Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1938

/ Nr.7

- S.5

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Amtsblatt Nr. 7.
Nov. 1712 geboren, von Frau (wohl einer Hebamme) getauft und
genent worden Carolus Commeüchenstal, welches dann von Herrn
Antoni Koch unter vorigen Namen fub conditione getauft worden. Goatter Herr Johann Georg Angerer, Stattapotecker."
Die uneheliche Geburt galt seit alter Zeit als ein Makel, der
häufig — was selbst heute noch gar nicht selten vorkommt! —
dem daran gänzlich unschuldigen Kinde zur Last gelegt wurde.
Solche Kinder suchten dann verständlicherweise, wenn sie bei der
Ergreifung eines Berufes da und dort eine Zurücksetzung erfahren
mußten, irgend einen Weg. um diesen Makel zu tilgen. Den Akt,
durch welchen ein uneheliches Kind für ehelich erklärt wird, nennt
man die Legitimation. Es kamen dafür vorzüglich Zwei Arten in
Betracht, nämlich 1. die Legimation durch nachfolgende Ehe und
2. die durch eine Verfügung des Regenten oder einer Behörde
(—lezirimario per re8criptum principis). Wie es diesbezüglich in
Tirol stand, sei zum Abschluß kurz ausgeführt.
Die eheliche Geburt war etwa seit dem Jahre 900 eine Voraussetzung für den Eintritt in den geistlichen Stand. Die Synode
von Poitiers (1078) schloß alle Unehelichen von den Weihen aus
und Papst Urban I I . (1088—99) verbot die Weihe von Priesterföhnen. Seit etwa 1300 wurden dann wieder Dispensen erteilt.
I m Brixner Domkapitel wird der Nachweis der ehelichen Geburt
erstmals in den Statuten von 1485 gefordert. Unter den Vrixner
Domherren waren — nach Leo Santifaller — auch zwei uneheliche
Söhne Herzog Meinhards II. Der eine, der Dompropst Friedrich,
war ein Sohn des Herzogs mit der Tochter Ottos von Sterzing,
der zweite, ein Heinrich, verließ später wieder den geistlichen
Stand und verehelichte fich.
Eine wichtige Rolle bei der Legitimation spielte die juristische
Fakultät der Universität Innsbruck. Diese konnte nämlich Kraft
der ihr von Kaiser Leopold I. im Jahre 1681 verliehenen Pfalzgrafenwürde, die sie bis 1765 besaß, bürgerliche Wappen verleihen,
Notare ernennen und auch uneheliche Kinder legitimieren. Von
1648 bis 1734 sind etwa 100 solcher Legitimierungen bekannt. Sie
sind von Kasp. Schwarz in einer Arbeit über „Die Hofpfalzgrafenwürde der jurist. Fakultät Innsbruck" veröffentlicht worden. Die
Bittsteller waren meist Bauern und Bürger Tirols, manchmal
auch ein Kind eines Soldaten oder Adeligen. Das legitimierte
Kind erhielt meist den Namen des Vaters. I n einem Falle weigerte sich der vom bischöflichen Konsistorium in Vrixen als Vater
Ueberwiesene — der Maler Matthäus Gasser aus Dietenheim —,
den Sohn auf den Namen Gasser zu legitimieren. Es wurde dann
der Ausweg genommen, dem Kind den halben Namen des Vaters
und den halben der Mutter — Margareiter —, also „Gatzreiter".
zu geben. Bei einem ähnlichen Fall bezüglich eines Kindes zweier
Adeliger wurde der Name „Etreittenfelder" gegeben. Ein Kind,
dessen Vater unbekannt war. erhielt den Namen „Bergthaller".
Für die Legitimation war eine Taxe von 15 Gulden zu zahlen,
die aber in Fällen von Armut nachgesehen wurde. Die Legitimations-Diplome wurden in Pergament (bei Armut in Papier) ausgestellt, wofür der Universitäts-Notar 3 Gulden erhielt.
Eine legitime Geburt war außer für den Priesterstand besonders auch für die Aufnahme in eine Zunft wichtig. Einen bemerkenswerten Fall diefer Art erzählt ebenfalls Schwarz in feiner
genannten Arbeit. Der Sattler Balthasar Leiß in Sterzing hatte
ein Mädchen geheiratet, das vorher von der juristischen Fakultät
legitimiert worden war. Trotzdem weigerte sich die Sattlerzunft,
den Leiß wegen der Illegitimität seiner Frau in die Zunft aufzunehmen und als Meister anzuerkennen. Obwohl er sich an den

akademischen Senat um Hilfe wandte und diefer die Regierung
anrief, zog sich die Sache durch mehrere Jahre hin. Noch im Jahre
1793 (Stadtarchiv, Akt Nr. 371) ersucht ein Sebastian Niedermayr
von St. Nikolaus das Landesgubernium um einen Legitimationsbrief, „um allen etwa sonst zu erleiden habenden Vorwürfen vorzukommen", da er das Zimmerhandwerk lernen wolle, aber laut
Taufschein von unehelichen Eltern geboren sei. Es wurde ihm der
Bescheid erteilt, daß eine eigentliche Legitimation unnötig sei, da
durch Gesetze von 1783 und 1791 „die Makel unehelicher Geburt
auch bei allen Handwerken aufgehoben" wurde und die Verordnung ausdrücklich besage, „daß derlei Uneheliche nirgends einem
Vorwurfe oder Nachteile an Ehre oder Hindernissen an ihrem wo
immer hin gerichteten Fortkommen ausgesetzt sein sollen". Bezüglich der Legitimation unehelicher Kinder galten die Paragraphen 161 und 162 des bürgerlichen Gesetzbuches, die lauten:
§ 161: Kinder, welche außer der Ehe geboren und durch die nachher erfolgte
Verehelichung ihrer Eltern i n die Familie eingetreten sind, werden, so
wie ihre Nachkommenschaft, unter die ehelich erzeugten gerechnet, nur
können sie den in einer inzwischen bestandenen Ehe erzeugten ehelichen
Kindern die Eigenschaft der Erstgeburt und andere bereits erworbene
Rechte nicht streitig machen.
§ 162: Die uneheliche Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen Achtung
und an seinem Fortkommen keinen Abbruch tun. Zu diesem Ende bedarf
es keiner besonderen Begünstigung des Landesfursten, wodurch das Kind
als ein eheliches erklärt wird. Nur die Eltern können um solche an»
suchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der Ltandesvorzüge
oder des Rechtes an dem frei vererblichen Permögen teilhaft machen
wollen.

Für die praktische Ahnenforschung ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, daß man sich bei der Nachsuche in Taufbüchern
immer auch an die Register der Illegitimen erinnern soll. Eine
Veröffentlichung dieser Register wäre besonders wertvoll, da sie
zumeist Namen von fremden Personen enthalten, die oft nur zufällig und für kurze Zeit an dem jeweiligen Pfarrort weilten.