebenswerter zu machen".
Bei den nicht auszuschließenden Rückschlägen setzt
der gebürtige Zammer auf
sein („felsafeschtes") Oberländer Rückgrat: „Ich laß
mich durch nichts unterkriegen und ich will etwas weiterbringen."
Büro des Behindertenbeauftragten: Rathaushof,
beim „Bürgerservice". Zeiten: Mo. und Mi. von 14 bis
16 Uhr; Di. und Do. von 10
bis 12 Uhr. Telefon: 5 3 6 0 172 DW; Fax (ab Mitte November): 5360 - 1148 DW.

INNSBRUCK INFORMIERT - NOVEMBER 1995