Innsbruck (Amtsblatt)

Jg.1976

/ Nr.4

- S.11

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Gesamter Text dieser Seite:
Österliche Fußwaschung am Innsbrucker Hof
Ein
kunstvoll
gearbeiteter
Schrank, dem Großherzog von
Toskana bestimmt, war eigentlich der Ausgangspunkt. Es kam
dieses Juwel der Schreinerkunst
aus Augsburg und wurde von
seinem Lieferanten, dem Patrizier und Kunsthändler in jener
Stadt, Philipp Hainhofer, höchstpersönlich bis Innsbruck begleitet. Solches geschah im Jahr
1628, als Erzherzog Leopold V.
schon sieben Jahre Gubernator
und seit drei Jahren Tiroler Landesfürst gewesen war. Großartig entfaltete sich nach glanzloseren Jahren, getragen auch
V o n Dr. W a l t e r Frenzel
vom italienischen Geist der
Landesfürstin Claudia Medici,
wieder das Leben bei Hofe und
machte Innsbruck zu einer interessanten Stadt. So interessant,
daß jener Augsburger Hainhofer, des Schrankes wegen hierhergekommen, sich als Reiseschriftsteller inspirieren ließ und
uns einen ausführlichen Bericht
Ober seine Eindrücke in Innsbruck und das Aussehen der
Stadt verfaßte. Ein Erlebnis
aber machte derartigen Eindruck, daß es gleich mehrere
Seiten des Reisebuchs füllte:
„Am 20. Aprilis, am grünen

Donnerstag nach der Kirchen
haben Ihre Durchlaucht die G e dächtnus
deß
Fueßwaschens
Christi celebriert . . ."
Im großen Saal der alten Hofburg, der mit den Taten des
Herkules ausgeschmückt
war,
stellte man zwei lange Tische
zusammen und deckte ein Tischtuch darüber. Auf einem Tisch
daneben wurden ein silbernes
Handbecken und eine Wasserkanne bereitgestellt. Nach diesen Vorbereitungen bekam das
Volk Einlaß und durfte, wohlbewacht von den Ordnungshütern,
„Carabinern, Partisanen
und
Trabanten mit Helleparden",
entlang der W a n d Aufstellung
nehmen. A n die lange Tafel
hatte man 13 „gar alte arme
männer" in einer Reihe gesetzt,
die jetzt zusammen mit dem Publikum der Dinge harrten, die
in Gestalt Erzherzog Leopolds V.
und seiner Kavaliere und Offiziere den Saal betraten. In deren Gefolge die Erzherzogin
mit ihren Damen, welche sich
schön auf den Stufen eines Podiums drapierten. Die österliche
Zeremonie konnte vor dieser
eindrucksvollen Kulisse beginnen.
Damit der Landesfürst aber auch
wußte, mit wem er es nun zu
tun bekam, gab ihm sein Oberst-

kämmerer einen Zettel mit den
Namen und dem Alter der 13
Kandidaten. Hainhofer vermerkt
mit Bewunderung: „Sein die ersten zwei männer jeder 96 jähr,
und alle 13 zusammen ueber
1000 jähr alt". Dann aber ließ
der Erzherzog auftragen und
half mit seinen Truchsessen beim
Servieren der ersten vier Speisen. Teller, Messer, Löffel, zwei
Brote, ein großer zinnener Becher voll Wein, eine irdene
Schüssel und ein irdener Topf
mit den Wappen von Erzherzog
und Erzherzogin standen bereit. Der Hausherr legt seinen
Gästen nach, unterhält sich mit
ihnen, während der Pater praedicator aus Altem und Neuem
Testament vorliest.
Es folgen
noch zwei Gänge mit je vier
Speisen, im ganzen also zwölf
Speisen für jeden alten Mann,
darunter Erbsen, Reis, Sauerkraut mit Hering, gesottene, gebratene und gebackene Fische,
Fischpasteten, Torten und Backwerk „und singet die Choralmusik gar lieblich den lobgesang". Was nicht verspeist werden konnte, bekamen die dreizehn Tischgäste samt Geschirr
in je ein Schaff gestellt, zum
Mitnehmen nach Hause. Weiber,
Kinder und Freunde standen
bereit, um die guten Dinge in
Empfang zu nehmen.
Nach der körperlichen Labung
begann die Fußwaschung. Die
Tische wurden fortgeräumt, die
13 alten Männer bekamen eine
Schürze umgehängt, unter der
sie sich eines Strumpfes und
eines Schuhs zu entledigen hatten. Erzherzog Leopold zog seinen Mantel aus und vertauschte
ihn mit einer langen weißen
Schürze. Er und sein Oberstkämmer knieten nun nieder,
der Reihe nach vor jedem der
13 Männer, der Kämmerer hielt
das Becken und goß Wasser
über den Fuß, während „Ihre
Durchlaucht waschen den fueß,
trucknen ihn mit Ihrem schurtz
und küssen ihn, und liset der
hofprediger immer die wort
vom fueßwaschen, mit kurtzen
Erinnerungen dabeij". Als nun
alle 13 Männer gewaschen waren, zog jeder Strumpf und
Schuh wieder an, der Oberstkämmerer reichte dem Erzherzog noch ein sauberes Handtuch zum Händeabtrocknen, entledigte ihn der großen weißen
Schürze und half ihm wieder in
den Mantel.

iizherzog
Leopold
V., Bruder
Passau, wurde 1619 Gubernator
fürst. Er regierte bis 1632.

Kaiser
Ferdinands
ü. und Bischof
von
in Innsbruck
und 1625 Tiroler
Landes(Foto: Kunsthistorisches
Museum)

Als Abschiedsgeschenk überreichte
der
Oberstkämmerer
noch jedem einen Taler, der
Hofschneider und seine Gesellen gaben je ein Stück zusammengerolltes Tuch mit einem
Stück Leinwand dazu. Der Dank
für diese Wohltaten bestand in
dem Versprechen, „Gott für Ihrer Durchlaucht gesundes, langes Leben zu bitten", welches

jedem einzelnen der 13 lieber
war „als von einem andern etlich tausend Taler".
Eindruck hat es ihm schon gemacht, dem Philipp Hainhofer,
daß so ein erlauchter Landesfürst sich diesem symbolischen
Osterbrauch unterwarf, der allerdings für Erzherzog Leopold,
als ehemaligem Bischof von
Passau, durchaus geläufig war.
Und da Hainhofer diese Zeremonie der Fußwaschung am
Innsbrucker Hofe „mit Lust gesehen", wissen dankenswerterweise auch wir, wie derartiges
sich zugetragen hat.

VOR HUNDERT JAHREN
21. April: Im Tiroler Boten wird
festgestellt, wer zu den kommenden
Gemeinderatswahlen
wahlberechtigt
ist: „ . . . unter
der Voraussetzung der Gemeindeangehörigkeit: Alle, welche eine Grund-, Erwerb- oder
Einkommensteuer zahlen; dann
die wirklichen oder pensionierten Reichs-, Landes- oder Gemeinde-Beamten, ebenfalls vorausgesetzt, daß sie von ihrem
Gehalte eine Einkommensteuer
entrichten, und die Militär-Beamten; endlich jene Personen,
welche ihr Wahlrecht auf den
Besitz einer höheren Bildung
gründen, auch ohne Steuerzahlung, also die Doktoren, die
Professoren und Lehrer".
26. April: Auch vor hundert Jahren gab es Schwierigkeiten mit
der Kartoffelversorgung, dazu
eine Notiz des Tiroler Boten:
„Gestern wurden neue italienische Kartoffel auf dem Markte,
dann unter den Lauben und in
einem Gewölbe
feilgeboten.
Dieselben wurden konfisziert,
und, da sie der Stadtarzt als
gesundheitsschädlich
erklärt
hatte, vertilgt." W i e war letzteres gemeint?
10. Mai:
Unter
der
Rubrik
„Kundmachungen"
verlautbart
der Tiroler Bote: „Am 12. d. Mts.
zwischen 5 und 6 Uhr Abends
wurde auf dem Paschberge
oberhalb des s. g. Bretterkellers eine Kuh gefunden, welche
sich von einem Viehtrieb verlaufen zu haben schien. Der
Eigenthümer dieser Kuh wird
aufgefordert, seine Eigenthumsansprüche hieramts gehörig darzuthun, widrigenfalls mit derselben nach § 392 a. b. G . B.
verfahren werden würde. Der
k. k. Bezirkshauptmann: Hämmerle."