Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.2

- S.13

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13

Amtsblatt Nr. 3
die Raumnot in den Schuljahren 1931/32 und 1932/33
schier katastrophal werden würde und als im Zusammenhange mit der Aufnahme der Schweizer Stadtanleihe die Finanzierung gesichert schien, entschloß sich
der Gemeinderat zum Bau der Doppel-Haupt- und
Volksschule in Pradl. Der Bau wurde noch im Herbst
des Jahres 1931 begonnen. Das dem Bau zugrunde gelegte Projekt war nach eingehenden Studien und langwierigen Veratungen mit allen in Frage kommenden
Stellen und nach weitgehenden Abstrichen am ursprünglichen Bauprogramm zustande gekommen.
Seit dem Schuljahre 1933/34 ist in der Raumfrage
wohl eine kleine Entlastung eingetreten. So fehlen
z. B. im laufenden Schuljahre den Hauptschulen nur
mehr 14 Klassenzimmer. Der Rückgang der Klassenzahl
an den Hauptschulen ist aber auf Umstände zurückzuführen, die dem Gemeinderate im Zeitpunkte der Beschlußfassung über den Bau der Doppel-Haupt- und
Volksschule in Pradl nicht bekannt sein konnten, bzw.
deren Folgeerscheinungen er nicht ermessen konnte.
Diese Umstände sind:
1. Die Errichtung einer Privatmädchenhauptschule der
Barmherzigen Schwestern in der Falkstraße, die
von einem Teil der hauptschulpflichtigen Mädchen
besucht wird.
2. Die Errichtung der Hauptschule in Hötting, in die
ein Teil der am linken Innufer wohnenden Kinder
zwangsweise eingesvrengelt wurde.
3. Die Hinaufsetzung des durchschnittlichen Höchstbelages in den Haupt- und Volksschulklassen, zu der
man sich aus Ersvarungsrücksichten entschließen
mußte.
4. Die nach der Neufassung des Hauptschulgesetzes vom
Jahre 1934 durchzuführende Einreihung minder begabter Kinder, die bisher teilweise die V-Züge der

Hauptschule besuchten, in die Abschlußklassen der
Volksschule.
5. Die bedeutende Senkung der Schülerzahl an den
Volksschulen in den Jahren 1928 bis 1932, die jetzt
auch an den Hauptschulen zur Auswirkung kommt.
Aus allen diesen Gründen ist der Bau der DoppelHaupt- und Volksschule heute nicht mehr in dem gleichen
Maße dringlich, wie etwa vor drei Jahren; trotzdem
muß vom pädagogischen Standpunkte betont werden,
daß der gegenwärtige Zustand immer noch schwere
Mängel aufweist, die baldigst der Abhilfe bedürften.
Von diesen Mängeln seien besonders hervorgehoben die
durch die Raumnot in den bestehenden Hauptschulgebäuden erzwungene Unterbringung zahlreicher Klassen der
Hauptschulen in zum Teile weitabliegenden Volksschulgebäuden und die Zuweisung zahlreicher Schüler aus den
verschiedensten Stadtteilen in Klassen, die in weitent
fernten Schulgebäuden anderer Schulsprengel untergebracht sind. Dieser Zustand hat besonders in den
Elternkreisen begreiflicherweise Mißfallen erregt. Auch
die Unterbringung der Mädchenhauptschule I I im Volksschulgebäude Dreiheiligen, in dem normal nur für fechs
Klassen Platz ist, wird immer ein Notbehelf bleiben. Es
steht also außer Frage, daß die Errichtung der Pradler
Doppelhauptschule eine unabweisbare Pflicht der Ge>
meinde war und es ist weiters unbestreitbar, daß die
Vollendung dieser Schule auch noch heute eine Notwendigkeit wäre.
Wenn auch die schwer bedrängte finanzielle Lage der
Gemeinde es diefer unmöglich macht, den nahezu fertigen Bau im gegenwärtigen Zeitpunkte zu vollenden, so
wird doch die Elternschaft und jeder Schulmann wenigstens die Hoffnung bewahren, daß nach Ueberwindung
der herrschenden Krise das schöne Doppelgebäude in absehbarer Zeit seiner Bestimmung zugeführt werden
wird.

Vefuche das Otadttheaterl
Infektionskrankheiten!
Bestrafung bei Unterlassung der Beiziehung
eines Arztes
I m Sinne des Erlasses der Landeshauptmannschaft
für Tirol vom 12. Jänner 1935, Zl. Ild—10/3, wird
nachstehendes zur allgemeinen Kenntnis gebracht:
I n letzter Zeit kommt es nicht selten vor, daß bei
anzeigepflichtigen Erkrankungen (insbesondere an Diphtherie) der Arzt überhaupt nicht beigezogen wird. Da
in solchen Fällen ärztlicherseits keine Anzeige erstattet
werden kann, unterbleiben zunächst die behördlichen
Epidemie-Vekämpfungsmaßnahmen und es entstehen
Endemie oder gar Epidemien, die eine ernstliche Gefahr für die Volksgesundheit und auch den für unser
Land so wichtigen Fremdenverkehr bedeuten. I n einigen
Fällen ist die Behörde sogar erst dadurch auf das Bestehen von ausgedehnten Diphtherieepidemien aufmerksam geworden, daß bei der samtätsvoligeilichen Obduk-

tion von Kindern, die ohne ärztliche Behandlung gestorben waren, Diphtherie festgestellt wurde.
Die Nichtbeiziehung eines Arztes wird von den Eltern
gewöhnlich damit begründet, daß es ihnen unmöglich
sei, für die hohen Kosten der ärztlichen Behandlung aufzukommen. Diese Begründung kann aber nicht als stichhältig anerkannt werden, weil es u n t e r a l l e n U m ständen
und
b e d i n g u n g s l o s Pflicht der
Eltern ist, einem schwererkrankten Kinde die ärztliche
Hilfe angedeihen zu lassen, die Aerzteschaft bekanntlich
arme Fälle zu einem verbilligten Tarif oder umsonst behandelt, der Amtsarzt als das berufene Sanitätsorgan
der Gemeinde verpflichtet ist, jeden ihm gemeldeten
Infektionsfall sofort nachzugehen und schließlich arme
Kranke jederzeit auf Kosten der Zahlungspflichtigen
Faktoren zwecks Behandlung an die Infektionsabteilung des öffentlichen Krankenhauses abgegeben werden
können.
Die Nichtbeiziehung eines Arztes durch die Eltern
stellt somit eine nie zu verantwortende Unterlassung