Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.2

- S.20

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Amtsblatt Nr. 2
Beginn des Jahres 1935 an gerechnet wurde, hätte, ohne
Berücksichtigung der bereits erwähnten Zahlungsrückstände der Gemeinde in der Höhe von 3.5 Millionen
Schilling mit einem Abgange von 302.850 8 geschlossen.
Nun wurde aber der Gemeinde von zuständiger Stelle
die Erklärung gegeben, daß die Verbundlichung der Polizei nicht vor dem Herbst 1935 zu erwarten ist. Dadurch
erhöht sich der Abgang im gegenwärtig vorliegenden
Voranschlagsentwurf auf 8 763.000.—. Ein Lichtblick ist,
daß nun doch in absehbarer Zeit mit aller Bestimmtheit
gerechnet werden kann, daß mit der Verbundlichung der
Polizei eine Belastung wegfällt, die Innsbruck in den
letzten Jahren als einzige unter den Landeshauptstädten
zu tragen hatte und derzufolge Innsbruck gegenüber
anderen Landeshauptstädten bedeutend im Nachteile
war. Natürlich kann die Verbundlichung in den ersten
Jahren keine besonders fühlbare Entlastung bringen,
weil sich die Stadtgemeinde verpflichten mußte, der Vundespolizei eine eingerichtete Kaserne zur Verfügung Zu
teilen und die Instandhaltung und Betriebskosten lauend zu tragen. Immerhin ist nach Abzahlung der Bauwsten auch unter Berücksichtigung der für den Kopf der
Bevölkerung Zu tragenden Beitragsleistung mit einer
jährlichen Ersparnis von 500.000 bis 600.000 8 zu
rechnen.
Die Ratschläge, die der Rechnungshof in seinem Berichte zur Sanierung der Gemeinde gibt, teilen sich in
solche Maßnahmen, die die Inanspruchnahme und Mitwirkung fremder Mittel und der Gläubiger voraussetzen und in Maßnahmen und Verfügungen, die die
Stadtgemeinde aus eigener Kraft treffen kann. Neben
der besonderen Empfehlung, die Verbundlichung der
städt. Polizei zu betreiben, legt der Rechnungshof das
größte Gewicht auf die Lösung aller mit der Schweiger
Anleihe der Stadtgemeinde in Verbindung stehenden
Fragen. Er erklärt, daß es außer Frage stehe, daß die
Stadtgemeinde in ihrer jetzigen Lage nicht imstande ist,
auf die Dauer den großen Schuldendienst für die Anleihe von jährlich rund 3.5 Millionen Schilling aus ihren
laufenden, immer kleiner werdenden Einnahmen zu
decken. Für die Stadtgemeinde könne daher nur eine
möglichst weitgehende Erleichterung im Schuldendienst
in Betracht kommen. Ob nun eine solche Erleichterung
durch eine vorübergehende Hinausschiebung der Zinsen- und Kapitalstilgungsfälligkeiten der Anleihe angestrebt oder durch eine Umschuldung in Form einer Konvertierung in eine Inlandsanleihe mit einer längeren
Laufzeit und mit kleineren Iahrestilgungs- und Verzinsungsraten versucht werden soll, müsse der Entscheidung
der Tiroler Landesregierung überlassen werden. Ter
Rechnungshof schließt seine Ausführungen hierüber mit
den Worten: „Feststeht jedenfalls, daß ohne eine grundlegende Löfung der Anleihefrage eine dauernde Sanierung der Stadt Innsbruck ganz unmöglich ist."
Ferner empfiehlt der Rechnungshof, jede Bautätigkeit,
auch auf dem Gebiete des Wohnungs- und Siedlungswesens, auf die Dauer mehrerer Jahre ganz einzustellen,
er verweist auf den Abgang früherer Jahre bei Veranstaltungen fremdenverkehrsfördernder Art, empfiehlt die
Veräußerung der unvollendet gebliebenen Doppelhauptuno Volksschule an eine private Unterrichtsanstalt, verlangt die absolute Gleichstellung der städtischen Angestellten mit den Vundesangestellten durch Beseitigung
der 90progentigen Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuß und eine Revision der Kollektivverträge der städtischen Bauarbeiter und Unternehmungen, gedenkt weiters der Notwendigkeit, alle Befreiungen und Ermäßi-

gungen von städtischen Steuern und Abgaben einzustellen und erwähnt die Vorteile der Zusammenlegung einzelner Außenämter mit den im Rathause untergebrachten Abteilungen. Weiters glaubt der Rechnungshof, daß
der Gemeinde durch den Verkauf der städt. Pfandleihanstalt an das Dorotheum und durch die Abgabe der
Viehmarktkasse an einen privaten Vankbetrieb, eventuell auch durch den Verkauf städt. Gebäude und Gründe
eine fühlbare Erleichterung in der gegenwärtigen Geldnot geschaffen werden könnte.
Zu den Vorschlägen des Rechnungshofes bemerke ich
folgendes:
Die Frage der Verbundlichung der Polizei ist, wie bereits erwähnt, grundsätzlich gelöst. Hinsichtlich des Anleihedienstes hat die Goldschuldenerleichterungs-Verordnung der Bundesregierung der Gemeinde eine Ermäßigung der Verzinsung der Schweizer Franken-Anleihe
von 6V2 auf 4»/4 Prozent gebracht. Die Ersparung wurde
jedoch restlos durch die Steigerung des Kurses des
Schweizer Franken aufgebraucht. Eine Konvertierung
der Anleihe in ähnlicher Form, wie sie im Laufe der
letzten Jahre in Oesterreich des öfteren erfolgte, ist für
die Gemeinde nicht von besonderem Interesse, weil der
Kurs der Anleihe immer noch sehr hoch steht. Verhandlungen wegen Bewilligung der Erstreckung der Tilgungsfristen oder wegen Gewährung eines halb- oder ganzjährigen Moratoriums sind seit Monaten im Gange. Die
Gemeinde hat mit Ausnahme der Förderung des Siedlungswesens die Bautätigkeit seit 1932 vollständig eingestellt. Die von der Gemeinde mit Geldern des Wohnbauförderungsfonds gebauten Objekte sind teilweise bereits ohne jeden Verlust für die Gemeinde verkauft,- die
Bestrebungen, diese Aktion fortzusetzen, sind im Gange.
Die Förderung des Siedlungswesens, die bisher zur Errichtung der Siedlung im Sieglanger und zur Inangriffnahme der Arbeiten der Neustädtersiedlung auf der
Ulfiswiese führte, muß — mit Ausnahme der Mittelstandssiedlung, die die Gemeinde in keiner Weise
belastet — in Hinkunft leider unterbleiben, da die
immerhin für die Freistellung und Baureifmachung
der Gründe notwendigen Mittel ziemlich beträchtlich sind und von der Stadtgemeinde heute nicht
mehr aufgebracht werden können. Es ist dies überaus
bedauerlich, da die Förderung des Siedlungswesens die
gesündeste Form sozialer Fürsorge darstellt. Die Durchführung von Veranstaltungen fremdenverkehrsfördernder Art mit Mitteln der Gemeinde fand schon seit 1933
nicht mehr statt. I m Jahre 1934 hat die Gemeinde nur
Veranstaltungen subventioniert, die in ganz Oesterreich
einheitlich durchgeführt wurden. Der Verkauf der unvollendet gebliebenen Doppelhauptschule in Pradl wurde
schon wiederholt versucht. Die bezüglichen Bemühungen
werden fortgesetzt. Die Bezüge der aktiven städtischen
Beamten sind jenen der Bundesangestellten vollständig
angeglichen, nur die Pensionisten beziehen noch Pensionen, die sich auf der 90progentigen Ruhegenußbemessungsgrundlage aufbauen, wofür jedoch mehr als der
doppelte Pensionsbeitrag der Bundesangestellten geleistet wurde und noch geleistet wird. Wenn die Ruhegenußbemessungsgrundlage auf die Höhe jener der Vundesangestellten, d. i. auf 78.3 Prozent herabgesetzt und
die bereits zuerkannten Pensionen entsprechend gekürzt
werden, muß die Gemeinde die Pensionsbeiträge der
städtischen Beamten auf die Höhe jener der Vundesbeamten herabsetzen und, wenn sie sich nicht ungerecht fertigt bereichern will, den Beamten und Pensionisten
die Überzahlung an Pensionsbeiträgen zurückzahlen.