Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1981

/ Nr.4

- S.3

Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Heft

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 1981_Innsbrucker_Stadtnachrichten_04
Ausgaben dieses Jahres – 1981
Jahresauswahl aller Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
UNIVERSITÄTSSTADT INNSBRUCK

Gemeinsame Forschung in Georgien
Botanische Institute untersuchen Auswirkung intensiver Schafbeweidung
Zwischen dem Institut für Botanik der Universität Innsbruck und
dem Botanischen Institut der Georgischen Akademie der Wissenschaften besteht seit mehreren Jahren eine enge wissenschaftliche
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Gebirgsökologie. Schwerpunkt dieser Forschungskooperation zwischen Österreich und der
UdSSR bildet die Untersuchung der ökologischen Auswirkungen
intensiver Schafbeweidung auf Gebirgsökosysteme.

Liebe Mitbürger!
Dieser Tage wurde der
Stadtführung ein Garagenprojekt zur Stellungnahme
vorgelegt, das als Standort
den Raum unter der MariaTheresien-Straße, die Garageneinfahrt am Marktgraben und die Ausfahrt am
Burggraben vorgesehen hat.
Das große Angebot an Autoabstellplätzen, die zentrale Lage und die Form der Finanzierung, die weitgehend
über die Interessenten erfolgt wäre, hatten fraglos
viel Verlockendes an sich,
und wer wüßte besser als die
Stadtführung, die schon seit
Jahren in dieser Hinsicht bemüht ist, wie dringend erforderlich Garagen im Bereich der Innenstadt sind.
Um so sorgfältiger wurde
seitens der Stadt das vorgelegte Projekt, das ein Ergebnis sehr erfreulicher und anerkennenswerter Initiative
aus der Bürgerschaft und im
besonderen der Wirtschaft
ist, überprüft.
Wenn trotzdem seitens der
Stadtführung Bedenken geltend gemacht werden mußten, die vor allem aus der
Verantwortung für die Einbindung in das Verkehrsgeschehen, für das Stadtbild,
aber auch für die Grenzen
der Belastbarkeit der durch
den Bau beeinträchtigten
Betriebe kamen, ist dies für
die Stadt zugleich und um so
mehr ein Anstoß und eine
Verpflichtung dazu, die anderen Garagenprojekte, insbesondere jenes für den Bereich des Rathauses, energisch voranzutreiben.

fa

Diese Frage ist sowohl für Georgien als auch für Österreich
von großer Bedeutung. In Georgien stellt nämlich die Schafhaltung schon seit jeher einen
wichtigen Wirtschaftsfaktor für
die Bevölkerung dar. Und in
Österreich wird immer wieder
die Frage diskutiert, ob nicht
durch eine verstärkte Schafhaltung ein Zuwachsen und Verwildern von Almflächen und
Bergmähdern, die von der alpinen Landwirtschaft aufgelassen
werden, vermieden werden
kann.
Durch die von österreichischen
und georgischen Wissenschaftern gemeinsam im Zentralkaukasus durchgeführten Untersuchungen soll außerdem ein
wichtiger Vergleich der im Westen und Osten unterschiedlichen Meßgeräte und Meßmethoden vorgenommen werden,
um so die zahlreichen, bereits
vorhandenen Erkenntnisse auf
dem Gebiet der Ökosystemforschung besser vergleichen und
in der Praxis anwenden zu können.
Diese Forschungskooperation
wurde durch Univ.-Prof. Dr.
Walter Larcher (Institut für Botanik der Universität Innsbruck) gemeinsam mit Prof.
Dr. Gia Nachuzrischwili (Botanisches Institut der Georgischen
Akademie der Wissenschaften)
anläßlich eines Symposiums
über Hochgebirgsökologie in
Georgien im Jahr 1977 initiiert.
In den Jahren 1979 und 1980
wurden unter der Leitung von
Univ.-Prof. Dr. Alexander Cernusca
gemeinsam
mit
Univ.-Ass. Mag. Dr. Christian
Körner und den Dissertanten
Marion C. Seeber, Pierre
Decker, Rainer Mayr und Gerhard Wieser (alle Institut für
Botanik der Universität Innsbruck) unter intensiver Mitwirkung von Prof. Nachuzrischwi-

li und seinen Mitarbeitern Ökosystemuntersuchungen auf unterschiedlich stark beweideten
Versuchsflächen im Zentralkaukasus durchgeführt. Die bis
jetzt vorliegenden wissenschaftlichen Ergebnisse werden derzeit in Form eines geschlossenen Sammelbandes durch die
Georgische Akademie der Wissenschaften
(in
Russisch,
Deutsch und Georgisch) publiziert.
Die Untersuchungsergebnisse
zeigen, daß es auf den Weideflächen im Zentralkaukasus
trotz sehr intensiver Schafbeweidung zu keiner schwerwiegenden Störung der Hochgebirgsökosysteme kommt, weil
sich die Pflanzen weitgehend
dem langjährigen Beweidungsdruck angepaßt haben. So
konnte z. B. durch detaillierte
ökophysiologische Messungen
festgestellt werden, daß zwar
die Vielfalt der Pflanzenarten
und insbesondere die Pflanzenbiomasse auf den Schafweiden
im Vergleich zu einer Mähwiese
wesentlich reduziert sind, daß

aber diese Reduktion durch höhere Photosyntheseleistung der
Weidenpflanzen
weitgehend
kompensiert wird. Auch zwischen dem Wasserhaushalt von
Schafweide und Mähwiese zeigen sich nur geringfügige Unterschiede.
Die Ergebnisse dieser Studie
sind natürlich nicht ohne weiteres auf die Alpen übertragbar.
Sie zeigen aber, daß es möglich
ist, das Landschaftspotential
im Hochgebirge durch Schafbeweidung zu nutzen, ohne daß
nachteilige Folgen für die Gebirgslandschaft entstehen. Allerdings setzt dies eine Weidepraxis voraus, die gewährleistet, daß es zu keiner punktuellen Überbeweidung kommt,
was nur bei dauernder Aufsicht
durch qualifizierte Hirten möglich ist. Im Kaukasus werden
die einzelnen Herden mit über
1000 Schafen von jeweils einem
Hirten mit einigen abgerichteten Hunden bewacht. Jeder
Hirte bleibt 10 Tage ununterbrochen bei seiner Herde und
wird dann abgelöst. Ohne entsprechende Bewachung würden
die Schafherden nicht nur den
Bergwald durch Verbiß gefährden, sondern auch zu einer ungleichmäßigen Belastung der
Almvegetation führen, letztlich
also nicht der Pflege und Erhaltung der Landschaft dienen.

Mit dem Leiter des gemeinsamen
Forschungsprojektes,
Univ.-Prof. Dr. Alexander Cernusca vom Botanischen Institut,
hatte das Innsbrucker Universitätsteam vor der mächtigen Kulisse
des Kasbegi in Zelten Quartier genommen und gemeinsam mit
Prof. Dr. Gia Nachuzrischwili vom Georgischen Institut der Akademie der Wissenschaften das Forschungsprogramm abgewickelt.

Innsbrucker Stadtnachrichten — Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt. Jahrgang 1981, Nr. 4

Seite 3