Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1938

/ Nr.12

- S.3

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Amtsblatt Nr.12

Das Innsbrucker 8tadtarc!nv
Die lnnsbrucker Clironik des
Qottkried ?uscli von 1765 bis 17S1
V o n Dr. K a r l S c h a d e l b a u e r
(16. Fortsetzung)
(1785.) 9. September: Heute erschien wieder eine Regulierung des
Fleisch Satzes. Derzufolge ist das Pusterer Fleisch das Pfund 5Ve kr.,
Landfleisch 5 kr., Stich- und Terzen- (d. i. eine Ochsenart) Fleisch
4V2 kr.. Castraun 3 kr.
Anm.: Während der Anwesenheit des Hofes waren die Victualien
nach beiliegender Specification taxiert. (Verweis auf die in der
Forts. 14 angeführten Beilagen 5 und 6.)
I m verflossenen Jahre, im September, war der Preis des Rindfleisches bester Sorte das Pfund 5 kr., schlechterer Gattung 4V2 kr.
I m April heurigen Jahres, also- 3 Monate vor Ankunft des Hofes,
war das Pustertaler Fleisch 5V< kr., hiesiges Landfleifch 4"/< kr.
Am 1. Juni wurde jedoch das Pustertaler Fleisch auf 5^2 kr. einstweilen mit dem gesetzt, daß man bei Ankunft des k. k. Hofes
das billigmäßigst bestimmen werde. Das Kalbfleisch 4V? kr.,
Castraun 4 kr.
14. September: Die Landesstelle ließ heute mittelst Druckes
öffentlich bekannt machen, daß nachdem wegen des betrübteste,
Hinscheidens S.M. des Kaisers und Mitregenten höchstseliger Gedächtnis eine allgemeine Trauer bereits angeordnet, folglich alle
öffentlichen Lustbarkeiten aller Orten eingestellt werden, die fernere
Aufführung der Schauspiele, Musiken und Tänze oder anderer
öffentlicher Erlustigungen bis auf weitere Verordnung hiemit
vollends eingeboten seien. (Verweis auf die in Forts. 15 angeführten
Beilagen 8 und 9.)
18. September: Heute kamen wir in die Kenntnis, daß am
19. vorigen Monats S. päpstliche Heiligkeit Clemens XIII, infolge
allzustarken Überflusses des Geblütes eine solche Übelkeit befiel,
daß man S.Heiligkeit nach zweimaligen, fruchtlosen Aderlaß bereits
für tot hielt, daher die in Rom befindlichen auswärtigen H. Gesandten schon im Begriffe standen die Nachricht von diesem plötzlichen Hintritte an ihre respectiven Höfe abzufertigen, jedoch nach
ohne mindester Hoffnung uerfuchten, dritten Aderlaß tratt allmählig
wieder eine sehr befriedigende Erholung zur allgemeinen Verwunderung ein. Ungeachtet des vorteilhaft geänderten Zustande«?
werden aber dennoch die (lolleet« pro kontikee iuLrmo noch immer
gelesen.
2N. September: Heute starb H. Jos. Martin v. Gumpp zu Fraaenstein, K. K. Ingenieur Major. Seine Leiche wird auf dem
Stadt-Gottesacker beerdigt werden.
23. September: Seit einiger Zeit herrscht hier herum sehr stark
die Dissenterie, in Folge deren schon Manche dahingerafft wurden
und Viele davon ergriffen sind.
25. September: Heute nach 7 Uhr früh verstarb im Stifte zu
Wilten der dortige hochw. resignirte H. Abt Norbert ebenfalls an
der Dissenterie zu der noch ein Erbrechen sich dazuschlug im
76. Jahre seines Alters, im 55. der Profession, im 49. des
Priestertums und im 18. der Prälatur.
26. September: Der Leichnam desselben wurde in dem oberen
Saale ausgesetzt, wo auch an zwei aufgerichteten Altären fortan
hl. Messen gelesen werden.
28. September: Heute um 9 Uhr Vormittag war daselbst die
feierliche Leichenbegängnis. Die Aussegnung vollzog sein erst gestern
vom Etschlande zurückgelangter hochw. H. Nachfolger Abt Joseph.
Drei Priester mit Kelch, I n f u l und Stab gingen vor der Bahre,
welche sechs, schwarz gekleidete Knaben mit Torzen (d. s. Pechfackeln) umgaben.
Anm.: Dem Verewigten, welcher fehr guttätig gegen die Armen
war. wird die Erbauung der schönen Vfarr- und Marianischen
Wallfahrtskirche unter den 4 Säulen, welche im Jahre 1750 begann,
zugeschrieben.
1. Oktober: I . K. K. Majestät haben in Erwägung, daß durch den
tätlichen Hintritt weil, des nunmehr in Gott ruhenden Gemahls und
Mitregenten K. M. die Last der mit demselben glücklich aeteilt
gewesenen Regierung, der sämentlichen Erbkönigreiche und Länder
auf allcrhöchstdieselbe wieder zurückgefallen, zur weiteren Erleichterung der Regierungs Bürde sich entschlossen S.Kaif.Maj. dero
erstgeborenen Sohn Joseph, als den vermög des Rechts der Natur,
als der pragmatischen Sanction künftigen Erben und Thronfolger
untern 23. dieses (Monats) die Mitobsorge und Mitregierung zu
übertragen, ohne jedoch von der eigentümlichen Beherrschung der
für allzeit untrennbaren, österreichischen Staaten etwas zu vergeben, folglich ohne der pragmatischen Erbfolg Sanction den geringsten Abbruch zu tun. Die Hof- und Landesstellen wurden daher

"" ^ ^

blatt der 6aunaupt5tadt Innsbruck

samt allen Untergebenen der sowohl I . K. K. Maj. als dero allerdurchl. Erben zum voraus geschwornen Eidespflichten erinnert.
Anm.i Es ging auch früher stark die Rede I . K. Maj. wolle die
Regierung ganz ihrem ebengenannten Erstgeborenen übergeben und
in unserer Vaterstadt höchst ihren Witwensitz aufschlagen, jedoch nur
mit Mühe soll höchstdieselbe sich von diesem Vorsatze haben zurückbringen lassen.
NB. Sie übergab ihrem Sohne Joseph auch die unumschränkte
Leitung der Militair Angelegenheiten und das Grotzmeistertum
aller Orden.
Beilage Nr. IN: die oben angeführte, allerhöchste Willensmeinung vom
23. Sevt. 1765. welche Jg. Graf Gnzenberg am 1. Oktober in Innsbruck
veröffentlichte.

Von den ^udenvesordnungen
«aller ^olet l l .
V o n Dr. K a r l S c h a d e l b a u e r
I n Gesprächen über die österreichische Iudenfrage werden immer
wieder die diesbezüglichen Verordnungen Kaiser Josef I I . (1780 bis
1780) erwähnt. Freilich fehlt dabei meist jede nähere Kenntnis
dieser Erlässe und man glaubt z. B., daß jeder auffällige oder gar
komisch anmutende Name eines Juden auf so eine josefinische Verordnung zurückgeht. Wie irreführend eine solche Annahme aber ist,
mag daraus ersehen werden, daß bereits im landesfürstlichen Raitbuch von 1295 bis 1300 für Tirol Namen wie Taubenkropf, Rosenblatt, Pfifferling, Ochsenauge, Kühlwind aufscheinen, deren Träger
sicherlich keine Juden waren. Aus den genannten Gründen scheint
es notwendig zu sein, einmal Näheres über die Judenverordnungen Kaiser Josef I I . mitzuteilen.
Schon Anfang Juni 1781 wurde dem Innsbrucker Stadtmagistrat
vom Gubernium folgende allerhöchste Willensmeinung bekanntgegeben:
Die in den k. k. Erblanden befindlichen Glieder der jüdischen
Nation sind dem Staate nützlicher zu machen. Es sind ihnen sowohl die bisher beschränkten Nahrungswege zu eröffnen, als auch
die nötigen Aufklärungsmittel zu beschaffen. Die jüdische Nationalsprache soll, abgesehen vom Gottesdienst, beseitigt werden. Die
Juden sollen verhalten werden, alle Kontrakte, Verschreibungen,
Testamente, Rechnungen, Handelsbücher, Zeugnisse usw. in der
gerichtsüblichen Sprache jedes Landes bei Strafe der Nullität und
Verweigerung der obrigkeitlichen Assistenz anzufertigen. Zum Erlernen der Landessprache soll ihnen eine Frist von zwei bis drei
Jahren anberaumt werden. Bei den Hauptsynagogen sind nach der
Normallehrart eingerichtete Schulen einzuführen. S. Majestät wäre
auch geneigt, den Judenkindern den Besuch der schon bestehenden
öffentlichen Schulen Zu gestatten, ja, sie sogar dazu anzuhalten.
Die Vermögenden seien auch vom Besuch höherer Schulen nicht
ausgeschlossen. Das Lesen aller von der Zensur genehmigten Bücher
ist den Juden gleich den übrigen Untertanen erlaubt, die Einfuhr
jüdischer Bücher von auswärts aber ist einzustellen. Die Auflage
jüdischer Bücher ist wie in Böhmen in eigenen Druckereien unter
Zensur zu besorgen.
„Um nun auch diese Nation von dem ihr so eigenen Wucher und
betrügerischen Handel durch erweiterte und vermehrte Nahrungswege abzubringen sei ihnen: 1. der Ackerbau, jedoch nur pachtweise,
besonders von unbearbeiteten und unkultivierten Grundstücken
auf 20 oder mehrere Jahre gegen dem zu überlassen, daß
alle Ackerbauarbeiten
durch jüdische Hände zu geschehn
haben." Würden sie Christen, könnten sie auch die Grundstücke als
Eigentum erwerben.
2.) „Können sie Fuhrknechte abgeben."
3.) „Seien sie bei Handwerken, zu Schustern. Schneidern, Zimmerleutcn, Maurern und welche sonst zu Führung eines Baues
erforderlich sind bis zu Baumeistern, und wenn sie der Architektur mathematisch kundig sind, zu Architekten zuzulassen."
4.) „Sind sie, wenn sie zeichnen können, zu Kunsttischlern u. dergl.
die Zeichenkunst erfordernden Gewerben zu gebrauchen, ihnen
auch die freien Künste der Malerei, Bildhauerei und so fort
zu erlauben."
5.) Können ihnen, da sie erfindsam sind und leicht in Compagnie
treten, alle Arbeiten, welche in Fabriken geschehen müssen
oder besondere und kostbare Maschinen erfordern, zugestanden,

auch

6.) alle jene Manufakturen zu betreiben gestattet werden, die
durch Gesetze als freie Arbeiten erklärt sind, als Spinnen,
Weben, Verfertigung der Lein- und Tafet Waren."