Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.2

- S.18

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Amtsblatt Nr. 2
und tatkräftigst mitgearbeitet haben, wurden in Salzburg am 10. Dezember 1934 abgeschlossen; die einzelnen
Landesregierungen, denen die Vorlage des Stadtrechtsentwurfes an die Landtage zukommt, haben seit einigen
Tagen das Zuletzt noch vom Bundeskanzleramt überarbeitete „Musterstatut" als Grundlage für die Erlassung eines einheitlichen Stadtrechtes in Händen. Auf
Grund des Beratungsergebnisses der Salzburger Tagung habe ich in Anpassung an die örtlichen Verhältnisse den Entwurf eines Stadtrechtes für die Landeshauptstadt Innsbruck ausgearbeitet und noch vor den
Weihnachtsfeiertagen der Landesregierung überreicht.
Die Grundzüge dieses Entwurfes sind folgende:
Ursprünglich sah der Entwurf entsprechend der ungeteilten Meinung der Vertreter der landesunmittelbaren
Städte nur zwei Organe vor, den Gemeindetag und
den Bürgermeister. Der Tiroler Landesregierung schien
es aber nicht angängig, dem Bürgermeister einen gu
großen Wirkungskreis zu überantworten und die in der
Verfassung gebotene Möglichkeit außer acht zu lassen,
dem Bürgermeister einen sogenannten Gemeinderat an
die Seite zu geben. Das Innsbrucker Stadtrecht kennt
sonach drei Organe: Den Bürgermeister, den Gemeindetag und den Gemeinderat.
Der Gemeindetag wählt für die Dauer feiner Tätigkeit den Bürgermeister. Er ist bei dieser Wahl nicht auf
seine Mitglieder beschränkt. Gehört der Gewählte dem
Gemeindetage nicht an, wird er durch die Wahl Mitglied des Gemeindetages. Die Wahlbestimmungen sind
einfach. Es können nur drei Wahlvorschläge erstattet
werden,- als gewählt gilt derjenige, für den mehr als
die Hälfte aller Mitglieder des Gemeindetages gestimmt
hat. Dieser Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde,
daß der Bürgermeister nur dann Ersprießliches leisten
kann, wenn er die Mehrheit des ganzen Gemeindetages
hinter sich hat. Die Wahl des Bürgermeisters bedarf der
Bestätigung des Landeshauptmannes. Diese kann widerrufen werden, wenn der Bürgermeister seine Amtspflichten gröblich verletzt oder dauernd vernachlässigt
oder wenn es sonstige öffentliche Rücksichten gebieten.
Gegen den Widerruf der Bestätigung steht dem Bürgermeister die Berufung an den Bundeskanzler offen.
Der Bürgermeister ist das Oberhaupt der Gemeinde
und vertritt diese nach außen in allen Angelegenheiten.
I h m unterstehen sämtliche städtische Beamten, Angestellten und Arbeiter und jene der städt. Unternehmungen. Die Verantwortlichkeit und Haftbarkeit des Bürgermeisters ist verschärft, weshalb seiner jeweils von
ihm vertretenen Meinung gegenüber den Mitgliedern
des Gemeindetages erhöhtes Gewicht zukommt. Das im
bisher geltenden Statut bereits vorgesehene Recht, den
Vollzug von Beschlüssen des Gemeindetages und Gemeinderates aufzuschieben, ist mit Rücksicht auf die erhöhte Verantwortlichkeit des Bürgermeisters stärker
betont. Unter der Bezeichnung „Notrecht" ist dem Bürgermeister das Recht eingeräumt, in dringenden Fällen
an Stelle des Gemeindetages oder Gemeinderates Zu
handeln. Der Bürgermeister hat die getroffenen Maßnahmen dem Gemeindetage oder Gemeinderate nachträglich sofort zur Kenntnis zu bringen. Der Bürgermeister ernennt seinen Stellvertreter selbst und kann
ihn nach seinem Ermessen abberufen. Der Bürgermeisterstellvertreter ist grundsätzlich ebenso verantwortlich
und haftbar wie der Bürgermeister. Handelt er jedoch
nach den Weisungen des Bürgermeisters, trägt der Bürgermeister Verantwortung und Haftung. Die Bezüge des
Bürgermeisters und des Bürgermeisterstellvertreters be-

stimmt der Gemeindetag. Als Höchstgrenze für die Bezüge
des Bürgermeisters sind die Bezüge des Landeshauptmannes gesetzt. Die Höhe der Bezüge des Bürgermeisterstellvertreters wird vom Ausmaß der Beanspruchung abhängig sein, darf aber im Höchstfalle nicht mehr als die
Hälfte der Bezüge des Bürgermeisters betragen.
Der Gemeindetag besteht aus Vertretern der römischkatholischen Kirche, des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens, der Wissenschaft und der Kunst sowie
aus Vertretern der Verufsftände in der Gemeinde. Die
Mitgliedschaft im Gemeindetage ist ein Ehrenamt, die
Dauer der Mitgliedschaft beträgt vier Jahre. Die Zahl
der Mitglieder des Gemeindetages ist mit 24 festgesetzt,
sie erhöht sich auf 25, wenn der Bürgermeister nicht aus
den Mitgliedern des Gemeindetages gewählt wird. Die
Mitglieder des Gemeindetages werden von kulturellen
Gemeinschaften und von den Verufsständen in den Gemeindetag entsendet. Die näheren Vorschriften über die
Entsendungsberechtigung und die Art der Entsendung
trifft ein Landesgesetz. Dieses Landesgesetz wird zum
Stadtrechte in einem ähnlichen Verhältnisse stehen, wie
die seinerzeitige Gemeindewahlordnung zum bisher geltenden Statut. So lange dieses Landesgesetz nicht erlassen ist, werden die Mitglieder des Gemeindetages auf
Grund des § 39 des Verfassungsübergangsgesetzes vom
Landeshauptmann ernannt. Der Landeshauptmann
kann die Mitglieder des Gemeindetages abberufen und
an ihrer Stelle andere ernennen. Der Entwurf zählt die
Voraussetzungen für die Entfendbarkeit auf und nennt
die Gründe, aus denen die Mitgliedschaft im Gemeindetage verloren geht. Die Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Entsendbarkeit und über den Verlust der Mitgliedschaft treten formell erst in Kraft,
wenn die Verufsstände endgültig gebildet sind und die
Art der Entsendung der Vertreter der Verufsstände in
den Gemeindetag landesgesetzlich geregelt ist. Bis zu diesem Zeitpunkte werden die erwähnten Bestimmungen
für den Landeshauptmann Richtlinien für die Berufung
und für die Abberufung bilden.
Der Gemeinderat besteht aus fünf vom Gemeindetag
aus seiner Mitte gewählten Mitgliedern, denen die Beschlußfassung über bestimmte, im Etadtrechte aufgezählte
Angelegenheiten vorbehalten ist. die im großen und ganzen die Kompetenz des früheren Stadtrates ausmachten.
Die Mitglieder des Gemeinderates führen den Titel
Stadtrat. Die Stadträte sind unbesoldet. Erachtet der
Bürgermeister, daß Beschlüsse des Gemeinderates den
Interessen der Gemeinde zuwiderlaufen, hat er mit dem
Vollzuge inne zu halten und die Gegenstände der Beschlußfassung dem Gemeindetage in seiner nächsten
Sitzung zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen.
Mit Zustimmung des Bürgermeisters können zur Vorberatung und Begutachtung der in den Wirkungskreis
des Gemeindetages fallenden Angelegenheiten Ausschüsse gebildet werden. Sie müssen gebildet werden,
wenn es der Bürgermeister verlangt. Die Ausschüsse
dürfen, den Vorsitzenden mitgezählt, höchstens aus sieben Mitgliedern bestehen. Die Obmänner der wichtigsten

Ausschüsse (Finanz-, Bau- und Rechtsausschuß) müssen

Mitglieder des Gemeinderates, also Stadträte sein. Dadurch wird die Zusammenarbeit zwischen allen Organen
der Gemeinde gewährleistet.
Der Wirkungskreis der Gemeinde ist hergebrachterweise ein eigener und ein übertragener. Den eigenen
Wirkungskreis haben der Bürgermeister, der Gemeindetag und der Gemeinderat, den übertragenen nur der
Bürgermeister zu besorgen. Dem Bürgermeister allein