Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1939

/ Nr.3

- S.4

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Amtsblatt Nr. 3
in der Form, den Abgang künstlich dadurch herunterzudrücken, daß man an sich feststehende Ausgaben dennoch zu
niedrig einsetzte. Wie hoch der wirkliche Abgang gewesen
wäre, läßt sich heute nicht mit Bestimmtheit sagen, wohl aber,
daß er durch Aufnahme neuer Darlehen zu einer weiteren
Verschuldung der Stadt geführt hätte, soferne die nötige
Kreditfähigkeit überhaupt gegeben gewesen wäre.
Darüber hinaus kam ich von Tag zu Tag mehr zur Erkenntnis, daß auf allen Gebieten des städtischen Aufgabenkreifes auch die wichtigsten Ausgaben unterlassen worden
waren: so wurde beispielsweise der städtische Hausbesitz geradezu gefährlich vernachlässigt.
Sie werden mir glauben, meine Parteigenossen, daß ich
wirklich in vielen Stunden den ganzen gesunden Optimismus, den ich aus der Kampfzeit herübergerettet hatte, benötigte, um trotz dieser Sachlage nicht in den kleinen Sorgen
des Alltags zu ersticken, sondern darüber hinaus an größere,
dringende Aufgaben heranzugehen. Aber auch bei allem Optimismus mutzte ich mir bewußt sein, daß das Zusammenwirken einer Reihe von Umständen und die äußerste Anstrengung seitens der Ttadtgemeinde selbst notwendig sein
wird, um zu einer Besserung der Verhältnisse, zu einer Gesundung der Stadtgemeinde zu kommen. Diese Voraussetzungen waren folgende.
1. Die Unterstützung und Hilfe durch den Gauleiter und
Landeshauptmann und seine Mitarbeiter,
2. die äußerste Anstrengung nicht nur von meiner Seite,
sondern vor allem auch seitens der gesamten Mitarbeiter
der Stadtgemeinde.
3. ein Wiederaufblühen der Wirtfchaft und Besserung der
allgemeinen Verhältnisse und
4. eine Erleichterung des Schuldenstandes und damit des
jährlichen Zinsen- und Tilgungsdienstes.
Es ist mir ein inneres Bedürfnis, an dieser Stelle gerade
dem Gauleiter den tiefsten Dank hiefür auszusprechen, daß er
nicht nur das Zusammenarbeiten zwischen Land und Stadt
gemeinsam mit seinen Mitarbeitern zu einem ausgesprochen
kameradschaftlichen gestaltet hat, das jeder Erschwerung bewußt auswich, sondern daß er darüber hinaus jederzeit, wenn
ich ihn um irgend eine Unterstützung oder Hilfe gebeten habe,
ohne ein Wort zu verlieren diese Unterstützung und Hilfe
unter allen Umständen und zu jeder Zeit gewährte. Nur derjenige, der selbst in einer ähnlichen Situation steht, weiß es
voll und ganz zu würdigen, was eine derartige Hilfe, gegeben
aus engster kameradschaftlicher Verbundenheit, bedeutet.
Große Sorgen bereitete mir in den ersten Wochen die
Frage, ob meine Mitarbeiter in der Stadtverwaltung, meine
Beamten, Angestellten und Arbeiter, wirklich all den vielen
neuen zusätzlichen Aufgaben, dem stürmifchen Tempo der Entwicklung gerecht werden würden. Ich war mir dabei bewußt,
daß dies mit einer Arbeitsleistung, wie sie normalerweise verlangt werden kann, unmöglich zu bewältigen sein wird. Es
ist mir aber eine aufrichtige Freude, heute feststellen zu können, daß meine Sorgen in dieser Richtung nicht gerechtfertigt
waren. Sämtliche meiner Mitarbeiter haben sich, ohne ein
Wort darüber zu verlieren, mit größter Einsatzbereitschaft
und weit über den Rahmen ihrer Verpflichtung hinaus den
neuen Aufgaben mit einem Eifer und einer Opferwilligkeit
gewidmet, so daß all diese Schwierigkeiten überwunden werden konnten. Ich danke am heutigen Tage daher auch allen
mein3N Mitarbeitern auf das herzlichste und bitte sie, ihre bewundernswerte Einsatzbereitschaft zum Wohle unserer Stadt
Innsbruck auch in Zukunft zu bewahren. Ich darf dabei umgekehrt die Versicherung abgeben, daß ich alles, was in meiner
Kraft steht, tun werde, um doch wenigstens eine teilweise Entlastungen absehbarer Zeit herbeizuführen.
Daß die dritte Voraussetzung, die Belebung der Wirtschaft,
die Besserung der Verhältnisse, eintreten werde, war wohl
von vornherein selbstverständlich. Diese Besserung der Verhältnisse hat sich auch, wie "ich in einigen Beispielen dartun
möchte, bereits in diesem Jahre praktisch ausgewirkt.
Die Ertragsanteile, die der Stadt Innsbruck nach der
Machtübernahme zuflössen, wiesen gegenüber der gleichen
Zeit des Vorjahres eine Steigerung um rund ein Drittel aus,

was als Beweis für die Geldflüssigkeit und vielleicht auch für
eine erhöhte Steuermoral angesehen werden kann. Das
Gleiche gilt von der Verminderung der übernommenen Rückstände anstädtischenSteuern und Abgaben.
Die Verbrauchsabgabe, der beste Maßstab für die Steigerung des Verbrauches an den Gütern des täglichen Bedarfes,
weist eine Erhöhung um rund 28 Prozent auf.
Daß mit der Machtübernahme durch die nunmehr wiederum
gewährleistete Aufwärtsentwicklung neue Lebensfreude eingekehrt ist, beweist die Entwicklung der Vergnügungsabgabe
und Luxusgaststättenabgabe. Erstere mit einer Zunahme um
rund 19, letztere um rund 33 Prozent. Daß die Belebung der
gesamten Wirtschaft, die Auswertung aller vorhandenen Arbeitskräfte zum Wiederausbau unserer Heimat auch eine Vermehrung des Umsatzes unserer ganzen städtischen Betriebe mit
sich brachte, braucht wohl keine Erörterung. Am krassesten
wirkt sich diese Steigerung naturgemäß bei der Innsbrucker
Nordkettenbahn aus, die eine Einnahmesteigerung von nicht
weniger als 114 Prozent zu verzeichnen hatte. Nur ein einziger städtischer Betrieb hat die umgekehrte Entwicklung zu
verzeichnen, ich glaube aber, daß wir alle Ursache haben, uns
hierüber herzlichst zu freuen. Es ist dies die Städtische Pfandleihanstalt. Die Anzahl der belehnten Pfänder sank in der
Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1938 gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres um nicht weniger als 42 Prozent. Wir
können nach den ganzen Erfahrungen auch für die Zukunft
mit einem weiteren Rückgang rechnen. Wenn damit auch
dieses Unternehmen zwangsläufig zu einem passiven wird, so
habe ich mich dennoch am 1. Jänner 1939 leichten Herzens zu
einer Senkung der Gebühren entschlossen, die bei einer Verpfändungsdauer von 6 Monaten immerhin IV2 Prozent beträgt, da ich mir bewußt war, daß diese Erleichterung gerade
den Ärmsten der Armen zugute kommt.
Bevor ich einige Streiflichter über die Entwicklung der
Ausgaben bringe, erinnere ich Sie nochmals an das eingangs
Gesagte und hoffe, daß Sie eine Steigerung der Ausgaben als
selbstverständlich ansehen. Ich glaube aber, vorweg mit Beruhigung sagen zu können, daß hier vernünftig und sparsam
vorgegangen wurde.
Eine Erhöhung mutzten selbstverständlich vor allem die Ausgaben der Gehälter für Beamte und Angestellte und Löhne
der Arbeiter erfahren. Der Grund für diese Erhöhung liegt
dabei erfreulicherweise nicht allein in der Vermehrung des
Personalstandes, der sich durch die Übernahme einer ganzen
Reihe von neuen Aufgaben und wesentlichen Vergrößerung
der einzelnen Aufgabenkreise selbst ergab, sondern auch darin,
daß die Angleichung der Gehälter und Löhne durchgeführt
werden konnte.
Ich stehe nicht an, festzuhalten, daß auch nach meiner Ansicht die Regelung in dieser Richtung keine unbedingt befriedigende ist und daß verschiedene Härten noch ausgeglichen
werden müssen, immerhin beträgt aber der Mehraufwand für
Beamtengehälter und Vergütungen der Angestellten pro Jahr
rund 276.000 Reichsmark, wovon allein auf die Erhöhung der
Familienzulage 25.000 Reichsmark rund entfallen. Die Mehrbelastung an Kinderzulagen für die Arbeiter beträgt bei
einem Stand von 613 Gefolgfchaftsmitgliedern im Jahre rund
43.730 Reichsmark. Die sonstige Erhöhung der Grundlöhne
der Arbeiter ergibt einen Mehraufwand von 70.000 Reichsmark. Neben diesen Auslagen stiegen aber auch mit ganz
wenigen Ausnahmen die Auslagen auf allen anderen Gebieten.
Eine dieser wenigen Ausnahmen stellt das Wohlfahrtsressorts dar, bei dem sich die Erhöhung des Beschäftigungsstandes, die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse überhaupt, in einer rund 80prozentigen Senkung der Ausgaben
auswirkt. Es ist dabei selbstverständlich, daß gerade in den
ersten Monaten nach der Machtübernahme eine besondere
Auswirkung nicht möglich war, da die wirtschaftliche Erholung selbstverständlich für die einzelnen Familien nicht
fofort eintreten konnte.
Ganz erhebliche Zuwendung aus Reichsmitteln, die uns
durch den Gauleiter zugeflossen sind, machten es aber auch
schon in diesem Jahre möglich, große Beträge für die Instandsetzungen anstädtischemGebäudebefitz, für die Ausgestaltung