Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1984

/ Nr.6

- S.22

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In der im Stadtarchiv laufenden
Ausstellung über „Innsbruck
und die Erhebung Tirols i m Jahre 1809" ist u. a. auch ein Votivbild zu sehen, das eine Episode
aus dem Jahr des Freiheitskampfes vor dem Ansitz Mentlberg
zeigt: Der damalige Pächter des
Von Josefine Justic
Gutes, Severin Leiss, wird von
bayerischen Soldaten lebensbedrohend angegriffen. E r konnte
jedoch diese Situation überleben
und stiftete gemäß eines in dieser
Todesangst geleisteten Gelübdes
(„ex voto") als Dank f ü r seine Errettung das erwähnte Bild in die
Gnadenkapelle von Mentlberg.
Angeregt durch diese zeitgenössische Darstellung, befassen sich
die folgenden Zeilen mit der
recht wechselvollen Geschichte
des Ansitzes Mentlberg i m Westen unserer Stadt.
Schriftliche Quellen über dieses
Gebiet, das ursprünglich „Gallwiese" benannt war, reichen weit
ins Mittelalter zurück und besagen, d a ß es Eigentum des K l o sters Wilten war. Im Jahre 1428

bereits wurde der auf der G a l l - von Pernegg, dem es 1534 gewiese befindliche Maierhof mit lang, auch den bis dahin noch
fast allen seinen Gütern vom Abt immer dem Kloster Wilten gehöan A n d r ä Tröstl zur Erbpacht renden Wohnturm zu erwerben.
verliehen. Ausgenommen hie- Ferdinand von Khuepach, desvon war nur das „Türnl", ein sen Familie durch Heirat in den
kleiner Wohnturm mit Kapelle, Besitz von Mentlberg kam, ließ
welchen sich der Abt als Som- sowohl den Ansitz wiederhermerwohnsitz vorbehielt. Drei stellen als auch anstelle des
Generationen blieb das Anwesen schon verfallenen „Türnls" eine
im erblichen Besitz dieser Fami- Kapelle errichten. Barbara von
lie, bis es i m Jahre 1485 von Hein- Khuepach schließlich veräußerte
rich Mentelberger, der ein Jahr 1661 den gesamten Besitz wieder
zuvor Bürgermeister von Inns- an das Kloster Wilten, in dessen
bruck war und einer wohlhaben- Eigentum es bis zum Jahre 1807
den und angesehenen Familie verblieb. In diesem Zeitraum,
entstammte, käuflich erworben nämlich 1769/70, wurde die
wurde. Dieser erbaute dann auch Mentlberger Schloßkapelle in ihmit kaiserlicher Erlaubnis aus rer heutigen Gestalt erbaut und
dem Maierhof einen Ansitz und mit Fresken von M a t t h ä u s Günerwirkte 1497 vom späteren K a i - ther ausgeschmückt. Auch das
ser Maximilian I. f ü r sich und spätgotische Gnadenbild der
Muttergottes,
seine Nachkommen die Erhe- Schmerzhaften
bung desselben zum Adelssitz das von Christoph von Khuepach schon in die alte Kapelle gemit Namen „Mentelberg".
1507. verstarb Heinrich Mentel- stiftet worden war, fand wieder
berger — seine Grabplatte befin- Aufstellung.
det sich heute i m Kreuzgang des Im Jahre 1811 — also i n der Zeit,
Klosters Wilten —, und der A n - als das Stift Wilten von der bayesitz ging an seine beiden Söhne rischen Herrschaft aufgehoben
über. Im Jahr 1529 verkaufte war — wurde der Ansitz MentlChristoph Mentelberger das Gut berg an den schon erwähnten
an seinen Schwager Hans Zott Pächter Severin Leiss verkauft.

Das Anwesen u m f a ß t e damals
eine Gastwirtschaft mit Stallungen und Stadel sowie die Kapelle.
Nach dem Tod von Severin Leiss
folgte 1839 eine gerichtliche Versteigerung Mentlbergs, und in
den folgenden Jahren wechselten die Besitzer recht häufig, bis
die Liegenschaft 1890 von Ferdinand von Bourbon d"Orléans,
Herzog von Alencon, gekauft
wurde. E r war es dann auch, der
dem Edelsitz sein heutiges Aussehen verlieh, indem er 1905 einen französischen Architekten
beauftragte, Mentlberg im Stile
der Loireschlösser umzubauen.
Nach Ferdinands Tod 1910 folgte
dessen Erbe, der Herzog von
Vendome, der nun — abgesehen
von der Zeit des Ersten Weltkrieges — hier wohnte, bis er das
Schloß 1926 an einen Industriellen verkaufte. Im Jahre 1928 erwarb es dann das Land Tirol und
baute die adelige Behausung in
ein Jugendheim um. A l s solches
beherbergt es seither — mit Ausnahme der Kriegs- und Nachkriegsjahre bis 1950 — Schüler
und Lehrlinge aus ganz Tirol.

VOR H U N D E R T
JAHREN
19. Juni: Unter der Leitung ihres
Oberkommandanten Viktor Baron G r a f f hält die Freiwillige
Feuerwehr Innsbruck die Frühj a h r s h a u p t ü b u n g ab. „Brandobjekte" waren die neuen großen
Häuser am Margarethenplatz
(= Bozner Platz). „Die Spritzen
waren in der N ä h e des Sillkanals
und längs der von demselben
abzweigenden Ritsche postiert,
während die Dampfspritze an
der E i n m ü n d u n g der Meinhardts- in die Rudolfstraße (=
Brixner Straße) sich aufgestellt
hatte."
11. Juli: Im Landesmuseum
werden die zwei großen 1809-Bilder von Franz von Defregger gezeigt: „Die Waffenschmiede"
und „Die heimkehrenden Sieger".

Das von Severin Leiss in die Mentlberg-Kapelle gestiftete „Ex-voto"-Bild
stellung des Ansitzes und der Kapelle. Original in der Schloßkapelle.

aus dem Jahre 1809 mit Dar(Repro: M. Hye)

12. Juli: Über die Bautätigkeit in
Innsbruck i m Somme 1884 weiß
der Bote zu berichten: „. . . sie
concentriert sich hauptsächlich
auf das Justizgebäude, die A r beiten am Bahnhofe, das A d m i nistrationsgebäude der k. k.
Staatsbahn und ganz besonders
das Lagerhaus, wo es von Arbeitern wie in einem Ameisenhaufen wimmelt."
J.