Innsbruck (Amtsblatt)

Jg.1976

/ Nr.12

- S.4

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Innsbrucks Stadtgestalt im Visier
W a s das charakteristische G e p r ä g e ausmacht — Vorschläge zur Urbanen G e s t a l t u n g
(Fr) Die bisher sehr zahlreich erarbeiteten Unterlagen zum Thema Innsbrucker Stadtplanung
haben einen wertvollen Zuwachs erhalten: eine detaillierte
Studie über die Stadtgestalt von
Innsbruck, angefertigt im Auftrag des Stadtbauamtes/Stadtplanung von den Architekten
Arno Heinz, Heinz Gamel und
Peter Thurner. Immer breiter
wird dadurch die Basis, auf der
künftige
Entscheidungen zur
Entwicklung der Stadt getroffen
werden können.

r

Es galt vor allem einmal festzulegen, was eigentlich den einmaligen Charakter, das spezifische Gepräge der Stadt Innsbruck ausmacht. Von außen her
betrachtet ist dies die Lage in
einer grandiosen Landschaft, die
von „Bergpersönlichkeiten" dominierte
Umgebung, welche
entfernte Zielpunkte der Hauptstraßen darstellen, sind es weiters die charakteristischen Terrassen und Vorterrassen des
Mittelgebirges und als nähere
sehr markante Blickfänge etwa

S

der
Kalvarienberg in
Arzl,
Schloß Ambras und der Bergisel.
Durch Innsbruck selbst ziehen
sich als entscheidende Gestaltungselemente die beiden Flüsse Inn und Sill, die nach Aussage der drei Architekten durch
die Hochwasserverbauung sehr
beeinträchtigt wurden und die
man viel stärker mit den Faktoren „Wasser" und „Grün" in die
Planung einbeziehen sollte. Dies
aber ist zum Teil schon durch
Promenaden
und
Bepflanzung geschehen und wird weiterhin eine erklärte Absicht des
Planungsamtes sein.
Die Randgebiete der Stadt, die
unter dem harten Druck von
Wohnungsnot und hohen Grundstückpreisen nach 1945 entstanden, sind mit einer guten Infrastruktur versehen, lassen aber
eine
Vernachlässigung
der
Stadtgestalt erkennen. Die G e staltung selbst bezieht sich hier
meist auf das Einzelobjekt. Der
Expansionsdrang
läßt
das
Wohngebiet über die historischen Grenzen hinauswuchern
und hält nur dort ein, wo sich
starke Barrieren (Steilgelände,
Verkehrswege, Flugplatz etc.)
entgegenstellen. Dies bewirkt
eine Unkenntlichmachung des
Stadtrandes.
Weiter von außen nach innen
dem
Stadtkern
zuwandernd,
sind für die Innsbrucker Stadtgestalt die alten Dorfkerne Hotting, Wilten, Pradl usw. kennzeichnend. Anders als vergleichsweise in München wurden sie
von der modernen Stadtentwicklung nicht überrollt und können
weiterhin eine Umweltqualität
vermitteln, wie sie in neuen
Stadtvierteln nur selten erreicht
wird.

Zwei Skizzen vom Titelblatt
der Stadtgestalt-Studie:
nur mehr verkehrsorientiert
oder naturhaft-romantisch?
wort wird wie immer in der Mitte liegen.
Seite 4

hypermodern
Die gültige

und
Ant-

Im Stadtkern selbst wird das
Stadtbild von öffentlichen Bauten und Baudenkmälern bestimmt, die durchwegs in die
Abfolge der übrigen Bauten und
Häuser integriert sind. Dazu
kommt eine einheitliche Dachlandschaft und die sehr positiv
vermerkte Farbenfreudigkeit der
Hausfassaden.
Die
Bestandsaufnahme
der
Innsbrucker Stadtgestalt, die hier
nur in aller Kürze gestreift werden konnte, brachte die Verfasser der Studie zu einer Reihe
von Schlüssen und Vorschlägen.
So meinen die drei Architekten,
daß man nicht „durch die weithin sichtbare Villa das individuelle Wohnen monumentalisieren" sollte und daß es auch „unsinnig sei, für die im Stadtgebiet liegenden
Wohngebiete
den Typ des Tiroler Bauernhauses zu übernehmen. Hangbebauung wäre „bei Einhaltung

bestimmter Gestaltungsregeln*
durchaus tragbar für die Werte
der Stadtgestalt, doch müßte
z. B. eine Verbauung der Terrassen-Kanten unbedingt vermieden werden.
Im Zentrum selbst sei es „für die
Qualität der Stadtgestalt von
Innsbruck äußerst wichtig, daß
die eher lyrische, zarte Zeichenhaftigkeit der öffentlichen Bauwerke der Stadt nicht durch
neue, plumpe Zeichen sinnlos
wird". Hochhäuser sollten an
bedeutenden Punkten der Stadt
stehen und stets Bezugspunkte
haben. Es sollten nicht einfach
Dächer
aufgesetzt,
sondern
Dachräume geschaffen werden.
Auch bei Begrünungen muß
differenziert vorgegangen werden. Stets sei die Frage wichtig,
ob Bäume oder Büsche, welche
Bäume etc., wobei man mit
Grünzonen den Persönlichkeitswert der Stadt fördern und
Wohngebiet von Industriegebiet trennen könne.
Noch eine ganze Reihe weiterer
Anregungen gibt die Studie. Sie
befaßt sich mit dem Straßenmobiliar (Bänke, Blumentröge,
Telefonzellen, Schutzdächer von
Haltestellen etc.), die in engeren Bezug zum städtischen Raum
zu setzen sind, mit der Ausweitung von Fußgängerzonen, mit
der
Straßenbeleuchtung,
die
nicht nur auf die Bedürfnisse
des Autofahrers auszurichten ist,
mit der Gestaltung der Beläge
von Plätzen, Gehwegen, mit
dem Aufstellen von Plastiken
und etlichen weiteren Details,
die alle in einem ausgeklügelten
Zusammenspiel stehen müssen,
um der Stadtgestalt einträglich
zu sein.
Letztlich aber werden in der
Studie noch zwei besondere
Gefahren für die Stadtgestalt
Innsbrucks angesprochen, G e fahren, die auch jeder anderen
modernen Stadt drohen, ebenso
wie auf beinahe jede andere
Stadt unserer Zeit die Kritik und
die gemachten Verbesserungsvorschläge zutreffen. Die eine
Gefahr ist „die Reduzierung des
vollwertigen städtischen Raumes zum bloßen Verkehrsraum"
und die zweite die „Verarmung
der Beziehung zwischen Stadt
und Landschaft". Beides führt
zur Vernachlässigung der städtischen Form, zum Herabsinken
ihrer Bedeutung und Nutzung.
Diese ersten Aussagen der vorliegenden Studie sind in enger
Zusammenarbeit mit dem Stadtplanungsamt erstellt worden. Sie
werden im Stadtentwicklungskonzept erarbeitet und finden
bereits in der täglichen Arbeit
des Planungsamtes ihren Niederschlag, wo auf die Gestaltung des Straßenraumes, der
Stadtsilhouette, auf die Erhaltung typischer Ensembles sowie
die Gestaltung der Freiräume
besonders Wert gelegt wird.

Innsbruck - Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt - Jahrgang 1976. Nr. 12