Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1939

/ Nr.3

- S.6

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Amtsblatt Nr. 3
nationalsozialistische Grundsatz angewendet werden mutzte:
„Gemeinnutz geht vor Eigennutz", übertragen auf die Gemeindeverwaltung: „Staatswohl geht vor Gemeindewohl"!
Um die Notwendigkeit und Richtigkeit eines solchen Entschlusses darzutun, verweise ich nur darauf, datz die Tiwag
Zum Zwecke der Durchführung von großzügigen Investitionen
eine Kapitalsvermehrung auf mehr als das Doppelte erfahren
sollte, wozu auch nur einen Teilbetrag zu leisten die Stadt
Innsbruck nicht imstande war. Die Entscheidung ging also
darum, diese im Interesse der Gesamtentwicklung notwendigen Investitionen zu verhindern oder die Aktien abzugeben.
Daß ich mich gemäß dem Grundsatz „Staatswohl geht vor
Gemeindewohl" für das letztere entschloß, dafür bitte ich um
I h r Verständnis. Unabhängig von der Frage des Verkaufs
überhaupt war natürlich die Frage des Kaufpreises und der
übrigen vertraglichen Bedingungen Gegenstand sehr langwieriger und sicherlich nicht sehr leichter Verhandlungen. Ich darf
hiezu abschließend folgendes feststellen: Das in den früheren
Verträgen festgehaltene Heimfallsrecht des Achenseekraftwerkes wurde vollinhaltlich aufrecht erhalten, steht also der
Stadtgemeinde nach wie vor zu. Die Stromlieferungsbedingungen zwischen dem E. W. I . und der Tiwag wurden so weit
ausgestaltet, datz jede nur erdenkliche Sicherung des Strombedarfes für Innsbruck zu angemessenen Bedingungen gewährleistet ist. Der Kaufpreis für die Aktien selbst mutz auch
bei Berücksichtigung der günstigen Absatzverhältnisse und aller
anderen Umstände als ein sehr günstiger bezeichnet werden.
Für diejenigen, die den Aktienbestand gekannt haben, mag
die Kaufpreissumme mit 6,535.000 Reichsmark die Bestätigung der Richtigkeit meiner Behauptung darstellen.
3. Eine Entscheidung, die mir persönlich allerdings wesentlich weniger schwer fiel, war weiters der Verkauf der Städtischen Molkerei. Die Städtische Molkerei stellte vom Tage
des Baubeginnes bis zum Verkauf für die Stadt eine ständig
steigende Belastung dar. Abgesehen davon, datz nach dem Gutachten von Sachverständigen der Bau an sich zu teuer und mit
verschiedenen Mängeln ausgeführt wurde, gelang es niemals,
eine wirkliche Ausnützung der Kapazität der Molkerei so
weit zu erreichen, datz auch nur ohne Verlust abgeschnitten
hätte werden können. Ich will auch hier nicht mit Ziffern
langweilen, ich darf aber feststellen, datz der Gefamtverlust
der Stadtgemeinde aus dieser unglückseligen Angelegenheit
nicht weniger als alles in allem rund 1 Million Mark beträgt.
Wenn nun bei dieser Sachlage für mich feststand, datz nur
eine straffe Marktregelung eine Besserung bringen könnte
und wenn anderseits die Marktregelung Sache des Milchwirtschaftsverbandes und nicht der Stadtgemeinde war, dann
lag nichts näher, als dem Wunfche des Milchwirtschaftsverbandes nach einem Verkaufe Rechnung zu tragen. Dieser Gedanke lag um so näher, als zum überwiegenden Teile auch im
Altreich der gleiche Weg gegangen wurde und dieser Weg
überdies im Interesse der Produzenten wünschenswert erschien. Auch hier blieb nach dem Entschluß zum Verkauf nur
die Frage der Wertfestfetzung. Nach vielmonatlichen Verhandlungen kam fchlietzlich eine Einigung bei einer Ziffer von
735.000 Reichsmark zustande, wobei ich gestützt auf zwei von
mir eingeholte Sachverständigengutachten den Kaufpreis
wiederum als durchaus günstig bezeichnen kann.
4. Unmittelbar nach der Machtübernahme mutzte ich schließlich erkennen, datz abgesehen von der Erhöhung des Raumbedarfes zufolge der Eingemeindung fchon für den bestehenden Veamtenkörper nicht genügend Räume zur Verfügung
stehen. So konnte beispielsweise an einen Abbruch des sicherlich längst abbruchreifen Hauses am Boznerplatz überhaupt
nicht gedacht werden, da keine Ersatzräume zur Verfügung
standen. Geradezu katastrophal wurde aber das Raumbedürfnis nach der vollzogenen Eingemeindung und nach Übernahme
verschiedener neuer Aufgaben und der dadurch bedingten Personalvermehrung. I n einem Zeitpunkt, in dem als der berühmte Silberstreifen am Horizont die erste Hoffnung auf
Geldmittel auftauchte, habe ich daher kurz entschlossen den
Auftrag zur Durchführung eines Iubaues zum Rathaufe gegeben. Durch diesen Zubau wird es möglich sein, der an sich
übermäßig belasteten Gefolgschaft der Stadtgemeinde wie-derum würdige Arbeitsstätten zu geben. Daß hiebet jeder
überflüssige Prunk vermieden wurde, braucht keiner beson-

deren Erwähnung. Daß auch hier auf weitere Sicht gesehen
die Entwicklung nicht abgeschlossen ist, sei nur nebenbei
erwähnt.
5. Ganz besondere Sorgen erwuchsen der Stadtverwaltung
auf dem Gebiete des Wohnungsmarktes. Wenn man in den
letzten Jahren vor der Machtübernahme von freistehenden
und nur mehr zu ermäßigten Mietzins vermietbaren Wohnungen hörte, dann war man versucht, anzunehmen, datz in
Innsbruck eine Wohnungsnot nicht bestehe. Wie falsch diese
Annahme war, zeigte die Erfahrung schon nach den ersten
Wochen meiner Amtstätigkeit. Bei dieser Annahme war eines
übersehen worden, datz eine Riefenzahl von Menschen, insbesondere von Familienerhaltern, zu wenig oder überhaupt
nichts verdienten, so datz ihnen auch nur die bescheidenste
Wohnung ein unerschwinglicher Luxus war. Mit dem Wiedereinsetzen der Verdienstmöglichkeit kam selbstverständlich als
besonders vordringlich das Bedürfnis nach einer menschenwürdigen Wohnung. Dazu kam die Rückkehr aller jener, die
in den Systemjahren aus ihrer Heimat vertrieben wurden,
der weitere Zuzug an Beamten, Wehrmachtsangehörigen
u. dgl., und so mutz heute festgestellt werden, datz die Wohnungsnot geradezu katastrophale Ausmatze angenommen hat
und Verhältnisse schafft, die nach einer Abhilfe geradezu
schreien. Ich glaube, wenn Sie die folgenden Ziffern jenen
aus den Systemjahren gegenüberstellen, werden Sie mir beipflichten, datz auch hier geschehen ist, was nur irgendwie geschehen konnte. I m Zeitpunkte der Machtübernahme lag als
einziges Bauvorhaben für das Jahr 1938 der Bau von vier
Häusern in der Burgenlandstratze mit einem reinen Bauaufwand von rund 360.000 Reichsmark vor. Ich erwähne nur
nebenbei, datz hiefür praktisch nicht einmal die Eigenmittel
tatsächlich zur Verfügung standen, sondern daß die Realisierung dieses Vorhabens wohl nur durch einen neuerlichen
Pump möglich gewesen wäre. Daß dieser Bau sofort in Angriff genommen wurde, bedarf gar keiner Erwähnung. Erwähnenswert ist aber, daß darüberhinaus noch im Jahre 1938
203 Wohnungen in Angriff genommen wurden und mit wenigen Ausnahmen bereits bezogen sind. Diese 203 Wohnungen
erforderten einen reinen Bauaufwand von rund 1,290.000
Reichsmark. Es gelang also, die Baudurchführungen um rund
auf das Vierfache des ursprünglich Geplanten zu erhöhen.
Selbstverständlich aber wurde auch nichts unterlassen, um
sofort wiederum mit neuen Bauvorhaben einsetzen zu können,
sobald die Bausaison beginnt.
Ich freue mich, Ihnen heute bereits mitteilen zu können,
daß in den letzten Wochen die Aufträge zur Durchführung
folgender weiterer Bauvorhaben bereits gegeben wurden,
wobei es wohl keiner Erwähnung bedarf, daß die Finanzierung selbstverständlich zuvor gesichert war. >2 Wohnungen
gelangen in der Premstraße in Fortsetzung der vorjährigen
Bauten zur Durchführung, 172 weitere Wohnungen in der
verlängerten Kavuzinergasse und Erzherzog-Eugen-Stratze.
Die beiden erwähnten Bauvorhaben werden an reinen Baukosten rund 1,570.000 Reichsmark verschlingen. An weiteren
Bauvorhaben, die durch die Stadt als Bauträger für das
laufende Jahr noch geplant sind, sind zu erwähnen der beabsichtigte Bau von weiteren 200 Volkswohnungen in Fortsetzung des letzterwähnten Bauvorhabens, rund 160 Wohnungen in der Mozart-Echubert-Stratze und voraussichtlich
30 Kleinsiedlerstätten. Diese weiteren Bauvorhaben dürften
nahezu 3 Millionen Reichsmark erfordern.
Meine Parteigenossen! Sie werden ja vielleicht bereits Gelegenheit genommen haben, die einzelnen bereits durchgeführten Bauvorhaben zu besichtigen, und Sie werden vielleicht
hiebei die verhältnismäßig kleinen Ausmatze der Wohnungen
festgestellt haben. Lassen Sie mich hiezu folgendes festhalten:
Es kann sich für die Stadt nicht darum handeln, irgendwelche
Wohnungen von einem luxuriösen Gesichtspunkt aus zu
bauen, sondern die Richtlinie mutz im wesentlichen die sein,
die Wohnungen müssen zu einem Mietzins vermietbar sein,
den der Mieter nach seinem Einkommen auch wirklich auf
Dauer bezahlen kann. Wenn Sie heute das Einkommen eines
Arbeiters auf der einen Seite und die Baukosten für eine
Wohnung auf der anderen Seite einander gegenüberstellen,
dann zwingt diese Gegenüberstellung dazu, den Bauaufwand