Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1981

/ Nr.8

- S.15

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er Bau der Hungerburgbahn 190

Nach der Eröffnung der Mittelgebirgsbahn nach Igls (1900)
und der Stubaitalbahn (1904)
war es naheliegend, auch an die
Erschließung der nördlichen
Mittelgebirgsterrasse, der Hungerburg, zu denken. Der ursprüngliche Name für das Gebiet der Hunger bürg lautete,
wie Franz-Heinz Hye nachgewiesen hat, „Auf Grauenstain"
Von Mag. Herbert Woditschka

und findet sich erstmals in einem Spruchbrief Herzog Sigmunds des Münzreichen von
1454. Der Spitzname „Hungerburg" verdankt seine Entstehung dem eher dürftigen Angebot der Jausenstation, die in
dem 1842 von Joseph Andreas
Attlmayr errichteten Sommerhaus „Neuhof Mariabrunn" zu
einem Imbiß einlud. Im Jahre
1903 kaufte Sebastian Kandier
das Sommerhaus, baute es in
ein modernes „Hotel Mariabrunn" um und setzte sich fortan für den Bau einer Bahn auf
die Hungerburg ein. Die Innsbrucker Nachrichten schreiben:
„Der Zivilingenieur und Inspektor der k. k. Staatsbahnen
Rafael Ritter von Meinong
(1849—1936) hielt am 1. Mai
1904 im technischen Klub einen
Vortrag über die von ihm pro-

jektierte Drahtseilbahn auf das
Hungerburgplateau. Er begründete die Wahl der von ihm vorgeschlagenen Bahntrasse, insbesondere den Wert der Wahl
des Aufstiegspunktes am rechten Innufer nächst der Kettenbrücke, welcher unmittelbar an
den Stadtbahnlinien liegt." Am
9. Juli 1904 lesen wir: „Warum
lassen wir die Leute an Innsbruck vorüber in die Schweiz
und in südliche Kurorte ziehn?
Der Zeitpunkt ist da, wo es gilt,
einen von der Natur gespendeten Besitz anzutreten. Innsbruck, wache auf und hebe den
Schatz!" Nachdem zu Beginn
1906 Prof. Dr. Josef Blaas
noch eine geologische Untersuchung angestellt hatte, konnte
das Bauunternehmen Ing. Josef
Riehl (1842—1917) im Auftrag
Kandlers von Februar bis September 1906 den Bau der Hungerburgbahn durchführen. Diese wurde am 1. Jänner 1907 für
660.000 Kronen an die Lokalbahn Innsbruck-Hall in Tirol
verkauft.
Abgesehen von der Mendelbahn (1903) war die Hungerburgbahn die älteste Standseilbahn Tirols. Auf einer Länge
von 824 m wird ein Höhenunterschied von 287,7 m überwunden. Die Steigung schwankt
zwischen 18,5 und 55,5 Prozent. Die Bahn gehörte dem

Typ der neuartigen Schweizer
Drahtseilbahnen an, die eingleisig, meterspurig und für Zweiwagen-Pendelbetrieb mit selbsttätiger Ausweiche eingerichtet
waren. 73 Prozent der Strecke
liegen in der Geraden, 27 Prozent bestehen aus 2 Krümmungen mit 300 m bzw. mit 400 m
Radius. Der Unterbau umfaßt
zwei größere Objekte: einen
Viadukt aus Stampfbeton mit
160 m Länge und 13 m Höhe
und eine eiserne Gerüstbrücke
mit 158 m Länge und 36 m Höhe, deren Gewicht von 173
Tonnen von einem Standpfeiler
und 3 Pendeljochen getragen
wird. Die elektrischen Einrichtungen stammten von AEG
„Union" in Wien, die Wagen
und die Keilkopfschienen von
den Rollschen Eisenwerken in
Bern und das Drahtseil von der
St. Egydyer Eisen- und Stahlindustrie-Gesellschaft in Wien.
Das ca. 1000 m lange Litzenseil
mit 30 mm Durchmesser besaß
6 Litzen, die um ein Hanfseil
geflochten waren. Jede Litze
enthielt eine Drahtseele, 10 äußere und 6 innere Drähte. Ein
Seilriß erfolgte erst bei 63 200
Kilogramm, was einer elfeinhalbfachen Sicherheit entsprach. Für Sicherheit sorgten
auch neben einer Handbremse
noch 2 selbsttätige Zangenbremsen, die bei Schlaffwerden

des Zugseiles den Wagen innerhalb 0,8 m zum Stillstand
brachten. Jeder Wagen war
8,95 m lang und 2,36 m breit,
wog 6,98 Tonnen und bot 60
Personen Platz. Der Antrieb erfolgte über ein Windwerk, dessen 3,6 m große Seil- und Gegenscheibe von einem 80-PSGleichstrommotor angetrieben
wurden.
Seit der Eröffnung am 12. September 1906 verkehrte die Hungerburgbahn täglich von 7 bis
22 Uhr viertelstündig und beförderte im Jahre 1907 bereits
155 197 Personen und 289 Tonnen Güter. Viele liebten es
auch, noch einen nächtlichen
Blick ins Tal zu werfen. Der
Führer
,, Innsbruck-Hungerburgbahn" (1914) schreibt:
„Wenn des Abends rings im
Umkreise die Lichter aufflammen, die Straßen Innsbrucks
festartig erleuchtet erscheinen
und hoch droben die Sterne
funkeln, gewährt dieses Bild einen Anblick, den niemand
mehr vergißt, der ihn einmal geschaut hat!"

VOR HUNDERT
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16. August: „Den herzlichsten
Dank für die Errettung unserer
lieben Kinder aus dem Sillkanal
dem Herrn Poller, Sattlermeister aus Meran, ebenso seinen
Herren Reise-Collegen, welche
ihn beim Rettungswerke unterstützten. — Wir danken ferner
auch für die schnelle ärztliche
erfolgreiche Hilfe den Herren
Doktoren Gillhuber und Klotz.
Wüten, 15. August 1881. Josef
& Monika Flunger."
17. August: Der Wiener Männer-Gesangsverein in Innsbruck. Am Samstag, den 13.
August, brachte der Morgenpostzug mit beinahe VA Stunden durch die dem Vereine auf
der Strecke dargebrachten Ovationen verursachter Verspätung
125 Mitglieder des Wiener
Männer-Gesangsvereines, denen sich die Gesangsvereine von
Kufstein und Schwaz mit Fahne
angeschlossen hatten. Als der
Zug, dem noch eine Lokomotive bis Hall zur Beschleunigung
der Fahrt entgegen geschickt
worden war, in die hübsch dekorierte Bahnhofshalle einfuhr,
wurde derselbe von den Klängen der Wiltener Musikkapelle
begrüßt.
W.
Ursprünglicher Wagenpark der Hungerburgbahn von 1906. (Orig.: Stadtarchiv — Repro: Murauer)