Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1937

/ Nr.4

- S.3

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Amtsblatt Nr.4
werden konnten. Gewisse körperliche und pfychifche
Mängel machten bei einer Anzahl von Kindern eine besondere Berücksichtigung im Schulbetriebe erforderlich,
so daß Befreiung oder Schonung von obligaten Gegenständen, wie vom Turnunterrichte, vom zum erstenmal
im Sommer 1936 für die ersten Klassen der Hauptschule
obligat eingeführten Schwimmunterrichte, sowie vom
Handarbeits-, Zeichen- und Gesangsunterrichte zu beantragen waren. Alle Schulkinder kamen im Laufe des
Schuljahres mindestens einmal Zur schulärztlichen Untersuchung. Kinder mit krankhaften Befunden wurden
einer besonderen Ueberwachung und einer Kontrolluntersuchung unterzogen.
Es wäre nun gewiß von Interesse, über die Größen,
Gewichts- und Ernährungsverhältnisse der Schüler statistische Aufzeichnungen zu bringen. Infolge der zeitraubenden Messungen und Wägungen und der mehr oder
minder komplizierten Verechnungsmethoden wurde im
Berichtsjahre davon abgesehen und nur eine Klassifizierung der Körperbeschaffenheit mit „gut — Mittel —
schlecht" vorgenommen. Nach dem allgemeinen Eindruck
läßt sich mit einiger Sicherheit sagen, daß in der Körperbeschaffenheit der Schüler gegenüber den letzten Erhebungen im Schuljahre 1929/30 keine wesentliche Aenderung vorliegen dürfte. Man wird daher nicht weit
fehlgehen mit der Feststellung, daß dermalen ungefähr
die Hälfte der Kinder einen mittleren und etwa 15 Prozent einen schlechten Körpergustand aufweisen, wobei
bei den Mädchen die Verhältnisse etwas günstiger liegen.
Ueberwachung, Elternverständigung
I n der Erfassung abnormer und krankhafter Befunde, die bei den Reihenuntersuchungen gewonnen
wurden, und in der Veranlassung zur Behebung der
vorgefundenen Mängel ist die spezielle praktische Aufgabe in der schulärztlichen Tätigkeit zu erblicken. Wie
aus der ziffernmäßigen Darstellung in der Tabelle
unter I hervorgeht, wurden im Berichtsjahre bei 1092
Kindern gesundheitliche Schäden neu festgestellt oder
solche Befunde, wo eine weitere Beobachtung über den
Verlauf einer Krankheit und eines Gebrechens sich im
gesundheitlichen Interesse des Kindes als notwendig
erwies, von früheren Feststellungen übernommen und
diese Kinder schulärztlich überwacht (Ueberwachungskinder). Nach Abzug der Fälle mit vernachlässigter Körperpflege ergeben sich bei rund 16 Prozent (bei Knaben
13, bei Mädchen 19) körperliche Schäden, wozu die mit
Haltungsfehlern und Wirbelsäuleverkrümmungen behafteten Kinder (in der Tabelle unter I I ) noch hinzuzunehmen sind. Ueber die relative oder absolute Häufigkeit gesundheitlicher Schäden unter der Schuljugend geben diese Zahlen keinen Aufschluß; die den Eltern schon
hinreichend bekannten und beeinflußten Dauerschäden,
wie etwa die durch Vrillenbeschaffung korrigierte Sehschwäche oder die durch Beschaffung von Einlagen beeinflußten Plattfüße, erfahren keine weitere Ueberwachung oder Verständigung, sondern sind nur mehr im
Gesundheitsscheine jeweils verzeichnet. Erst bei Aenderung solcher Befunde wird das Notwendige im gesundheitlichen Interesse durch Neuüberwachung und Elternverständigung veranlaßt.
Gesundheitliche Störungen, wie sie in der Tabelle
unter I und I I aufscheinen, gaben in 733 Fällen Anlaß zu einer Elternverständigung, die in der Regel auf
schriftlichem Wege erfolgt. Bei 797 Kindern unbemittel-

ter Eltern wurde eine zahnärztliche Behandlung an der
Schulzahnklinik veranlaßt. Es sind sonach insgesamt
1530 Kinder mit gesundheitlichen Schäden einer eingehenden ärztlichen Beobachtung und der fallweisen
notwendigen Behandlung zugeführt worden, wobei die
in den ärztlichen Sprechstunden ausgegebenen Verständigungen und die Zuweisungen zur zahnärztlichen Behandlung bei Privatzahnärzten noch nicht inbegriffen
sind. Kinder unbemittelter und nicht kassenversicherter
Eltern erhielten die Verständigung für die Ambulatorien der Klinik und bei spezifischen Lungenerkrankungen für die Tuberkulosenfürsorgestelle," Kinder bennttelter und krankenversicherter Eltern hingegen für
die frei praktizierenden Aerzte ohne namentliche Zuweisung. Bei den Überwachungsuntersuchungen war
festzustellen, daß die meisten Kinder den schulärztlichen
Anordnungen nachgekommen sind. Dieses erfreuliche
Ergebnis ist nicht zum geringen Teile auf das verstänomsvolle Mitwirken der Lehrpersonen zurückzuführen,
die durchwegs mit besonderem Interesse auch das gesundheitliche Wohl der Schuljugend verfolgen. Diefe
Tatfache verdient mit dankbarer Anerkennung hervorgehoben zu werden.
Körperpflege
Grob vernachlässigte Körperpflege und das Vorkommen von Nissen und Ungeziefer, die zwar keine Erkrankungen darstellen, aber unter Umständen gewisse
Krankheitserscheinungen bedingen können, erfordern
von feiten der Schule und des Schularztes besondere
Beachtung. Trotzdem versucht wurde, durch immer wiederholte Vorstellungen, Belehrungen und Mahnungen der
Kinder und damit auch der Eltern energische Abhilfe zu
schaffen, läßt sich dieses Schulübel nicht ausmerzen. Es
ist gewiß, auch unterstützt durch den so überaus wertvollen erzieherischen Einfluß mit dem während der
Heizperiode in Betrieb gestandenen Schulbrausebädern,
die leider aus Ersvarungsrücksichten mit Ende des
Schuljahres 1932/33 aufgelassen werden mußten, gegenüber früheren Jahren ein erfreulicher Fortschritt in der
Erziehung zur Reinlichkeit gemacht worden. Vor etwa
zehn Jahren hatte noch ein Viertel der Kinder in den
Volks- und Hauptschulen eine vernachlässigte Körperpflege aufzuweisen, während im Jahre 1932 nur mehr
10 Prozent der Knaben und 6 Prozent der Mädchen mit
mangelnder Reinlichkeit auffcheinen. Die einstens aufgestellte Behauptung, daß der Rest dauerhaft verwahrlost bleiben dürfte, scheint sich zu bestätigen. So war
denn auch im Berichtsjahre bei 9 Prozent der Knaben
und bei den Mädchen wohl infolge stärkerer Durchsetzung der Haare mit Nissen und Ungeziefer sogar bis
10 Prozent erhöht, eine vernachlässigte Körperpflege
( I , 1 der Tabelle) festzustellen; vielleicht wäre das Bild
ohne Wegfall der praktischen Reinlichkeitspflege durch
die Schulbraufebäder günstiger ausgefallen. Man macht
bei den schulärztlichen Untersuchungen, die in der Regel
ohne Wissen und überraschend für die Kinder durchgeführt werden, um sie im Naturzustand vorzufinden, oft
genug die Erfahrung, daß immer wieder dieselben
Kinder, aber auch Mädchen in den Entwicklungsjahren,
bei denen eine erhöhte Reinlichkeitspflege besonders geboten wäre, groben Schmutz, Nisse und auch Läuse aufweisen. So gibt es Kinder, die vom ersten bis zum letzten Schuljahre in der Körperpflege grob vernachlässigt