Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1938

/ Nr.3

- S.17

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Amtsblatt N r . 3.

Kann öie Htaötgemeinöe weiterhin öie Gehsteigreinigung unö -Vestreuung übernehmen?
I m Jänner des vorigen Jahres bemängelte die Bundespolizeidirektion Innsbruck anläßlich der damals häufigen
Schneefälle die Reinigung der „Trottoirs und Gehwege" in
Innsbruck. Sie führte aus, daß, wenn die Sicherheitsorgane
mit Anzeigen gegen Eigentümer, Verwalter und Vesorger
eines Hauses vorgingen, meist darauf verwiesen würbe, daß
die Reinigungsverpflichtung der Stadtgemeinde Innsbruck
obliegt, da an diese eine entsprechende Reinigungsgebühr bezahlt worden sei, wodurch der ursprünglich Verpflichtete der
Reinigungspflicht enthoben erscheint. Andererseits obliege es
der Sicherheitsbehörde, bei Stürzen von Personen, die sich
infolge einer Unterlassung, bzw. der mangelhaften Reinigung
ereignen, insbesondere insoweit sich hiebei Verletzungen ergeben, die Anzeige an das Strafgericht wegen Gefährdung,
bzw. Verletzung der körperlichen Sicherheit zu erstatten. Bei
den "dermaligen Verhältnissen laufe demnach der Stadtmagistrat, richtiger der Magistratsbeamte, dem die Überwachung
und Veranlassung der Reinigung obliegt, besondere Gefahr,
in eine Reihe strafgerichtlicher Prozesse verwickelt zu werden. Nach ihrem Dafürhalten erscheine daher die Ablöse der
Verpflichtung der Gehsteigreinigung und Übernahme dieser
Verpflichtung seitens des Magistrates sehr bedenklich und
auch im Interesse einer einheitlichen, raschen Durchführung
der Reinigung höchst unzweckmäßig.
I m Gemeinderate waren die Meinungen geteilt. Die einen
hielten es bei der Haltung der Vundespolizeidirektion für
wenig angezeigt, die Verpflichtung zur Gehsteigreinigung und
-bestreuung weiterhin zu übernehmen, da eine Erfüllung der
Verpflichtung durch die Stadtgemeinde im Sinne des Verlangens der Bundespolizei, insbesondere des Verlangens, die
Reinigung und Vestreuung im Bedarfsfälle im g a n z e n
Stadtgebiete m i t e i n e m S c h l a g durchzuführen, nicht
möglich ist. Es wäre daher nicht ausgeschlossen, daß die Straßenmeister, in weiterer Folge die zuständigen Beamten des
Bauamtes, vielleicht auch der Bürgermeister als verantwortlicher Vertreter der Stadtgemeinde strafgerichtlich zur Verantwortung gezogen werden könnten. Siestütztenihre Ansicht
mit dem Hinweis auf die Haltung anderer Städte; Graz,
Linz, Salzburg und Wien zum Beispiel überlassen die Gehsteigreinigung und die Sandbestreuung den Hausbesitzern.
Der andere Teil nahm die von der Bundespolizeidirektion
vor Augen geführten Folgen nicht sonderlich ernst und legte
sein Hauptaugenmerk auf den Entgang der von den Hauseigentümern für die Reinigung zu zahlende PauschalgebüHr.
Nach eingehender wiederholter Beratung stellte der Gemeinderat an den Gemeindetag entgegen der Einladung der
Bundespolizeidirektion den Antrag, die Schneereinigung
und Sandbestreuung der Gehwege auch weiterhin für die

Veinchet das

Hausbesitzer durch das Stadtbauamt durchführen zu lassen.
Dieser Antrag wurde vom Gemeindetag angenommen.
Das Vlluamt war in diesem Winter ganz besonders bemüht,
den übernommenen Verpflichtungen gerecht zu werden. Trotzdem kam es zu verschiedenen Unfällen und dreimal zu Anzeigen der Bundespolizeidirektion gegen Straßenmeister des
Stadtbauamtes an die Staatsanwaltschaft und auf Grund
dieser Anzeigen zu drei Anklagen nach § 431 St. G. wegen
Handlungen und Unterlassungen gegen die körperliche Sicherheit. I n allen Fällen konnte durch Zeugen und durch Gutachten des Institutes für kosmische Physik in Innsbruck erwiesen werden, daß die Etraßenmeister alles getan hatten,
was zu ihren Obliegenheiten gehört und daß die Unfälle nicht
durch irgend eine Unterlassung seitens der Angeklagten verschuldet wurden. I n allen drei Fällen erfolgte Freispruch.
Auf die Dauer aber scheint es unerträglich, daß die mit den
Aufgaben der Straßenpflege betrauten Bediensteten jedesmal, wenn sich ein Fußgänger auf vereistem Gehsteige, sei es
wegen eines unglücklichen Zufalles oder auch infolge feiner
eigenen Unachtsamkeit, verletzt, Gefahr laufen, in strafgerichtllche Untersuchung gezogen zu werden Und das Strafverfahren mit allen feinen Einvernahmen und Verhandlungen
mitmachen zu müssen und daß die Stadtgemeinde gezwungen
ist, den allenfalls angeklagten städtischen Bediensteten einen
Rechtsvertreter beizustellen und durch Aufbietung aller möglichen Zeugen und Sachverständigen jedesmal die Tchuldlosigkeit ihrer Bediensteten nachzuweisen.