Innsbruck (Amtsblatt)

Jg.1977

/ Nr.10

- S.16

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Dr. Walter Frenze!

und berühmte Namen wie Hofhaimer, welcher nach Sigmund
auch dem Kaiser Maximilian zusammen mit Isaak, Senfl u. v. m.
die musikalische Aura gab, müssen sicher nicht eigens genannt
werden. Nach Maximilian allerdings kam unter König Ferdinand eine Zeit erlauchter Abwesenheit
und
finanzieller Bedrängnis, welche zur Dezimierung der Hofkapelle führte, um
anschließend gleich wieder von
Erzherzog Ferdinand II., ohne
Scheu vor den Kosten und weil
es sich für einen Renaissancefürsten eben so geziemte, auf
europäisches Niveau zurückgeführt zu werden.

Die Hofkapelle Sigmunds des
Münzreichen stand am Beginn
einer glanzvollen Blütezeit, die
durch großzügigste
Förderung
Künstler und Komponisten von
den Niederlanden bis Italien in
der Residenzstadt Innsbruck vereinte. Pfeifer, Fidler, Posauner
und Trommelschläger für Tanz
und Jagd, Harfenisten, Lautenschläger, Könner an Clavichord
und Clavizimbel für die gesellschaftlichen Ereignisse, Sängerknaben und Hoforganisten für
die geistige Einkehr. Musikpflege und Musikausbildung waren
damals wie heute Verpflichtung

Im Auf und Ab von Regierungsfolge und Finanzkraft bewegte
sich auch weiterhin die Hofkapelle, bis mit Erzherzog Leopold und seiner Gemahlin Claudia und schließlich mit Erzherzog Ferdinand Karl eine italienische Welle hereinbrach, die
in den Apothesen vielstündiger
Barockopern und im finanziellen Kollaps endete. Der letzte
Tiroler
Landesfürst,
Sigmund
Franz, strich die kostspieligen
Hofopernfeste und schickte die
vorwiegend italienischen Künstler nach Hause. Die besten
Kräfte der Hofkapelle zogen
nach Wien, und Innsbruck versank in Stille.

Nach einem, zumindest musikalisch, heißen Sommer und zu
Beginn der neuen Konzertsaison
ist ein kleiner Streifzug durch
die vielzitierte Tradition Innsbrucker Musikpflege gerade angezeigt. Es kommt diese Liebe
zu den Musen Polyhymnia, Euterpe und Terpsychore ja nicht
von ungefähr, sondern stammt
spätestens aus iandesfürstlicher
Zeit, wonach sie dann durch die
Jahrhunderte, unter Hervorbringung berühmter Namen und
manchmal auch leerer Kassen,
weitergereicht wurde.

Das Musikvereinshaus

Seite 16

im

Jahr

seiner

Erbauung,

1912.

(Repro:

Murauer)

Das abrupte Ende einer musikalischen Glanzperiode von beinahe 200 Jahren wirkte so stark
nach, daß sich erst 1787 ein geselliger Verein, das „Kasino",
wieder an die Pflege von Konzert und Kammermusik wagte.
Aus diesem ging 1818 der „Musikverein" hervor, der sich die
„Beförderung der Tonkunst" zur
Pflicht gemacht und diese bis
heute als Städtisches Orchester
(definitiv seit 1946) und als
Städtische
Musikschule (seit
1957 Städtisches
Konservatorium) erfüllt hat.
Höhepunkte feierte der Musikverein unter seinem berühmten
Direktor Josef Pembaur (1874 bis
1918), „dessen
Vortrag von
Beethovens Klavierkonzert in CDur in allen drei Sätzen das
Publikum bis zum freudigsten
Jubel entzückte" und den Musikkritiker des Tiroler Boten dankbar aufatmen ließ, denn „die
Akrobatik auf dem Klavier ist
nun zu Nutz und Frommen der
Kunst vorüber". Auch das Musikvereinsorchester war durchaus auf der Höhe und besaß beispielsweise „unter den Holzbläsern einen Vierklee, um den uns
manch großes Orchester beneiden kann".
So versprachen die Innsbrucker
Konzertsaisonen stets „sehr lebhaft zu werden und in einer
Reihe von Concerten des Musikvereins, der Liedertafel und verschiedener ausländischer Künstler und Künstlerinnen seltene
Kunstgenüsse zu bieten". Ohne
der 1842/43 gegründeten „Innsbrucker Liedertafel" nahetreten
zu wollen, aber bei ihr stach
laut Vereinsnachrichten die positive finanzielle Gebarung hervor. „Nach dem Ausweis des
Kassenstandes (1877)
beträgt
der Barfonds dermalen 9200 fl.;
der Regiefonds zeigt einen Überschuß von 213 fl. und der Reisefonds beläuft sich auf 89 fl., ein
eklatanter Beweis, daß auch die
materiellen Interessen der Liedertafel vortrefflich verwaltet
werden".
Und während der Musikverein
etwa ein „Concert zum Besten
der Stadtarmen" brachte, bei
dem ein Fräulein Zahlfleisch es
mit Gade"s Frühlingsphantasie
erreichte, „daß, während draußen der Novembersturm den Regen peitscht, der Lenzessturm
durch den Konzertsaal braust",
sang die Liedertafel zwei neue
Chöre „Biaberl mirk dir"s fein"
und „Herzklopfen" und brachte
ein Duo Joel-Schmittler einen
Liederabend, bei dem „die Wiener Firma ,Bösendorfer" durch
den zur Verfügung gestellten
Concertflügel die beste Reclame
machte". Im Raum aber, wo die

meisten dieser Konzerte statt*
fanden, brauchte es den Lenz
im November, denn als ein Kon-^
zert des Musikvereins mit Wag-,
ners Faust-Ouverture
endlich
glauben machte „daß nach und
nach auch bei uns Wagner sein
Bürgerrecht erhält", konnte der
Kritiker nicht umhin „bei einer
grimmigen Kälte für die Zukunft
die im Redoutensaale befindlN
chen Öfen der Fürsorge eines
löblichen Musikvereinsausschusses zu empfehlen". Diese Misere
fand erst 1912 ein endgültiges
Ende, als am 16. April mit Beethovens „Weihe des Hauses" das
neuerbaute Musikvereinsgebäude in der Museumstraße feier.
lieh eröffnet werden konnte.

VOR HUNDERT JAHREN
22. Oktober: „Vom Anfange des
Jahres 1870... sind in Innsbruck
. . . 4 0 Häuser und 20 Stöcklgebäude ganz neu von Grund aus
aufgeführt worden. Ebenso wurden in Wüten 44 Neubauten aufgeführt. Diese Ziffern sprechen
laut für die Baulust der Bewohner Innsbrucks und zeigen ebenso, wie diese zwei Gemeinden
an Ausdehnung und Wohlstand
zunehmen."
23. Oktober: Der Innsbrucker
Gemeinderat
beschließt, das
Projekt einer Gasbeleuchtung in
der Kohlstatt aufzugeben, „da
die bisherigen Verhandlungsergebnisse mit der GasindustrieGesellschaft zur Genüge den
Beweis liefern, wie eigennützig
die Gesellschaft ihre Forderungen der Stadtgemeinde gegenüberstelle".
Die Petroleumbeleuchtung in der Kohlstatt wird
demnach „belassen und erweitert".
31. Oktober: „Die strebsame
hiesige lithographische Anstalt
des Herrn C. A. Czichna hat seit
kurzem einen Gasmotor in Thätigkeit, der jedenfalls der erste
Motor ist, welcher in Tirol für
gewerbliche Industrie zur Anwendung kommt."
9. November: „Der hiesige Herr
Universitäts-Mechaniker
und
Optiker F. Miller theilt m i t . . . ,
daß es ihm gelungen ist, das
Telephon (Bell"sche Sprechapparat), welches bekanntlich für
Feuerwehrzwecke in Innsbruck
eingeführt werden soll, so zu
verbessern, daß selbst der etwas
Schwerhörige alle Töne noch
deutlich verstehen kann." Dazu
der Tiroler Bote: „Wir gratulieren dem strebsamen Manne zu
seinem schönen, ersprießlichen
Erfolg."

Innsbruck - Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt - Jahrgang 1977/Nr. 10