Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.2

- S.19

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Amtsblatt Nr. 2_
kommt Vollzugsgewalt zu. Der Magistrat, d. i. die Gesamtheit der in der städt. Verwaltung tätigen städtischen
Aemter, ist das Hilfsorgan der Gemeinde. Die Leitung
des Magistrates obliegt dem Magistratsdirektor. Der
Magistrat ist dem Bürgermeister untergeordnet. Der
Magistrat hat alle in den Wirkungskreis des Bürgermeisters fallenden Angelegenheiten des eigenen und
übertragenen Wirkungskreises der Gemeinde und der
Bezirksverwaltung zu besorgen, soweit sich der Bürgermeister die Besorgung dieser Geschäfte nicht vorbehält.
Als eine Folge der schweren wirtschaftlichen Not, in
der sich alle Gemeinden heute befinden, und wohl auch
zur Vorbeugung allzu großzügiger Verwaltung in den
Gemeinden sind über ausdrückliches Verlangen der
ministeriellen Stellen i m Stadtrechte ausführliche und
umfangreiche Vorschriften über die Haushaltsführung.
weiters Bestimmungen, die die Selbständigkeit der freien
Willensbildung der Gemeinde hinsichtlich des Abschlusses aller die Stadtgemeinde irgendwie finanziell belastenden Rechtsgeschäfte beschränken und endlich sehr
weitgehende Ueberwachungsrechte der Aufsichtsbehörde
vorgesehen. I n der Ausschreibung von Abgaben sind der
Gemeinde sowieso i m Finanzverfassungsgesetze und im
Abgabenteilungsgesetze sehr enge und drückende Grenzen gezogen.
Gerade die Beschränkung in steuerrechtlicher, aber
auch die Beschränkung i n wirtschaftlicher Hinsicht hätte
es als sehr wünschenswert erscheinen lassen, daß den
landesunmittelbaren Städten verfassungsmäßig eine
Vertretung i n den gesetzgebenden Körperschaften des
Bundes und der Länder eingeräumt worden wäre. Da
dies nicht erreicht wurde, wird es eine dauernde Notwendigkeit bleiben, darnach zu trachten, daß Mitglieder
der gefetzgebenden Körperschaften den Gemeindetagen
angehören.
I n vielen Gemeinden Österreichs wurden auf Grund
des Verfassungsübergangsgesetzes die Mitglieder der
Gemeindetage vom Landeshauptmann bereits ernannt.
Da bis heute weder eine der neuen Bundesverfassung
angepaßte Gemeindeordnung noch Stadtrechte erschienen
sind, sind diese neuen Gemeindetage angewiesen, ihre
Tätigkeit noch auf Grund der alten Gemeindeordnungen
und -Statuten auszuüben, die mit der neuen Verfassung weder in ihrem Wortlaute noch in ihrem Geiste im
EinKlange stehen. Es waren deshalb sowohl die Tiroler
Landesregierung als auch der mir beigegebene Beirat
der Meinung, daß es vorteilhafter ist, das neue Stadtrecht mit möglichster Beschleunigung durch den Landtag
beschließen zu lassen und erst dann den Gemeindetag zu
bilden. Da der Innsbrucker Stadtrechtsentwurf sich auf
den von Vertretern des Bundeskanzleramtes, der ministeriellen Stellen und des Rechnungshofes überarbeiteten Musterentwurf aufbaut und durch Einfügung des
Gemeinderates als drittem Organ der Gemeinde dem
Wunsche der Landesregierung entsprechend ergänzt
wurde, kann jedenfalls damit gerechnet werden, daß der
Gesetzentwurf vom Landtage in kürzester Frist verabschiedet und die im Art. 111 der Bundesverfassung vorgesehene Zustimmung des Bundeskanzleramtes erteilt
wird.
Dies hoffe und wünsche ich von Herzen; denn die Auf
gaben, besonders in finanzieller Hinsicht, die dem Gemeindetage bevorstehen, sind vielseitig und schwierig.
Die Hoffnungen, die ich an die Konvertierung der
Verpflichtungen der Gemeinde durch Aufnahme der großen Etadtanleihe i m Jahre 1931 geknüpft habe, sind leider nicht in Erfüllung gegangen. Die Folgen der Welt-

wirtschaftskrise lasten schwer auf unserem armen Vaterland. Die Folgen der politischen Kämpfe der letzten zwei
Jahre, insbesondere die 1000-Mark-Sverre, bedeuten
für die Gemeindefinanzen eine Katastrophe. Die Zahlungsrückstände der Gemeinde sind i n den letzten zweieinhalb Jahren auf 3^2 Millionen Schilling angewachsen.
Es wird jedem, der mit der Verwaltung der Stadt einigermaßen vertraut ist, begreiflich sein, daß dieser Rückstand unmöglich mit normalen Einsparungen in den
nächsten Jahren eingebracht werden kann. Auch der
Rechnungshof hält es für ausgeschlossen, für diesen gewaltigen Abgang im Voranschlage sür das kommende
Verwaltungsjahr 1935 irgendwie vorzusorgen. Trotz der
großen Opfer, die von den städtischen Beamten, Angestellten und Arbeitern gebracht werden mußten, trotz
der größtmöglichen Verminderung des Sachaufwandes und trotz beträchtlicher Einschränkung aller Ausgaben für kulturelle Bedürfnisse ist die Lage der Ge^
meindefinanzen gegenwärtig überaus ernst. Die Situation glaube ich den Lesern des Amtsblattes am besten
illustrieren Zu können, wenn ich einige markante Stellen des vom Rechnungshofe im Dezember 1934 für das
Jahr 1933 erstatteten Kontrollberichtes wiedergebe. Der
Rechnungshof verweist auf die große Belastung der
Gemeinde durch die Auslagen sür die Polizei:
8 1.N97.747.3N. für das Wohlfahrtswesen: 8 2.639.114.97
und für den Schuldendienst: 8 4,408.994.86 und sagt
wörtlich: „Diese drei Ausgabeposten von zusammen
8 8,143.857.23 zehrten nahezu zur Gänze die Hauvteinnahmen (Mgaben und Vesitzertriignisse) aus, so daß für
den allgemeinen Verwaltungsaufwand (8 1,476.935.48)
und die Abgänge der städtischen Betriebe (8 179.426.N5j
sowie den sonstigen Aufwand (8 27N.848.37) i n den übrigen Einnahmen der Stadt die Bedeckung nicht mehr in
ausreichendem Mähe gefunden werden konnte und der
ausgewiesene Abgang von 8 978.723.— resultierte."
Der Rechnungshof fchreibt weiter: „Die Urfache des
großen Abgangs bei der ordentlichen Gebarung liegt in
dem sehr bedeutenden Rückgang der Einnahmen
(8 1.426.8N5.91). also in einer der direkten Einflußnahme der Gemeindeverwaltung entzogenen, i n der
Wirtschaftslage begründeten Ursache.
Bei den
Ausgaben weisen die meisten Verrechnungstitel infolge
sehr weitgehender Sparmaßnahmen nicht unbedeutende
Minderverwendungen (8 320.161.23) auf, doch reichen
diese Ersparungen nicht aus, den Mehraufwand für den
Kapitals- und Echuldendienft — als Folge des Privatclearingskurses des Schweizer Franken — und den wesentlich gesteigerten Aufwand sür das Fürsorgewesen
auszugleichen. I m allgemeinen kann gesagt werden, daß
sich die Gemeindeverwaltung in der Ausgabenwirtschaft des Jahres 1933 große Zurückhaltung auferlegt
hat, daß jedoch die Verhältnisse stärker waren und durch
den sehr großen Rückgang der Einnahmen nicht nur die
erzielten Ersparungen wieder vollständig ausgezehrt
wurden, sondern sich darüber hinaus noch ein so hoher
Abgang ergab."
Auch aus den Unternehmungen hatte die Etadtgemeinde keine besondere Hilfe, weil trotz teilweise sehr
günstiger Ergebnisse einzelner Unternehmungen infolge
der für die Nordkettenbahn geleisteten Schuldzinsen von
8 327.767.— sich ein Abgang von 8 179.426.— ergab,
dies obwohl, wie der Rechnungshof selbst wiederholt anerkennt, die städtischen Unternehmungen korrekt und
durchaus wirtschaftlich geführt wurden.
Der erste Entwurf des Voranschlages für 1935, i n dem
mit der Verbundlichung der Innsbrucker Polizei vom