Stadtnachrichten

Jg.1992

/ Nr.12

- S.10

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mm*.

bei uns
Weihnachten
erleben

Wie Mensche
aus anderen
Kulturkreise

(bp) W e n n der Weihnachtsstreß uns alle Jahre wieder den letzten N e r v zieht und w i r immer noch nicht wissen, was w i r dem Papa
schenken sollen (eine Krawatte bekam er schon die letzten drei Jahre), dann w i r f t so mancher zwischen Christkindlmarkt und " O h
du fröhliche..." manchmal einen neidischen Blick auf all jene, denen das Weihnachtsfest aus religiösen oder welchen Gründen auch
immer erspart bleibt. D o c h wenn man dann Jugendliche fragt, die sich nicht zum katholischen oder evangelischen Glauben bekennen,
wie sie das Weihnachtsfest erleben, gibt es doch einige Überraschungen. Denn sie finden Weihnachten schön und unterwerfen sich
ganz freiwillig der Christbaum- und Geschenkspackerl-Idylle. W i r haben mit den Schülerinnen Susanne, Mine und Johanna
gesprochen, die das Akademische Gymnasium in der Angerzellgasse besuchen.

Susanne Lie, 17 Jahre. Ihre Eltern kommen aus Taiwan. Die Familie bekennt sich
zum Zen-Buddhismus. Susanne besucht
seit der 1. Klasse Volksschule den katholischen Religionsunterricht. Sie selbst ist,
zum Unterschied zu ihren Eltern, kein
praktizierender Buddhist.

"Wir verbringen unsere Weihnachten eigentlich wie die meisten Österreicher. Als
Kinder fanden wir es so schön, den Weihnachtsbaum und die Geschenke, also haben wir unsere Eltern gebeten, doch auch
so ein Weihnachtsfest zu machen. Wir
wollten eben gleich sein wie die anderen.
Wir feiern aber nicht die Geburt Christi
mit diesem Fest, wir haben einfach den
Brauch übernommen, uns gegenseitig etwas zu schenken. Eigentlich finde ich die
Schenkerei übertrieben, aber wenn man
den Sinn von Weihnachten nicht vergißt,
ist das in Ordnung. Ich selbst weiß nicht
so viel über den Buddhismus, weil es in
Österreich nicht die Möglichkeit gibt, ihn
zu praktizieren. Aber ich habe in Taiwan
ein großes religiöses Fest miterlebt. Zuhause haben wir einen Buddha stehen und
in einer Schale vor der Figur steht Obst,
ein symbolisches Opfer."

10

"Wir feiern Weihnachten überhaupt nicht.
Am 24. Dezember freuen wir uns über
die Ferien, sonst nix. Unser größtes Fest
ist ja der Ramadan. Jesus ist für uns nicht
so bedeutend. Wir glauben an ihn als an
einen der Propheten, darum wird er nicht
so groß gefeiert, wie im katholischen
Glauben. Als Kind hat es mir manchmal
schon ein bißchen leid getan. Alle haben
Weihnachten Geschenke bekommen und
einen Baum, nur wir halt nicht. Jetzt bin
ich es schon gewohnt und ich denke gar
nicht darüber nach, es macht mir nichts
aus. Aber schenken tu" ich auch. Meine
Schulkameraden und Freundinnen bekommen Weihnachten was und natürlich
krieg" ich auch etwas. Aber nur eine
Kleinigkeit. Für den katholischen Glauben interessiere ich mich schon, und ich
glaube, die Auferstehung ist noch das
größere Fest als Weihnachten. So habe
ich es halt gehört."

Mine Yorganci, 14 1/2 Jahre. Mines Eltern
kommen aus der Türkei, sie selbst ist in
Österreich zur Welt gekommen. Mine
gehört, wie ihre ganze Familie, dem Islam
an. Ihr Religionsunterricht beschränkte
sich auf die Volksschulzeit.

STADTNACHRICHTEN - DEZEMBER 1992

Johanna Puschban, 17 Jahre. Johannas
Mutter kommt aus Griechenland, der Vater ist Österreicher. Johanna ist, wie ihre
Mutter, griechisch-orthodoxen Bekenntnisses. Johanna ist also Christin.

"Also wir feiern Weihnachten ganz nach
österreichischem Brauch. Am 24. Dezember gibt es den Christbaum und die Geschenke wie in jeder anderen Familie
auch. Meine Mutter ist zwar griechisch-orthodox, aber sie besucht die katholische
Kirche, einen orthodoxen Gottesdienst
gibt es in Innsbruck nicht regelmäßig, nur
an besonderen Feiertagen. Für die Orthodoxen hat die Geburt Jesu den gleichen
Stellenwert wie für die anderen Christen.
Ich selbst besuche den römisch-katholischen Unterricht, ich kann nicht genau
sagen, welchen Unterschied es zu
den Griechisch-Orthodoxen gibt. Ich
glaube, meine Mutter hat als Kind zuhause
in Griechenland erst am "HeiligenDrei-König-Tag" das Weihnachtsfest
gefeiert, aber das weiß ich nicht einmal
genau. Ich weiß nur, daß wir zuhause am
6. Jänner die Christbaumkerzen noch einmal anzünden, wenn wir den Baum noch
haben."