Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1985

/ Nr.10

- S.22

Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Heft

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 1985_Innsbrucker_Stadtnachrichten_10
Ausgaben dieses Jahres – 1985
Jahresauswahl aller Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
Die Hofmusik der Renaissance
Erzherzog Ferdinand II. von
Tirol (1564-1595) war von
Anfang an vom Interesse an einer Hofkapelle beseelt, deren
Gründung bereits 1564 erfolgte, als Ferdinand sich noch in
Prag aufhielt (vgl. Walter Senn,
Von Dr. Herbert Woditschka
Musik und Theater am Hof
zu Innsbruck, Innsbruck 1954,
S. 63 ff.). Ihre Mitglieder waren
fast durchwegs Niederländer.
So schrieb der Florentiner Ludovico Guicciardini: „Die Niederländer sind die wahren Meister der Musik, die sie wiederhergestellt haben. Ihnen ist es
angeboren, daß Männer und
Frauen in höchster melodischer
Anmut zusammensingen."
Im Sommer 1566 begann der
Kammerrat Erasmus Heidenreich von Pidenegg die Übersiedlung der Hofkapelle von
Prag nach Innsbruck vorzubereiten. Am 19. August gingen
fünf diesbezügliche Schreiben
des Erzherzogs, der an einem
Feldzug gegen die Türken teilnahm, aus dem Feldlager in Ungarisch-Altenburg ab: Die Mitglieder der Hofkapelle sollten
mit acht Wagen nach Linz und
von dort mit dem erzherzoglichen „Küchenschiff" nach Innsbruck befördert werden; hier
trafen sie am 6. Oktober ein.

Am 17. Jänner 1567 hielt Erzherzog Ferdinand seinen Einzug in der Residenzstadt Innsbruck, wobei die Hofkapelle
seinen Zug von der Innbrücke
zur Stadtpfarrkirche von St. Jakob mit Darbietungen umrahmte.
Die Hofkapelle gliederte sich
in zwei Gruppen: in die eigentliche Hofkapelle, die Kantorei, die aus dem Hofkapellmeister Wilhelm Bruneau (1564
bis 1584), dem Hoforganisten,
sechs bis acht Kapellknaben sowie je vier bis sechs Altisten, Tenören und Bassisten bestand;
weiters in die Hofmusik, die Instrumentalisten, der neben dem
Obristmusikus Orpheo de Cornay ( 1564—1568) zehn bis dreizehn Musiker angehörten. Die
gesamte Hofkapelle zählte also
32 bis 43 Mitglieder; während
die Kantorei dem Obristhofmeister unterstellt war, unterstand die Hofmusik dem Obriststallmeister. Die monatlichen
Bezüge — diese betrugen für einen Sänger zwölf und für einen
Musiker fünfzehn Gulden —
wurden vom Hofpfennigmeister ausbezahlt; für das Jahr
1567 betrug der Aufwand für
die Hofkapelle 7220 Gulden.
Chor und Orchester sollten „als
wie zusammen ain Corpus" musizieren. Die dafür nötigen Proben waren daher ein wesentli-

cher Punkt in der bereits in Prag
am 16. November 1565 erlassenen „Instruction und Ordnung
auf die Capein und Instrumentisten", in welcher es heißt:
„Dann jederzeits alle Capelsinger und Instrumentisten wöchentlichen am Mittwochen
und Freitag zusammen erfordern, inen alsdann den Gesank,
so etwa auf die nachvolgenden
Festen pro choro und solemniter (beim Gottesdienst feierlich) oder in collatione submissa
voce (bei der Tafel leise) und
dennocht mit der völlig Musica
und Instrumenten gesungen
werden müeßen, fürlegen."
Wie reich das Instrumentarium
der Hofmusik war, zeigt ein Inventar von 1596, welches unter
anderem folgende Instrumente
enthält: „Claine Geige", Viola,
Baßgeige, Flöte, Fagott, Trompete, Posaune, Horn, Pauke
und Trommel. — Auch berühmte Solisten wirkten am Innsbrucker Hof: 1579 trat hier der
römische Violinvirtuose Pierino
Colici auf; einmal meldete der
Geschäftsträger aus Rom von
einer Sängerin und pries ihre
Gesangskunst („passaggi bellissimi"). Besonderes Lob spendete man Michael de Buissons
aus Flandern wegen seines lieblichen Gesanges. Ebenso Orlando di Lasso, Hofkapellmeister in München, der auf seinen

Italienreisen öfters nach Innsbruck kam und Ferdinand die
bestellten Kompositionen übergab.
Die Aufführungen in der Hofkirche hatte der Hofkapellmeister mit dem Hofkaplan zu „bereden, damit zwischen den Priestern und der Capelln kain Ungleichheit fürfalle". Die Aufführungen in der Hofburg fanden im Prunksaal, „dem gulden
Sal", statt, den der Hofbaumeister Giovanni Lucchese 1565
„so zugericht, wie es in Italia gebreuchig, mit allerlei schönen
Pikturen und Gemälden". Vor
allem aber musizierte die Hofkapelle in der Sommerresidenz
Ferdinands, auf Schloß Ambras, „der Wonne des Fürsten",
wie man es bezeichnete, welches er 1564 seiner schönen
Frau Philippine geschenkt hatte; hier bot der „Spanische
Saal" einen würdigen Rahmen
für die Musik der Hofkapelle.

VOR HUNDER
JAHREN

16. Oktober: In der Gemeinderats-Sitzung teilt Bürgermeister
Falk mit, daß der Magistrat aufgrund eines Beschlusses der
Schulsektion dem Herrn Pfarrer von St. Nikolaus nahegelegt
habe, für die dortigen Schulkinder — Knaben und Mädchen
gemeinsam — einen eigenen
Sonntags-Schulgottesdienst abzuhalten. Anlaß dafür ist der
mangelnde Platz in den Kirchenbänken beim Hauptgottesdienst, sodaß „die Kleinen, die
oft mangelhaft gekleidet sind,
im Winter 5 bis 6 Viertelstunden auf dem kalten Kirchenboden stehen müssen und dadurch
an der Gesundheit Schaden leiden."
24. Oktober: „Die Musikalienhandlung Johann Groß wurde
gestern durch den Besuch des
großen Meisters Franz Liszt
beehrt."
28. Oktober: Um 16 Uhr findet
eine außerordentliche Gemeinderatssitzung statt. Gegenstand
der Verhandlung ist der Antrag
eines ungenannt sein wollenden
hochherzigen Menschenfreundes, auf seine Kosten ein Waisenhaus in Innsbruck zu errichten. (Anm. : Es handelt sich hiebei um den Antrag des großen
Wohltäters und späteren EhDer Spanische Saal. Innenansicht auf einer alten Photographie.
renbürgers der Stadt Innsbruck,
(Original: Stadtarchiv, Repro: Murauer)Freiherrn Hans von Sieberer.) J.