Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1984

/ Nr.11

- S.16

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Die italienische Besatzung 1918 -1920
Nachdem der Krieg für die
österreichisch-ungarische Monarchie verloren war, wurde
am 3. November 1918 zwischen
Österreich-Ungarn und den A l liierten Mächten der Waffen-

Kundmachung des italienischen
Armeekommandanten Cattaneo, datiert vom 19. November
1918 in Brixen, wurde am 24.
November in den „Neuen Tiroler Stimmen" folgendes verlautbart: „Gemäß Artikel 4 der
Waffenstillstandsbedingungen
Von Josefine Justic
zwischen den Alliierten und
stillstand von Villa Giusti bei Österreich-Ungarn hat das italienische Oberste HeereskomPadua geschlossen.
Im Artikel 4 dieses Abkom- mando die Besetzung einiger
mens hieß es wörtlich: „Die strategischer Punkte im Inntale,
Verbündeten werden das abso- darunter die Stadt Innsbruck
lute Recht haben: a) einer freien mit Umgebung, angeordnet. Mit
Bewegung für ihre Truppen auf der Durchführung der Besetjeder Straße oder Eisenbahn zung ist der Divisionskommanoder auf jedem Wasserweg des dant General Rossi cav. Anniösterr.-ungarischen Gebietes bale mit den ihm unterstellten
und des Gebrauches der nöti- Truppen betraut. Derselbe ist
gen österreichisch-ungarischen beauftragt, die weiteren ModaTransportmittel; b) mit den ver- litäten der Besetzung zu bestimbündeten Kräften alle jene stra- men und nötigenfalls die zur
tegischen Punkte in Österreich- Erhaltung der öffentlichen
Ungarn für die den Alliierten Ordnung erforderlichen Maßnötig scheinende Zeit zu beset- nahmen zu treffen. Die Stadtbezen, zu dem Zwecke, dort zu völkerung wird im eigenen Inwohnen oder die Ordnung auf- teresse aufgefordert, Ruhe zu
rechtzuerhalten; c) zu Requisi- bewahren und ruhig ihren Getionen gegen Bezahlung zugun- schäften nachzugehen. Die Losten der verbündeten Heere, wo kalbehörden werden bei der
Unterbringung der italieniimmer sie sich befinden."
Auf der Grundlage dieses A b - schen Truppen in Innsbruck bekommens wurden Innsbruck hilflich sein. D a die Besetzung
und in der Folge auch andere von Innsbruck durch die TrupStädte Tirols von italienischen pen des italienischen Heeres eiTruppen besetzt. Mit einer nen vorübergehenden Charak-

ter trägt, werden dementsprechend die Beziehungen zu der
Bevölkerung und den Lokalbehörden derart ausgestaltet, daß
die ungestörte Ruhe in der Stadt
bewahrt und deren friedliche
Neuregelung nicht gehemmt
wird."
Bereits am 20. November rief
der Innsbrucker Bürgermeister
Wilhelm Greil die Bevölkerung
auf, Ruhe zu bewahren und sich
aller feindlichen Kundgebungen zu enthalten, da gegen diese
Besetzung jeder Einspruch vergebens wäre.
Die italienischen Truppen näherten sich am 22. November
der Landeshauptstadt. Sie kamen sowohl zu Fuß, mit Autos
oder Fahrrädern als auch mit
Panzerwägen über die Brennerstraße und die Mittelgebirgsdörfer in das Inntal und langten
am darauffolgenden Tag in der
Stadt ein. Die Kommandanten
der Truppen waren im Hotel
Tirol bzw. im Arlberger Hof
(= Salurner Straße 1) untergebracht, die Soldaten nahmen ihr
Quartier in Kasernen und öffentlichen Gebäuden, wie z. B.
dem „Pädagogium" in der Fallmerayerstraße oder der Neuen
Universität, in der damals noch
kein studentischer Betrieb aufgenommen war. Es mußte zeit-

weise doch für 20.000 bis
22.000 Mann Unterkunft geschaffen werden.
Die Atmosphäre zwischen den
Besatzern und der Innsbrucker
Bevölkerung war keine sehr gespannte. Von großem Vorteil
war, daß sich die Italiener in der
damals doch in allem kargen
Zeit selbst versorgten und so die
Einheimischen nicht gezwungen waren, auch sie noch zu verköstigen. Im Gegenteil, die italienischen Stellen beschenkten
im Dezember 1918 Minderbemittelte, Kriegsflüchtlinge, Kinder und Waisen mit Rationen
von Reis, Zucker und Schokolade und spendierten den Innsbruckern im Dezember 1919
zehn Waggons Reis und eine
halbe Millionen Kronen.
Die Aufgaben der Okkupanten
nördlich des Brenners waren
hauptsächlich folgende: die
Rückreise italienischer Kriegsgefangener in die Wege zu leiten
und deren Durchführung zu
überwachen; die Kriegsgräber
ihrer gefallenen und verstorbenen Kameraden zu betreuen —
in diesem Zusammenhang legten sie im Jahre 1920 den italienischen Militärfriedhof in A m ras an und enthüllten dort einen
Gedenkstein; überdies regelten
sie die Einreise von Nordtirolern in den nun abgetrennten
Landesteil südlich des Brenners. Ansonsten wußten sich
die Soldaten auch auf angenehme Weise die Zeit zu vertreiben:
Es gab sportliche Wettkämpfe
auf den Feldern unterhalb von
Mentlberg und Aufführungen
des „Teatro del soldato" in der
Ausstellungshalle (= heute
Messehalle) im Saggen.
Die italienischen Besatzungstruppen verließen im Jahre
1920 unsere Stadt, die letzten
am 11. Dezember — das Friedensdiktat von St. Germain war
am 10. September 1919 unterzeichnet worden.

VOR HUNDERT
JAHREN

Eine Einheit der italienischen Besatzung am Bozner Platz.

(Foto: Sammlung W. Kreutz)

22. November: Der Vorstand
der Sektion Innsbruck des A l penvereins erstattet Bericht
über die alpinen Arbeiten und
Leistungen der Sektion im
Raum Innsbruck: Die Wege am
Hafelekar wurden beschriftet,
und
beim Titschenbrunnen
wurde eine Ruhebank aufgestellt.