Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1937

/ Nr.4

- S.8

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.Amtsblatt Nr. 4

2. Ausgangsstellung: Fußspitzen geschlossen, Fersen etwa handbreit geöffnet. Uebung: Fersen heben — senken. Fußspitzen
geschlossen heben — senken.
3. Ausgangstellung: Füße geradeaus (parallel), handbreit geöffnet. Uebung: Zehen einkrallen zur Faust, Fuß auf den äußeren Rand kippen, Zehen wieder strecken, Fuß zurück zur
Ausgangsstellung o h n e B e l a s t u n g der Innenkante.
4. Ausgangsstellung: Fersen geschlossen, Fußspitzen handbreit geöffnet. Uebung: Ferfen geschlossen heben, dann in einem
Bogen nach außen stellen, wieder heben und schließen, senken.
5. Greifübung (für das Haus): Sitz auf der Längsbank, Füße
nebeneinander und geradeaus gerichtet, auf das Ende eines
Tuches (Handtuch) gestellt, das durch einkrallende Bewegungen der Zehen und des Fußgewölbes zusammengerollt und
-gefaltet unter das letztere zu bringen ist. Eine Belastung des
freien Tuchendes erschwert diese Uebung.

Wegen der Wichtigkeit der Bekämpfung der Fußerkrankungen, wobei die Schule im weitgehenden
Maße mithelfen kann, wurde diefe Darstellung ausführlicher und zusammenfassender gebracht.
Haltungsfehler. Haltungsturnen
Der modern gestaltete Turnunterricht, das Haltungsund orthopädische Turnen haben die Zahl der Kinder
mit Haltungsfehlern ( I I der Tabelle) wesentlich verringert. Es scheint gegenüber früheren Erhebungen, wonach rund bei einem Drittel aller Schulkinder Hallunosfehler bestanden, nur mehr bei ungefähr 10 Prozent der Volksschulkinder eine schlechte Haltung
(„Haltung 3") auf. Da die Kinder der Hauptschulen
vom Haltungsturnen ausgenommen sind, wurden bei
diesen die Haltungsfehler in die Zahlen nicht aufgenommen, fondern sind nur die neu festgestellten und behandlungsbedürftigen WirbeHäuleverkrümmungen zahlenmäßig festgestellt. Freilich sind die Befunde über
Haltungsfehler, solange nicht verläßliche Mesfungs- und
Vertungsmethoden ausgearbeitet sind, auf einer mehr
subjektiven Beurteilung aufgebaut, die aber durch die
jahrelange Beobachtung und durch die große Anzahl
von Untersuchungen doch eine annähernd richtige
Schlußfolgerung zuläßt. I m Vordergrund der Haltungsfehler steht der runde oder krumme Rücken in
Form des Buckels (Rundrücken), wobei häufig die
Sckultern nach vorne aesunken sind und die Schulterblätter flügelartig (Flügelschultern) vom Brustkörbe
sich abheben. I n den meisten Fällen lieat eine in der
Jugend nickt kräftig genug ausgebildete Rückenmuskulatur, manchmal auch eine überstandene Rachitis den
Haltungsfehlern zugrunde. Begünstigt wird die schlechte
Haltung bei einer vorhandenen Schwäche der Rückenmuskulatur weiterhin durch unpassende Sitzgelegenheit in Form von unrichtiger Bankaröße, aber auch
durch unrichtige, gebückte Haltung beim Siken. I n
gleicher Weise werden die meist seitlichen Verkrümmungen der Wirbelsäule (Skoliosen) bedingt. Solche habituelle Skoliosen können auch durch eine immer wieder einsetzende einseitige Belastung, wie etwa durch
das Traaen der Schultasche in Form einer Aktentasche
in der Hand verursacht werden. Sie nehmen nach aröfteren Statistiken etwa 1—2 Prozent von den Halwnqsfeblern ein. Daß bei den Mädchen die Haltungsfehler häufiger sind, wie dies auch aus der Statistik
hervorgeht, dürfte mit der anlagemäßig schwächeren
Ausbildung der Rückenmuskulatur zusammenhängen.
Anders zu beurteilen und gang anderen Behandlungsprinzipien unterworfen sind die Wirbelsäuleverkrüm-

mungen, die durch Knochenerkrankungen, wie etwa
durch tuberkulöse Erkrankung von Wirbeln (Gibbus)
bedingt, oder die durch Schiefstand des Beckens, durch
Beinverkürgungen oder auch durch Zugwirkung infolge einer Ripvenfellfchwarte verurfacht sind. Fälle
mit derartiger Entstehung der Wirbelsäuleverkrümmung
sind hier nicht aufgenommen, sie sind unter 1/6 verzeichnet.
Haltungsfehler und Wirbelfäuleverkrümmungen haben
die Neigung zum Fortschreiten. Sie bilden nicht nur
einen Schönheitsfehler, sondern beeinflussen auch die
Entwicklung des Brustkorbes und damit seiner inneren
Organe in schädlicher Weise und führen nicht so selten
infolge der veränderten Statik Zu einer frühzeitigen
Abnützung der Wirbelgelenke, an denen dann chronisch
entzündliche Vorgänge sich abspielen. Mit dem für die
Kinder der Volksschulen eingeführten Haltungsturnen, das zweimal wöchentlich nachmittags durch zwei
Stunden in je 4 Turnussen abgehalten wird, sucht die
Schule auf die Haltungsfehler Einfluß zu nehmen. Der
Erfolg ist, wie man sich bei schulärztlichen Untersuchungen wiederholt überzeugen kann, ein guter. Zudem lernen die dafür schulärztlich ausgewählten Kinder die
Evezialübungen und können diese zu Hause und im
späteren Leben nutzbringend anwenden. Von Anfang
Mai bis zum Echulschlusse ist das Haltungsturnen in
den Kaysergarten verlegt, um auch die stärkende Sonneneinwirkung auf die freien Rückenpartien ausnützen
zu können. Viel ungezwungenes Bewegen im Freien,
Brustschwimmen — Kraulen ist bei Haltungsfehlern
zu widerraten — und Eislaufen bewirken die Kräftigung der Rückenmuskulatur in besonderer Weise und
sind, wie auch die Sorge für ein richtiges Sitzen beim
Unterricht ebenfalls fleißig anzuwenden. Kinder mit
Wirbelsäuleverkrümmung nehmen seit der Ende Mai
1934 erfolgten Einstellung des orthopädischen Turnens,
das bis dahin unter fachärztlicher Leitung von der
Etadtgemeinde erhalten wurde, fallweife am Haltungsturnen teil; ausgenommen davon sind Kinder bemittelter Eltern, die zum orthopädischen Turnen bei
Fachärzten angewiesen werden.
Einzelne Daten der Berichterstattung mögen noch
kurz vermerkt sein. So wurde im Berichtsjahre an
arme, körperlich sehr bedürftige Kinder, die bis Ende
des Schuljahres 1933/34 in der Schule von der Stadtgemeinde kostenlos Milchportionen erhielten (wurde
im Schuljahre 1936/37 wieder aufgenommen), bei der
10-Uhr-Pcmse an solche Kinder der Volksschulen je ein
Eßlöffel Lebertran mit einem Minzenzuckerl während
der kälteren Jahreszeit verabfolgt. Es kam eine Gesamtmenge von 55 kg des von der Mutter- und Säuglingsfürsorgestelle zu ermäßigtem Preise beigestellten
Lebertrans zur Ausgabe. Die Kosten hiefür wurden von
einem Restbetrage der vor Jahren aus dem Commonwealthfonds für Oesterreich überwiesenen Spende gedeckt. Aus diesem Restbetrage erhielten auch verschiedene Kinder orthopädische Behelfe (Einlagen) und
Brillen, wenn keine andere Stelle für diefe Kosten aufkommen konnte.
Für die Verufsberatungsstelle kamen die schulärzt^
lichen Befunde, die einen wesentlichen Bestandteil in
der ärztlichen Beurteilung der Berufswerber bilden,
aus den Gesundheitsscheinen der ausschulenden Kinder
in die Verufsberatungsblätter zur Uebertragung.