Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1937

/ Nr.9

- S.5

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Amtsblatt Nr. 9
dem Landesfürsten und der Regierung wesentlich genehmer als
wirtschaftlich oder gar politisch starke Zünfte. Ursprünglich bildete
jede Zunft eine eigene Bruderschaft und erst der Mitgliedermangel
einzelner Zünfte trieb zu einer Vereinigung mit anderen ähnlichen.
Eine Darstellung der Verhältnisse bei den Innsbrucker Zünften und
Bruderschaften gab Ag. Gaisböck in ihrer Arbeit „Zur Geschichte
der Zünfte in Tirol, vor allem in Innsbruck" in der „Tiroler Heimat", 1934/35.
Nachdem die Maler durch etwa 120 Jahre der St.-Varbara-Vruderschaft angehört hatten, scheinen sich irgendwelche Unstimmigkeiten ergeben zu haben, welche zu einer Trennung führten. Dies
geht einmal aus einer kurzen Bemerkung im Raitbuch der SanktBarbara-Vruderfchaft 1534—1668 hervor, worin es gelegentlich der
Abrechnung vom 21. Dezember 1630 heißt: „Mer als man wegen
der Bruederfchaft mit den Goldschmiden und Malern Handlung gepflogen, verzehrt 48 kr." Weiters begründen dann am 2. Juni 1633
„die kunstreichen Maister der löblichen freien Kunst der Malerei,
Goltschmid fowol Pildhauer und Pildfchnitzler, auch Glasmaler und
Glaser sambt den Handwerchs miteinverleibten Sigi- und WapvenEtainschneider, wie auch die Hut und Feder Schmücker" eine eigene
Bruderschaft. Es wurde eine genaue Ordnung aufgestellt, von der
sich eine Kopie im Stadtarchiv erhalten hat.
I n dieser Ordnung wird zunächst der Zweck der Bruderschaft,
nämlich die Sorge um das Seelenheil der Mitglieder, auseinandergesetzt und der Evangelist Lukas als Patron der Maler und der
heilige Bischof und Beichtiger Elagius (Eligius oder Elogius, Fest
am 1. Dezember) als Patron der Goldschmiede angeführt. Die Vruderfchaft sollte auch für eine entsprechende Ehrung ihrer Toten
durch ein feierliches Begräbnis sowie durch Seelenmessen sorgen
und sich an allen Prozessionen möglichst geschlossen beteiligen, wobei
ihre Kirchenfahne und weiße Kerzen mitzutragen waren. Die Vruderschaftsordnung hatte der Bürgermeister und Rat der Stadt
Innsbruck als vorgesetzte Obrigkeit zu genehmigen.
Die einzelnen Punkte der Ordnung beinhalten kurz das Folgende:
I m ersten Punkt wird ausgeführt, daß die Maler und Goldschmiede durch
lange Jahre „auf St. Lucae und Elagii Tag ain Gotsdienst mit ainem gsungnen
Seelamt aus St. Barbara Bruderschaft bei St, Jacobs Pfarrkirchen" gehalten hatton, da dieser „Bruederschaft si, Maler und Goldschmid, mit gwisen Condition?«
einverleibt newest gehalten worden — aber wegen hinfirter jerlicher Haltung diser
Gottsdienst sich mit ermelter Nruederschaft nit allerdings noch verr ^ferner) veralrichen mögen." Daher beschlossen sie mit allen ihnen Einverleibten diese Aemter
für sich gesondert halten zu lassen und dazu aus dem Bruderschaft-„Söckl", abgesehen von dem, was die Meister des Hufschmiedhandwerkes — die also offenbar auch
dabei waren — reichen, noch 1 f l . 36 kr. beizusteuern.
2. Stirbt ein Mitglied, dessen Frau oder Kind, so haben alle Meister mit der
„Leich zu Grab zu gehen und der Einsegnung und Begrebnus bis zu End beizuwohnen".
3. Die Leiche wird, wenn der ?ote Über 12 Jahre alt war, von 4 der jüngsten
Meister, die die nötigen Leibeskräfte besitzen, getragen und i b i sobald, als möglich,
ein Seelenamt in der St.-Iakobs-Pfarrkirche gehalten, das allen Mitgliedern rechtzeitig anzusagen ist.
4. Bei allen Prozessionen hatte einer der jüngsten Meister, dem es der Nrudermeister zeitlich anzusagen hatte, die Bruderschaftsfahne zu tragen. Der Fahnenträger wurde immer für 1 Jahr bestimmt, und zwar von Fronleichnam bis wieder
Fronleichnam, so daß der neue immer bei der Fronleichnamsprozession erstmals zu
tragen hatte.
3. ssur Bestreitung der Ausgaben wurde bestimmt, daß ein jeder, der ibre Kunst
oder ihr Handwerk redlich erlernt habe, iedoch nicht zu Innsbruck geboren sei
,,sonder ain Benachberter oder aar außer Lands hero frembder mere", aber hier
aufgenommen werden will, vor seiner Einschreibung 6 f l . in barem Geld zu erlegen habe. Einheimische hatten 4 f l . zu bezahlen. Eine Ermäßigung dieser Beträge war unzulässig.
ss. Jedes Mitglied hatte jährlich am Fronleichnamstag 12 kr. in die Bruder»
schnftslade zu zahlen.
?. Wer seinen Beitrag nicht pünktlich zahlte, hatte überdies zur Strafe ein
Piertelufund Wackis für die Beleuchtung zu geben.
8. Die gleiche Strafe traf drnieniaen. der einen Gottesdienst am St,-Lucas- oder
Eligius-^age unentschuldigt ferne blieb,
9. Sollte der Fahnenträger ohne Grund ausbleiben, so hatte er ein ganzes
Pfund Macks zu zablen.
10. Gibt der Brudermeister selbst zu Klanen Anlaß und läßt die Gottesdienste
oder Zusammenkünfte nicht rechtzeitig ansagen, so hat er für jede Person, die keine
Na<5rick>t erhielt. 8 kr. Strafgeld ?n erlegen.
11. Der ^nbalt der Nrudersckafts-Lade hat ."um Seelenheil der Mitalieder und
?u gutem Neisviel sowie ?nr Erhaltung der Bruderschaft verwendet zu werden,
keinesfalls iedoch ..?", weltlichen Uuviaen Sachen",
Die Ordnung besiedelten und unterschrieben ^lnlipp Khnnvrian, Gnldlmnned.
Michael Ludwig d Aelt.. Glaser, Hans Schor, Maler, und Romanus sslieschauer,
Bildhauer, am 2. Juni 1633.

Nun hört man nicbts mebr. bis am 3. Juni 1678 der Bürgermeister und Rat der Stadt ein scharfes Schreiben an die gesamten
Goldarbeiter und Maler abgeben läkt. Darin wird eingangs mitneteilt. dak seit einiaer Zeit bei verschiedenen .ftandwerkszünften
Streitigkeiten ausgebrochen feien, wodurch die Obrigkeit geradezu
überlaufen werde und die Handwerker selbst in Zwietracht und Unkosten kämen. Die Ursache davon sei meist eine uneinbeitliche Auslegung der Kandwerksordnunaen, die „in vilen fahren ainmal
abgelesen" würden oder auch „Particular Vassionen", die zuweilen
die eine oder andere Zunft „verfpirt". Zur „Abschneidung aller
Weitleifiqkeiten und binaeaen Pflanzung (von) Frid und Ainigkeit" hat der Stadtrat beschlossen seder Zunft zwei Deputierte zu
aeben, welche an jeder Zusammenkunft teilzunehmen und dafür zu
soraen batten, daft die Handwerksordnung aNe Quatember vorgelesen werde. I m Falle von Mißverständnissen hatten sie eine

gütliche Beilegung zu suchen. Die „übermessigen Zörungen" wurden
abgestellt. Das Geld sei zur Ehre Gottes und Zum Nutzen des Handwerkes anzuwenden. Den Goldarbeitern und Malern werden Hans
Martin Linsing vom Rat und Jacob Cristof Wagner aus den Beisassen als Deputierte zugewiesen.
Am 13. Juni 1741 richtet die Maler-, Goldschmiede- und Bildhauerbruderschaft ein ausführliches Klage- und Bittschreiben an den
„gebietenden Statmagistrat". Darin wird zuerst an einen peinlichen
Vorfall erinnert, der sich am vergangenen Fronleichnamsfest in Gegenwart des Herrn Bürgermeisters als „Comisar" zugetragen habe.
Nicht genug, daß die zwei Malersföhne von Bögl ihren Beitrag
nicht zahlten, sie führten sich auch dem Bürgermeister gegenüber
grob und ungehorsam auf. Der ältere sei schon vor zwei Jahren
der Bruderschaft einverleibt worden, aber „sambt den Fohntrager
10 fl. schuldig" und wolle nicht einen Kreuzer bezahlen, „wann die
Herrn Goltschmid als Galiardische ^ Erben Eistner und Lang auch
in die Pruederfchaft mit ihren Beitrag erscheinen, weilen aber
unsere Herrn Goltschmid, die in der Pruederschast, gewaltig protestiern und melden, sie wollen mit und neben die Pfuscher nit
stehen". Der Herr „Comisar" habe mit aller Schärfe ein Zahlungsversprechen erzwungen, aber der „adeliche Herr Kinstler" habe es
nicht gehalten. Ja er trat vielmehr mit seiner Schuld aus der Bruderschaft aus und ließ dem Brudermeister Zweimal sagen, er sei
nicht mehr dabei und brauche keine Anzeigen der Zusammenkünfte
mehr.
Unter Hinweis auf die beigelegte Abschrift des „Vertrages" vom
2. Juni 1633 und das Dekret vom 3. Juni 1678, wodurch die Bruderschaft „absoluto unter Protection und Schutz des löbl. Statmagistrat" gestellt worden sei, wird ersucht, der Bruderschaft „ganz
väterlichen anbanden zu gehen". Weiters — heißt es in der Eingabe — fei vorzutragen, „wie fchedlich uns fremde, nicht hier gebirtige Maler, uns unser Stickl Brot benemen und schmölern, wie
dann Philipp Haller, der schon einen Buebn ausgelehrnt und Zu
Schimpf des löbl. Statrats sich ohne LicenZ verHeirat, durch seine
Prallerei und Auslaufen der Heifer uns die mehriste ja alle Arweit
entzieht". Ein anderer namens Anton Stainmez wohne mit feinem
Weib in der Kotlä"ckhen, in dem Zeidlerhäusl, und suche alles aus
Einen dritten habe Herr Sekretär Jenner schon zwei Jahre bei
ich, aber er arbeite auch für andere Leute, und Franz Dextor, der
chon so viele Jahre da sei und bereits alle Herrschastshäuser angeüllt habe, habe auch noch keinen Heller bezahlt. Schließlich sei feit
etwa zwei Jahren ein fremder Bildhauer mit seinem Weib in der
Kotlacken „mit Namen Franz Iocher, sucht auch sein Brot zu Schaden dero hiesigen".
Aus den angeführten Ursachen bittet die Bruderschaft demütig
und fußfällig „bei jezt ohnedem so schweren und teuren Zeiten,
allwo keine Herrschaft nichts verdienen läßt, wie auch in Considerierung (d. h. Überlegung), daß hier bis 10 Malersöhne, welche
man nit hinwegschaffen kann, die fremden aber wohl", um Abfchaffung dieser Maler und weitere Hilfe. Diese Bittschrift unterschrieben eigenhändig: Franz Mich! Hueber, Bürger und Hofmaler,
Niclaus Moll, Bildhauer, Johann Georg Schollinger, Goldfchmied.
Mathias Gasser, Maler, und Georg Echenich, Bildhauer, als Brudermeister.
Einer der vorhin genannten „Bögl" scheint sich mit der Malerbruderfchaft später wieder versöhnt, ja es sogar zu ihrem Vertreter
gebracht zu haben, denn die Regierung gibt dem Stadtrat am
8. Februar 1762 Antwort auf eine vom Maler Felix Pögl im Namen der übrigen Maler vorgebrachten Beschwerde. Die Maler beanständen „einen als Pilgram anhero gekommenen, dann jenen
in alldaigen Kräuterhaus bei dem Einspänigers (d. h. GerichtsDiener) Antoni Gartlacher Sohns, als einem gelehrnetem Maler
sich aufhaltenden Welschen aus der Burgen (Borgo) gebürtigen
Maler" und ersuchen um deren Abschaffung, wozu auch der Magistrat seine Meinung äußerte. Die Regierung hat jedoch mit der
Begründung, daß „die Malerei als eine freie Kunst anzusehen und
unter denen allhier vorhandenen 42 Malern keiner in der Mignatur (Miniatur) noch in Portrait Malerei mit Ausnahme des Hallers
erfahren ist", das Ansinnen der Maler abgelehnt und die Duldung
der zwei Beklagten angeordnet.
Die restlichen Akten berichten von einem ähnlichen Kampf der
Malerbruderschaft mit dem Malergesellen Joseph Landfchnegg
(Glantschnigg). Am 27. Juni 1766 richtete die Malerbruderschaft an
das Gubernium eine Eingabe, in der es heißt, daß Jos. Landschnegg
„aus Etschland gebürtig sich bereits schon über Jahr und Tag vor
sich selbsten allhier aufhalte, bei den hinterlassenen Töchtern des
Verstorbenen Landprofosen sei. in die Kost gehe und bei dem Kerkerwärter die Liegerstat habe, so forthin (in) dem Kräuterhaus
alda wohnhaft fei, uns anbei beeinträchtige und das Brot von dem
Mund hinwegnehme". Außer diesem gäbe es aber noch andere, teils
i I o h . Peter Galliard (gest. 1741) war ein von der Zunft bekämpfter Goldschmied.