Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1939

/ Nr.3

- S.8

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tlnfülirung der Veutlclien Oememdeordnung in der
Ottmark und lur feierlichen Vereidigung der ersten
Gemeindevertretung der Oaunauptttadt Innsbruck
Auf Grund der Verordnung vom 15. September 1938 des
Reichsministers des Innern und des Reichsministers der
Finanzen hat der Herr Reichsstatthalter in Österreich kundgemacht, daß die Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Jänner 1935 mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 für das Land
Österreich in Kraft gesetzt wird.
Die Einführung dieses wichtigen grundlegenden Gesetzes in
der Ostmark gibt wegen des Unterschiedes, der die neue Fassung gegen die bisherigen österreichischen Gemeindeverfassungen der letzten 80 Jahre auszeichnet, Gelegenheit, einige
Grundzüge der neuen Deutschen Gemeindeordnung hervorzuheben. Denn die Umstellung im Verwaltungsaufbau unserer Gemeinden, in der Behandlung aller Gemeindeangelegenheiten durch die Bevölkerung und durch die zur Verwaltung
berufenen Personen bedarf einer befonderen Erklärung, weil
einige Zeit nötig fein wird, bis dieses neue Gedankengut sich
vollständig eingelebt haben wird.
Unter der Auswirkung der geistigen Strömungen der
Französischen Revolution sahen sich die deutschen Staaten
veranlaßt, in den Gemeindeverwaltungen ihrer Gebiete eine
Reihe von Reformen durchzuführen. Bahnbrechend wurde
das Reformrecht des Reichsfreiherrn vom Stein zum Wiederaufbau des nie"dergebrochenen preußischen Staates. Durch unmittelbare Wiederbeteiligung der Bürger, die in den Jahrhunderten vorher aus der Verwaltung der Gemeinden verdrängt wurden, weil deren Macht auf die Landesfürsten übergegangen war. wollte Freiherr vom Stein den Sinn der Bürger an der öffentlichen Verwaltung und für die staatliche
deutsche Gemeinschaft wieder erwecken. Alle Verwaltung
sollte nach feiner Überzeugung aus dem Volke herauswachsen.
Sie sollte ausgehen vom örtlichen Bedürfnis und von der
örtlichen Leistungfähigkeit, sollte alle durch Blut und durch
gemeinsam erlebte Geschichte Verbundenen zum lebendigen
Gemeinfchaftsleben zusammenfassen. Dieses Reformwerk des
Freiherrn vom Stein wurde auch für andere deutsche Länder
vorbildlich und blieb in seinen Grundgedanken bis in die
neueste Zeit für die Verwaltung der Gemeinden des Deutschen Reiches maßgebend.
Auch in Österreich schritt der Gedanke nach freier Selbstverwaltung im konstitutionellen Staate vorwärts. Die Revolution des Jahres 1848 brachte den Anstoß dazu. Das erste
österreichische Gemeindegesetz vom Jahre 1849 schuf die freie
Gemeinde als die Grundlage des freien Staates. Allein die
Entwicklung der nächsten Jahre drängte den freieren Geist
dieses Gesetzes wieder zurück. Die wichtigsten Bestimmungen
wurden schon 1852 unter dem wieder herrschenden absolutistischen Regime aufgehoben. Der Gesetzentwurf des Staatsministers Schmerling vom Jahre 1861 versprach vieles, wurde
aber bei der Beratung im wesentlichen fallen gelassen und
vom Reichsgemeindegefetz des Jahres 1862 abgelöst, das den
selbständigen Wirkungskreis der Gemeinde zu einer nahezu
vollständigen Unabhängigkeit von der Staatsgewalt erweitert, deren Aufsichtsrecht sich nur darauf erstreckt, daß die
Gemeinde ihren Wirkungskreis nicht überschreitet und die
Gesetze nicht verletzt. Diese außerordentliche Freiheit und
Selbständigkeit verschaffte der österreichischen Gemeinde eine
gegenüber allen reichsdeutschen Gemeinden besondere Ausnahmsstellung. Durch die österreichischen Verfassungen der
Jahre 1920 und 1934 wurde die Freiheit der Gemeindeverwaltung in verschiedenen Punkten wieder eingeschränkt, bewegte
sich jedoch durchaus noch auf gesonderter ftaats- und wirtschaftspolitischer Grundlage.
Der Deutschen Gemeindeordnung ist folgender Vorspruch
vorausgesetzt: „Die Deutsche Gemeindeordnung will die Gemeinden in engster Zusammenarbeit mit Partei und Staat zu
höchsten Leistungen befähigen und sie damit instandsetzen, im
wahren Geiste des Schöpfers der gemeindlichen Telbstverwal

tung. des Reichsfreiherrn vom Stein, mitzuwirken an der Erreichung des Staatszieles: in einem einheitlichen, von nationalem Willen durchdrungenen Volke die Gemeinschaft wieder
vor das Einzelschicksal zu stellen. Gemeinnutz vor Eigennutz
zu fetzen und unter Führung der Besten des Volkes die wahre
Volksgemeinschaft zu schaffen, in der auch der letzte willige
Volksgenosse das Gefühl der Zusammengehörigkeit findet.
Die Deutsche Gemeindeordnung ist ew Grundgesetz des
nationalsozialistischen Staates. Auf dem von ihr bereiteten
Boden wird sich der Neuaufbau des Reiches vollenden."
Die Grundlagen der Gemeindeverfassung sind in den ersten
Paragraphen der Deutschen Gemeindeordnung (DGO.) zusammengefaßt. „Die Gemeinden fassen die in der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat zusammen. Die Gemeinden sind öffentliche Gebietskörperschaften. Sie verwalten sich
selbst unter eigener Verantwortung. I h r Wirken mutz im
Einklang mit den Gesetzen und den Zielen der Staatsführung
stehen."
Hier ist also der Grundsatz der Gemeinschaft Grundlage für
den Aufbau des Deutschen Gemeinderechts geworden. Innerhalb der umfassendsten Gemeinschaft, der Volksgemeinschaft,
bilden sich engere Gemeinschaften. Das Bindemittel für jene
ist das gleiche Blut, das Bindemittel der Gemeinden jedoch
die räumliche Geschlossenheit, das Zusammenleben auf dem
gleichen Stück des Heimatbodens.
Darum sagt § 2: „Die Gemeinden sind berufen, das Wohl
ihrer Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu erhalten. Die Gemeinden haben in ihrem
Gebiet alle öffentlichen Aufgaben unter eigener Verantwortung zu verwalten, soweit die Aufgaben nicht nach gesetzlicher
Vorschrift anderen Stellen ausdrücklich zugewiesen sind oder
auf Grund gesetzlicher Vorschrift von anderen Stellen übernommen werden. Den Gemeinden können durch Gesetz staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Anweisung übertragen
werden. Neue Pflichten können den Gemeinden nur durch
Gesetz auferlegt werden; Eingriffe in die Rechte der Gemeinden sind nur im Wege des Gesetzes zulässig."
I n diesen wenigen Sätzen ist das weitumspannende Aufgabengebiet der deutschen Gemeinde umrissen. Es wird nun
Aufgabe all derer fein, die in die Verwaltung der Gemeinden,
sei es als Bürgermeister (Oberbürgermeister), als Beigeordnete, als Gemeinderäte (Ratsherrn) oder als Beiräte berufen
werden, diefen im § 1 und 2 der DGO. genannten Begriffen
Leben zu verschaffen, sie im Geiste nationalsozialistischer
Staatsführung in die Tat umzusetzen. Die Selbstverwaltung
der Gemeinde, wie sie die Deutsche Gemeindeordnung sich
vorstellt, gibt damit dem zur Verwaltung berufenen Personenkreis außerordentlich schöne, aber auch verantwortungsvolle Aufgaben.
Dieser gewaltigen Aufgabe entsprechend setzt die Deutsche
Gemeindeordnung zur Verwaltung der Gemeinde nach den
Grundsätzen des Dritten Reiches: Führertum und Volksgemeinschaft, den Personenkreis fest. Hierin unterscheidet sich
die Deutsche Gemeindeordnung grundsätzlich von den bisherigen österreichischen Verfassungen. Diese sahen für die Gemeindeverwaltungen beschlußfassende Organe vor, in den
früheren Verfassungen den Gemeinderat, den Stadtrat, in der
letzten Verfassung den Gemeindetag und Gemeinderat, die im
Rahmen des vom Gesetz vorgesehenen Wirkungskreises selbständige Beschlüsse fassen konnten, deren Ausführung dem
Bürgermeister übertragen wurde. Dieses Recht der Beschlußfassung des aus einem Personenkreis bestehenden Gemeinderates ist mit dem Grundsatz des Führertums unvereinbar. Dafür verlangen die Grundsätze von Führertum und Volksgemeinschaft, daß auch Einrichtungen getroffen werden, die