Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1937

/ Nr.4

- S.7

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Amtsblatt Nr. 4.
schuhung können diese Fußveränderung bedingen. Zweifellos kommen angeborene und ererbte Plattfüße vor,
manchmal ist die Ausbildung derselben als eine Rasseneigentümlichkeit aufzufassen. Als Anfangsveränderung
tritt in der Regel nach Professor L a n g e (München)
„eine Abknickung des Fersenbeines nach außen auf; die
Fersenbeinachse, die normalerweise in der Fortsetzung
der Unterschenkelachse verläuft, bildet einen nach außen
offenen Winkel, die Bänder der Innenseite werden gedehnt",- die Belastung erfolgt nun stärker am inneren
Rande des Fußes (Knickfuß). I m weiteren Verlaufe
kommt es Zu einem Einsinken des inneren Längsgewölbes des Fußes (Senksuß), das nun flach wird oder
die normal vorhandene Wölbung gang vermissen läßt
(Plattfuß). Auch das Zwischen Groß- und Kleinzehenballen gelegene Quergewölbe kann eine Einsenkung erfahren, der Fuß ist dann abnorm breit, die Zehen stehen
in Hammerstellung, Zeichen, die dem Spreizfuß zucehören. Die Formveränderung des Fußes als Hohl- und
Klumpfuß wird hier nicht berücksichtigt. Die Knickfußstellung ist bei den Kindern häufiger ausgeprägt, während bei den Erwachsenen der Senk- und Plattfuß häufiger vorkommt. Infolge der abnormen Fußstellung
kommt es zu einer falschen Belastung, die Bänder des
Fußes werden gedehnt und gezerrt, die Gelenksflächen
werden frühzeitig abgenützt, chronisch entzündlich verändert und manchmal sind die Drehbewegungen des
Fußes eingeschränkt (versteifter, „entzündlicher" Plattfuß). So entstehen Schmerzen in den Füßen beim
Gehen und Stehen, es treten auch Schmerzen in den
Knie- und Hüftgelenken, sogar in der Kreuzgegend
auf, die Muskulatur wird überanstrengt. Dadurch
kommt es dann häufig zu einem körperlichen Versagen
im Steh- und Gehberufe. Es ist notwendig, Kinder mit
solch stärker ausgeprägten Fußveränderungen vor dem
Ergreifen eines Steh- oder Gehberufes zu warnen, wie
dies auch tatsächlich bei der Berufsberatung geschieht.
Die möglichste Erhaltung der Leistungsfähigkeit bei
solchen Fußveränderungen ist eine wichtige Angelegenheit und erfordert ein frühzeitiges Einsetzen von Vehandlungs- und Vorbeugungsmaßnahmen, die schon bei
der Schuljugend erfolgen müssen. Bei stärkerer Ausprägung der Fuhveränderungen ist eine passive Stützung
des Fußes durch eine nach G i p s a b d r u c k i n d i v i d u e l l angepaßte R a n d e i n l a g e (nach Prof. Lange)
notwendig. Mit derart angefertigten Einlagen läßt sich
die beste Korrektur des erkrankten Fußes erzielen,
während mit den im Handel erhältlichen Einlagen oder
mit randlosen Einlagen diese nicht erreicht wird,- daher
sind solche Einlagen im jugendlichen Alter zwecklos.
I n schweren Fällen von Plattfüßen, die etwa noch mit
hartnäckigen Schmerzen verbunden sind, wird eine operative Sehnenverpflanzung oder eine eventuelle Knochenoperation angezeigt sein. Leichtere Knickfußstellung
oder eine Neigung zum Knickfuß läßt sich durch Erhöhen des inneren Schuhabsatzrandes manchmal gut
beeinflussen. Wenn es gelingen möchte, daß die Schuhform und Schuhmode mehr dem Fuße sich anpassen
würde, als der Fuß dem Schuhe sich vielfach anpassen

muß, würde eine Anzahl von Fußerkrankungen zu
verhindern sein.
Neben diesen mehr orthopädisch-ärztlichen Maßnahmen hat in allen Fällen eine aktive Fußgymnastik zum
Zwecke der Kräftigung des muskelschwachen Fußes einzusetzen; bei leichteren Fehlformen soll diese durch mehrere Monate einer vielleicht notwendigen Randeinlagenbehandlung sogar vorausgehen. Die Fußgymnastik
stellt ja schließlich eine natürliche Behandlungsart dar;
die Randeinlagenbehandlung bedeutet einen orthopädischen Behelf, der Zudem etwas kostspielig (20 bis 25 8
für ein Paar Einlagen mit Gipsabdruck) ist und infolge
des Wachsens des Fußes bei den Kindern zeitweife geändert oder erneuert werden muß. Mit Rücksicht auf
die große Anzahl solcher Fußveränderungen ist vom
schulärztlichen Standpunkt Zu fordern, daß die Schule
in den Turnstunden den fußgymnastischen Uebungen,
die wegen ihrer Wichtigkeit hier kurz angeführt seien,
eine besondere Beachtung schenkt. Solche Uebungen, in
den Turnstunden richtig gezeigt und erlernt, eignen sich
dann ganz besonders für die Hausgymnastik. Der
Münchner Orthopäde Prof. Dr. Lange schlägt u. a. folgende Uebungen vor: Fußgreifübungen an einem mittelgroßen Ball. Mehrere Kinder untereinander sollen
mit den Zehen „Tauziehen" machen. Heranziehen eines
Handtuches, auf dessen Ende ein allmählich schwereres
Gewicht gestellt wird, mit den Zehen. Ergreifen kleiner
Klötzchen mit den Zehen. Das Gehen auf dem äußeren
Fußrand kann angewendet werden. „Dackelübung"
— wegen der Stellung, die die Füße bei dieser Uebung
einnehmen, so bezeichnet —, wobei nach Einnehmen des
Zehenstandes die Füße möglichst auf den äußeren Fußrand gestellt werden. Neben solchen Uebungen ist das
Barfußgehen auf unebenem Boden, auf Kies (etwa im
Schulhof) oder auf kurz geschnittenem Gras, auf harten,
rauhen Läufern sehr Zu empfehlen. Von anderer Seite
wurde in letzter Zeit eine Selbstmassage der Fußmuskulatur durch Verwendung von Walzhölzern (einfache
Rundhölzer von Vesenstieldicke) angegeben, wobei die
Fußsohle unter leichtem Druck über die Rolle gleitet;
dabei kippt man den Fuß beim Vor- und Zurückgleiten
bald nach innen und außen. Diese Massage soll am
besten nach einem warmen Fußbad auf einem Läufer
oder Teppich ausgeführt werden. Von gleicher Seite
wird noch das Gehen auf eigens gebauten Uebungssandalen mit erheblich verkleinerter Unterstützungsfläche
zur Kräftigung der Fußmuskelgruppen empfohlen. Die
Fußgymnastik nach Prof. Lange, worin auch die vorerwähnten Uebungen zum Teil enthalten sind, sei der
Vollständigkeit halber aus dem schulärztlichen Berichte
vom Jahre 1932 übernommen. Die Uebungen müssen
mit entblößten Füßen durch 10 Minuten täglich gemacht werden.
1. Bewegungen im Sprunggelenk (sitzend oder stehend, wobei
die Hand sich anhalten kann):
a) aufwärts, abwärts,
b) nach innen, nach außen,
o) einwärtskreisen,
6) auswärtskreisen,
jede Bewegung etwa Zehnmal.