Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1984

/ Nr.12

- S.9

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ausgeliefert. Doch: wie lange
wird die Gesellschaft noch dazu bereit sein, im Namen der
Wissenschaft große materielle
Leistungen zu erbringen, ohne
Rektor Prof. Dr. Rothleitner zur kulturellen Bedeutung der Universität
einen geistigen Gegenwert zu
Wir veröffentlichen nachste- gebremst durch das Leben treibt schaft hat berechtigte Wurzeln: erhalten?...
hend, etwas gekürzt, die Aus- und uns die Träume raubt?
Zu Recht wird der von den Der heutige Mensch ist gesätführungen, mit denen Rektor Viele Dichter und Künstler ma- Verwaltern der Wissenschaft tigt, der Durst nach Erkenntnis
Univ.-Prof. Dr. Rothleitner die len ein negatives Bild von der mit aller Kraft am Leben ge- wird deshalb stärker. Der physiVeranstaltungsreihe der Uni- Wissenschaft: sie zerstöre das haltene Mythos von Fortschritt sche Hunger ist eng begrenzt,
versitäten Freiburg und Inns- Haus, das dem Menschen Hei- allein durch die etablierte Wis- der geistige ist unstillbar. Die
bruck unter dem Titel „Univer- mat gibt, und mache den Garten senschaft in kritischem Unbe- sinnlich erfaßbare Welt genügt
sitäten im Dialog" eingeleitet unwirtlich, in dem einst Lilien, hagen in Frage gestellt.
vielen nicht mehr; wer glücklich
hat.
Seerosen und Mohnblumen uns Wir müssen uns ernstlich fra- sein will, der muß den Geist zu
„Es scheint, daß der Zustand erfreuten. Die Wurzeln des Le- gen, ob die Wissenschaft die Hilfe rufen, muß Träume erdes Menschen unserer Zeit bensbaumes mache sie verdor- Aufgabe der Aufklärung über- dichten und einfangen, muß
durch eine höhere Bereitschaft, ren, aus denen — den Träumen haupt noch leistet. Nach Kant sich auf die Suche begeben nach
ein tiefgreifendes Ahnungsver- — uns die Lebenskraft stieg. Die ist »Aufklärung der Austritt des dem Abenteuer der Erkenntnis.
mögen gekennzeichnet ist; eine Einsicht in den Feinbau der ma- Menschen aus der selbst ver- Öffnung der Universität ist das
höhere Qualität des Mensch- teriellen Welt nehme zwar zu, schuldeten Unmündigkeit". Die Gebot der Stunde; dieses
seins wird ersehnt und gesucht. doch lenke dies eher ab von etablierte Wissenschaft bewirkt Schlagwort, das heute in aller
Was bisher als höchste Stufe der Wichtigerem. Die Universität das Gegenteil: immer mehr Munde ist, bedeutet uns viel
Evolution erreicht wurde, ge- hat diese Befürchtungen sehr Menschen geraten in geistige mehr als nur große Studentennügt uns nicht mehr. Daher ernst zu nehmen. Sie wird den Hilflosigkeit; erhalten den Ein- zahlen. Öffnung der Universikommen
die
krisenhaften Nachweis zu erbringen haben, druck, daß die Wissenschaft zu tät heißt für uns: Erschließung
Symptome, deren bezeichnend- daß Wissenschaft, zu deren komplex geworden sei, um sie der Wissenschaft; heißt dem
stes wohl der sogenannte Sinn- Pflege sie berufen ist, ein ge- durchschauen zu können; gera- sehnsüchtigen Drängen der
verlust ist. Ein Stilwandel inner- eignetes Fahrzeug ist, um das ten in ständig zunehmendem Massen nach Bildung, nach eihalb der Kultur kündigt sich an, Ziel einer höheren Qualität Maße in Unmündigkeit und ner neuartigen Qualität des
fühlen sich den Spezialisten Lebens gerecht zu werden..."
die Morgenröte einer neuen des Lebens zu erreichen...
schöpferischen Phase dämmert Es genügt nicht, auf diese Frage
durch Hinweise auf die unzureiherauf.
Dem geistigen und dem musi- chenden Alternativen, die heuschen Menschen stellt sich im- te überall sprießenden Ersatzmer stärker die Frage, was die religionen, eine nur negative Ausstellung im Stadtarchiv: Innsbruck 1919—1932
Wissenschaft, was die Univer- Antwort zu geben. Auch wenn
sität in dieser Hinsicht gewäh- es nachweisbar ist, daß sie soge- (Gr) Als ersten Teil einer zeit- Uhr bei freiem Eintritt besucht
ren kann. Kann die Wissen- nannte Alternativkultur nicht geschichtlichen Dokumenta- werden kann.
schaft wirklich zu einer neuar- zu humaneren Formen des tionsreihe bietet das Stadtarchiv Die Schaustücke der von A r Zusammenle- die Ausstellung „Materialien chivdirektor SR Dr. Hye zutigen Qualität des Lebens hin- menschlichen
führen? Oder ist sie vielleicht bens führt, sondern eher zum zur Innsbrucker Zeitgeschich- sammengestellten Ausstellung
eher ein Treibstoff, der uns un- Gegenteil, genügt es nicht, die- te I: 1919 bis 1932" an, die am illustrieren die Situation am Ensen Nachweis zu erbringen und 16. November eröffnet wurde de des Ersten Weltkrieges, fühdie Ersatzreligionen als f o r - und bis 29. März von Montag ren über die wirtschaftliche und
men niederer Magie" oder als bis Donnerstag von 8—12 Uhr politische Ohnmacht der Repu,Affenreligionen" zu entlarven. und 14 — 18 Uhr (Montag bis blik Österreich, die VolksbefraDie Skepsis gegen die Wissen- 19 Uhr) und Freitag von 8 — 13 gung des Jahres 1921, die AufUNIVERSITÄTSSTADT INNSBRUCK

Bringt Wissenschaft Lebensqualität?

Dokumente zur Zeitgeschichte

Eindringliche Mahnung an uns
Gedenken an den Medizinstudenten Ch. Probst

In das Ehrenmal vor der Universität wurde, einem Entwurf
von Prof. Arch. Lackner entsprechend, die Gedenktafel für
Christoph Probst eingefügt.
(Foto: Birbaumer)

(Gr) Mit der Enthüllung einer
Gedenktafel, die Höhepunkt
einer Gedenkwoche der Hochschülerschaft und der Universitätspfarre St. Clemens war und
an der für die Stadtgemeinde
Stadtrat Dr. Steidl, die Gemeinderäte Weiskopf, Dr. Flach und
Dr. Csonka sowie Magistratsdirektor OSR Dr. Wammes teilnahmen, ehrte die Universität
das Andenken des als Mitglied
der Widerstandsgruppe „Weiße
Rose" am 22. Februar 1943 in

München hingerichteten Christoph Probst, der im Wintersemester 1942/43 Medizinstudent an der Universität Innsbruck war. In der Begrüßung
des Rektors Univ.-Prof. Dr.
Rothleitner wie in den Gedenkworten des Hochschülerschaftsvorsitzenden Winfried Ender
und von Univ.-Prof. Dr. Horak
wurde der Einsatz Probsts für
Humanität, Freiheit und Demokratie gewürdigt, der uns
auch heute verpflichte.

stellung und Tätigkeit bewaffneter politischer Wehrverbände
in Tirol und die parteipolitischen Strukturen dieser Zeit,
aber auch zu den beachtlichen
Leistungen, die von der Stadtführung trotzdem erbracht wurden, wie beispielsweise der
Wohn-, Schul- und Kindergartenbau der Stadt, das städt.
Dampfbad, die Nordkettenund Patscherkofeibahn, die drei
Brücken über den Inn, der Flughafen in der Reichenau, der
Neubau des Hauptbahnhofes
oder die Errichtung des Milchhofes. Ein gutes Angebot also,
um sich auch die jüngere Geschichte Innsbrucks in Erinnerung zu rufen.

Innsbrucker Stadtnachrichten — Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt. Jahrgang 1984, Nr. 12

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