Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1989

/ Nr.9

- S.15

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Stufenweise Einführung von Tempo-30-Zonen soll die 1 ebensqualität
in Innsbrucks Wohngebieten heben und die Luftbelastui ig senken
Begonnen wird damit noch heuer — Novelle zur Straßenverkehrsordnung gibt den Gemeinden seit kurzem die Möglichkeit
(Eiz) Durch flächenhafte Verkehrsberuhigung soll die
Lebensqualität in Innsbrucks Wohngebieten gehoben
werden, die Unfallgefahr soll gesenkt, der Schadstoffausstoß der Autos deutlich verringert werden, wie deutsche Beispiele überzeugend veranschaulichen (Kasten
rechts): Seit Inkrafttreten der 15. Novelle zur Straßenverkehrsordnung am 1. März d. J. ist es den Gemeinden
möglich, durch Verordnung großflächig Verkehrsbeschränkungen einzuführen. Innsbruck nützt diese MögSolche flächenhafte Verkehrsberuhigung wird in vielen europäischen
Städten bereits mit verblüffenden
Erfolgen praktiziert. Der Grundgedanke: Der quartierfremde Verkehr
wird aus den Wohngebieten durch
bauliche und verkehrsregelnde
Maßnahmen auf Hauptverkehrsund Sammelstraßen außerhalb gelenkt (auf denen weiterhin „Tempo
50" gilt), für den verbleibenden
Ziel- und Quellverkehr der Wohngebiete selbst gilt „Tempo 30". Da
somit (fast) nur mehr Bewohner
dieser Gebiete zu- und abfahren,
bestimmen diese selbst das Maß der
Verkehrsbelastung und -belästigung in ihrem Wohngebiet. In den
Tempo-30-Zonen soll grundsätzlich nur mehr die „Rechtsregel"

lichkeit unverzüglich: Das städtische Tiefbauamt hat gemeinsam mit dem Straßen- und Verkehrsamt ein Realisierungskonzept zur Einführung von Tempo-30-Zonen
ausgearbeitet, in denen Lkw nur mehr bis zu 3,5 Tonnen
(Ausnahme: Zufahrt zu Anrainern) fahren dürfen. Dieses Konzept soll nun, nachdem die Zustimmung des Verkehrsausschusses vorliegt, schrittweise realisiert werden.
Begonnen wird damit noch heuer, sagte Bürgermeister
Romuald Niescher auf einer Pressekonferenz.

gelten. Autofahrer, die ihre „eingefahrenen" Vorrangwege gewohnt
sind, können damit in der ersten
Zeit
Anpassungsschwierigkeiten
haben.
Die wissenschaftliche Begleitforschung bei einem seit mehreren
Jahren in der Bundesrepublik laufenden Großversuch mit flächenhafter Anwendung solcher Verkehrsberuhigung erbrachte äußerst
ermutigende, groß teils überraschend positive Ergebnisse nicht
nur bei der Beruhigung der betroffenen Gebiete, es wurde auch die
Zahl der Unfälle deutlich reduziert.
Besonders die Unfallfolgen waren
weniger schwer. Dazu sank die
Lärmbelästigung, der Benzinverbrauch ging merklich zurück und

die Schadstoffemissionen wurden
geringer.
Bürgermeister Romuald Niescher
auf der Pressekonferenz: „Die Vorteile der Tempo-30-Zonen liegen
aufgrund der wissenschaftlichen
Erkenntnisse auf der Hand, sodaß
wir das unabhängig vom Verkehrsberuhigungskonzept nun etappenweise durchführen. Sollte im Zusammenhang mit diesem Konzept

eine Änderung notwendig sein,
wird man diese ohne größere
Schwierigkeiten machen können,
da ich der Meinung bin, daß am
Anfang mehr mit Schildern und
Bodenmarkierungen
gearbeitet
werden soll und wir uns mit Baumaßnahmen zurückhalten werden.
Wo Schilder keine Wirkung zeigen,
wird man an Baumaßnahmen denken."
Baureferent Bgm.-Stellv. Rudolf
Krebs: „In Zukunft wird in Innsbruck das Schwergewicht auf der
Verlagerung des Verkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel liegen.
Auch der Fußgänger- und Radfahrerverkehr wird weit größere Bedeutung erlangen." Verkehrsstadtrat Dr. Harald Hummel: „Erfreulich ist, daß die Ausweisung flä-

chenhaft verkehrsberuhigter Zonen
nun auch bei uns möglich ist. Besonders in Wohngebieten wollen wir daher diese gesetzliche Möglichkeit
möglichst bald nutzen."
In Innsbruck wurde schon in den
vergangenen Jahren eine Reihe verkehrsberuhigender
Maßnahmen
durchgeführt: Geschwindigkeits-,
Tonnagebeschränkungen, teilweise
oder völlige Sperre gewisser Straßen
für bestimmte Verkehrsteilnehmer.
Auch die „langsamen" Grünen
Wellen wirken beruhigend auf den
Verkehrsfluß. Außerdem gilt die
30-km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung bereits im Olympischen Dorf
(mit Ausnahme der Schützenstraße),
in Igls und Vill, am Sieglanger, in
Kranebitten und in der Lohbachsiedlung.
(Fortsetzung auf Seite 20)

In Deutschland befürwortet große Mehrheit nach
gemachten guten Erfahrungen die Tempo-30-Zonen
In sechs deutschen „Modellstädten"
haben das Umweltbundesamt, die Bundesanstalt für Straßenwesen und die
Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung die „flächenhafte Verkehrsberuhigung" untersucht. Ein unverdächtiger Zeuge, der
ADAC („freie Fahrt für freie Bürger"),
hat die Akzeptanz von flächenhafter
„Tempo-30" -Regelung in Buxtehude
unter die Lupe genommen. Auszugsweise die wichtigsten Erkenntnisse laut
ADAC:
• Die mittlere Geschwindigkeit ist
nach Umstellung deutlich gesunken, lag
aber immer noch über dem vorgeschriebenen Limit.
• „Die Fahrweise der Autofahrer hat
sich geändert: Es wird gelassener und
gleichmäßiger gefahren."
• Die mittlere Reisezeit der Berufspend-

ler hat um 7 Prozent zugenommen, der
Benzinverbrauch nahm ... von durchschnittlich 8,4 1/100 km auf 7,4 1/100
km, somit um rund 12 Prozent ab.
• Befürworteten vor der Einführung
27 % der Autofahrer (39 % der Bewohner) Tempo 30, so sprachen sich nachher 67 % der Autofahrer (76 % der Bewohner) für diese Geschwindigkeit aus.
Der ADAC: „Tempo 50 wird in Wohngebieten ... kaum mehr gewünscht."
• Die „Rechts-vor-Links"-Vorrangregelung halten 70 Prozent der Autofahrer für sinnvoll, nur jeder Achte ist
dagegen.
• Sehr begrüßt wurde von 80 % der
Bürger die Verbesserung für den
Fußgänger- und Radverkehr.
• Die überwiegende Mehrheit der Bewohner fühlt sich bei Tempo 30 sicherer
als zuvor bei Tempo 50. Nach drei

Jahren meinte auch jeder zweite Autofahrer, daß die Unfallgefahr „deutlich
geringer" geworden sei.
Erfreuliche Schadstoffreduktion in Innsbruck zu erwarten
Die Auswirkungen der Tempo-30Zonen auf die Abgasbelastung in
Innsbruck untersuchte Univ.-Prof.
Dr. Hermann Knoflacher im Auftrag
der Stadt. Er erstellte mehrere Szenarien. Bezieht man auch nur das niedrigrangige Straßennetz von Wüten in
die Verkehrsberuhigung ein, kommt
Knoflacher zum Ergebnis, daß sich
die Kohlenmonoxydbelastung um
10,6 Prozent, die Stickoxydbelastung
um 35,3 und die Kohlenwasserstoffbelastung um 15,3 Prozent verringern
würde. Immer vorausgesetzt, die
Autofahrer halten sich an die Geschwindigkeit!

Schrittweise sollen die Wohngebiete der Stadt zu „ Tempo-30-Zonen "
werden. Innenstadt und Wüten bleiben bis zum Vorliegen des „Verkehrsberuhigungskonzeptes" ausgespart. Der Plan zeigt die Bauabschnitte. Der quartierfremde Verkehr soll sich nur mehr auf den von
der Färbelung ausgesparten Straßen (mit Tempo 50) abwickeln. Möglich ist die Realisierung in drei Jahren, wenn in jedem Jahr rund drei
Mio. S zur Verfügung stehen. Begonnen wird damit noch heuer.

INNENSTADT GEMASS
VERKEHRSWISSENSCrfFTUCHEM
KONZEPT

STADTBAI

I A M T

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I N N S B R U C K

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BAUVORHABEN:
EINFÜHRUNG VON TEMPO 30 -ZONEN

VORGESCHLAGENE TEMPO 30-ZONEN
BAUABSCHNITTE
Maßstab:

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