Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1971

/ Nr.4

- S.3

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Erster Bürgermeister-Stellvertreter Hans Flökkinger (1946 — 1962). Ausschnitt aus einem
ö l p o r t r ä t von R a i m u n d Wörle, 1967, im Stadtarchiv.
(Foto: M . Hye)

Vertretungen (in Tirol) nach dem
Ergebnis der Landtagswahl bis
spätestens 1. Jänner 1946 zu konstituieren" haben. „Dadurch", so
heißt es in einem am 19. Dezember 1945 an die Bezirkshauptmannschaften ausgesandten Schreiben,
„sollen die Gemeinderäte und die
Gemeindevorstände
entsprechend
den demokratischen Grundsätzen
unserer wiedererstandenen Republik vorläufig eine solche Zusammensetzung erfahren, wie sie dem
bei der Landtagswahl vom 25. November 1945 zum Ausdruck gekommenen Volkswillen entspricht,
bis voraussichtlich im März 1946
das Volk zur Wahl seiner Vertreter
in den Gemeinden
aufgerufen
wird." Vorweg sei dazu bemerkt,
daß über ausdrücklichen Wunsch
der Bundesregierung im März 1946
noch keine Gemeinderatswahlen
abgehalten wurden (die ersten
Wahlen in den Innsbrucker Gemeinderat erfolgten am 12. März
bzw. 29. Oktober 1950).
Zufolge
dieses
Regierungsbeschlusses vom 6. Dezember 1945
hatte nun der kommissarische Bürgermeister die Vertreter der drei
von den Alliierten „anerkannten
demokratischen Parteien" zu sich
zu bitten und nach dem Wahlergebnis vom 25. November die proportionale Aufteilung der zur Besetzung kommenden Gemeinderatsmandate auf die einzelnen Parteien zu ermitteln, wobei die Gesamtzahl der Gemeinderatsmitglieder durch das Gemeindestatut von
1921 mit 40 festgelegt war.

Das Ergebnis der Landtagswahlen
lautete in Innsbruck:
ÖVP: 18.033 = 5 4 , 2 %
SPÖ: 13.738 = 4 1 , 4 %
KPÖ: 1.469 = 4 , 4 %
Demnach ergab sich für den Gemeinderat folgende Mandatsverteilung:
ÖVP - 22
SPÖ - 17
KPÖ - 1
In den folgenden Wochen brachten
nun die einzelnen Parteien die
Vorschläge für ihre Gemeinderatsvertreter ein. Verschiedene, von
der
Besatzung vorgeschriebene
Erhebungen machten es unmöglich, den vorgeschriebenen Konstituierungstermin (1. 1. 1946) einzuhalten. Erst am 13. 2. 1946 konnte
schließlich Bürgermeister Dr. Melzer der Landesregierung die vollständige Vorschlagsliste zur Genehmigung und Ernennung der einzelnen Gemeinderatsmitglieder übersenden. Doch noch in dieser Endphase wurden von seifen der französischen Militärregierung - Voizard
hätte viel lieber die Abhaltung
eigener Gemeinderatswahlen gesehen — erhebliche Schwierigkeiten gemacht, weshalb Dr. Melzer
sich brieflich an den Bundeskanzler Ing. Leopold Figi mit der Bitte
um Intervention wandte. Die Antwort des Bundeskanzlers datiert
vom 16. März 1946 — Wien. Ing.
Figi teilt darin mit, daß er von
General Cherriere die Zusage erhalten habe, daß dieser bei Gouverneur Pierre Voizard in Innsbruck dahingehend intervenieren
werde, „damit auch der Innsbrukker Gemeinderat auf Grund der
Wahlen vom November 1945 zusammengesetzt werden kann".
Am gleichen Tage, als der Bundeskanzler in Wien bereits diese Antwort absenden ließ, trat unabhängig davon die Sozialistische (Gemeinderats-)
Fraktion zu einer
Protestsitzung zusammen, bei der
in Form einer „Entschließung" u.a.
der Beschluß gefaßt worden ist:
„Die Sozialistische Fraktion ist in
keiner Weise mit der Verschleppungstaktik bezüglich der Einberufung des Gemeinderates einverstanden. Die Sozialistische Fraktion verlangt auf Grund des Wahlergebnisses vom 25. November
1945, daß der derzeitige, von der
Militärregierung eingesetzte Bürgermeister von der französischen
Militärregierung verlangt, daß endlich auch in Innsbruck, so wie in
den anderen Städten der Gemein-

derat ernannt und konstituiert werden kann. Die derzeitige Vertretung (Bürgermeisterkollegium) entspricht in keiner Weise dem Willen
des Volkes, bzw. dem Wahlergebnis vom 25. November 1945.
Die Sozialistische Fraktion verlangt
eine gemeinsame Aktion der politischen Parteien, weiche für die Besetzung des Gemeinderates von
Innsbruck in Frage kommen, bei
der französischen Militärregierung.
Die Vertreter der Sozialistischen
Fraktion sind der Ansicht, daß der
französischen Militärregierung klarzumachen ist, daß endlich auch in
der Gemeindevertretung von Innsbruck dem demokratischen Prinzip
Rechnung getragen wird und daß
es ganz unerträglich ist, daß weiterhin nach autoritären Grundsätzen die Gemeinde verwaltet wird."
Das kurz danach in Innsbruck eingetroffene, oben zitierte Schreiben
des Bundeskanzlers und die unterdessen zwischen General Cherriere
und dem Generalgouverneur Voizard erfolgte Kontaktnahme machten jedoch glücklicherweise eine
Realisierung der in dieser „Entschließung" geforderten
Schritte
überflüssig, doch gewährt diese
„Entschließung" als solche einen
sehr lebendigen Einblick in die
schwierigen Verhältnisse und in die
Stimmung jener Tage.
Die Folge dieser Verzögerungen
war es jedenfalls, daß der Innsbrucker
Gemeinderat
in ganz
Österreich der letzte war, der sich
nach
1945
neu
konstituieren
konnte, auf welche Tatsache Dr.
Melzer in seiner programmatischen
Ansprache am 4. April 1946 nach
seiner Wahl zum Bürgermeister
eigens hingewiesen hat.

Zweiter B ü r g e r m e i s t e r - S t e l l v e r t r e t e r Franz Kotter (1946 - 1950) Porträtfoto aus dem Archiv.

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