Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.2

- S.3

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Amtsblatt Nr. 3
Was versteht man unter Freiwilligen Arbeitsdienst (F. A. D.)?
Der F. A. D. wurde durch die Bestimmungen des Vundesgesetzes vom 18. August 1932. VGVl. Nr. 3N4, und die Verordnung
vom 10. April 1933, VGVl. Nr. 126, gesetzlich in Österreich eingeführt.
F. A. D. ist die freiwillige Betätigung von Arbeitslosen bei gemeinnützigen, zusätzlichen, also ohne F. A. D. n i c h t durchführbaren Arbeiten, die von der Industriellen Vezirkskommission zur
Durchführung im F. A. D. zugelassen werden. Der F. A. D. begründet kein versicherungspflicytiges Arbeitsverhältnis, der Arbeitsdienstlrillige er.rirbt also auch nicht das Recht zum Bezüge
der Arbeitslosenunterstützung nach beendeter Arbeit, auch nenn
die nötige Anzahl von Arbeitswochen in einem bestimmten Zeitraum vorliegen würde.
Der Bezug der Arbeitslosen- oder Notstandsunterstützung kann
nach Beendigung der Arbeit ohne weitere Wartezeit wieder aufgenommen werden, falls der Bezug bei Beginn der Arbeiten
vorlag.
Der Träger des F. A. D., im gegenständlichen Fall also die
Stadtgemeinde Innsbruck, erhielt für Arbeitsdienstwillige, die
zur Zeit der Bewerbung
2) im Bezüge der Arbeitslosen- oder Notstandsunterstützung standen, » eine tägliche Bauschvergütung (einschließlich der Sonnund Feiertage) von 8 2.5V,
b) aus dem Bezüge der Arbeitslosen- oder Notstandsunterstützung
noch nicht länger als ein Jahr ausgeschieden waren, eine tägliche Bauschvergütung von 6 2.—,
e) das 25. Lebensjahr noch nicht erreicht hatten und für welche
Punkt a) nicht zutraf, eine tägliche Bauschvergütung von
8 2— durch Vermittlung des Arbeitsamtes und der Industriellen Vezirkskommission von der Buchhaltung der Tiroler
Landeshauptmannschaft überwiesen. Der Bezug der Arbeitslosen- oder Notstandsunterstützung ruht auf die Dauer der
Zugehörigkeit zum F. A. D. Die Bauschvergütung wird für
einen Arbeitsdienstwilligen nur auf die Dauer von 280 Tagen
innerhalb der letzten zwei Jahre gewährt.
Für Arbeitsdienstwillige, welche den Bedingungen der Punkte
ä), b) und o) nicht entsprachen, also z. B. schon länger als ein
Jahr ausgesteuert, innerhalb der letzten zwei Jahre mehr als
280 Tage beim F. A. D. beschäftigt waren oder die Altersrente
bezogen, wurde keine Bauschvergütung gewährt. Trotzdem beschäftigte die Stadtgemeinde Innsbruck ungefähr 7 Prozent solcher Arbeiter.
Leistungen der Stadtgemeinde als Träger des F. A. D.:
2) Entlohnung der Arbeitsdienstwilligen:
Die Entlohnung der Arbeitsdienstwilligen erfolgt nach Schichten, wobei Sonn-, Feier- und Regentage mitgezahlt werden. Die
wöchentliche Arbeitszeit hat 48 Stunden zu betragen. Die an
Feier- und Regentagen entfallenden Arbeitsstunden waren in
derselben Woche von denselben Arbeitern möglichst einzubringen.
Die Löhne wurden vom Stadtbauamt errechnet und ausbezahlt.
I. Mitarbeitende Siedler im F. A. D.:
1. Hilfsarbeiter: Grundlohn 8 2.50 je Tag; dies ergibt also eine
wöchentliche Entlohnung von 8 17.50.
2. Gelernte Arbeiter: Grundlohn 8 2.50 je Tag, ProfesfionistenZulage 8 1.— je Werktag; dies ergibt also eine wöchentliche
Entlohnung von — 23.50.
Die mitarbeitenden Siedler im F. A. D. erhielten k e i n Bekleidungspauschale, da sie ja die eigentlichen Nutznießer der
Bauten sind.
I I . Nichtsiedler im F. A. D.:
1. Hilfsarbeiter: Grundlohn 8 2.50 je Tag, Vekleidungspauschale 8 4.— je Woche; dies ergibt also eine wöchentliche
Entlohnung von 8 21.50.
2. Gelernte Arbeiter: Grundlohn 8 2.50 je Tag, Professionistenzulage 8 1.— je Werktag, Vekleidungspauschale 8 4.— je
Woche; dies ergibt also eine wöchentliche Entlohnung von
8 27.50.
Jeder Arbeitsdienstwillige, ob Siedler oder Nichtsiedler, erhielt
außerdem bis zum 4. Oktober 1934 wöchentlich nach Wunsch
Rauchwaren, Brot, Schokolade usw. im Wert von 8 —.60.
Der ständige Nachtwächter aus dem F. A. D. erhielt zum Hilfsarbeiterlohn eine wöchentliche Zulage von 8 5.—.
Das sogenannte Bekleidungspauschale wurde nicht wöchentlich

in bar ausbezahlt, sondern erst nach achtwöchiger Arbeitsdauer
und hatte den Zweck, einen allzu starken Wechsel unter den
Arbeitern zu verhindern. Traten Arbeiter vorher aus, ohne eincn
Grund angeben zu können oder wurden sie wegen Faulheit o)er
dergleichen abgebaut, so erlosch der Anspruch auf das Vekleidungspaufchale.
Das Bekleidungspauschale, ursprünglich 8 4.— pro Woche, also
8 32.— nach 8 Wochen, n.urde am 12. Juli 1934 für die Hilfsarbeiter auf 8 3.—, also 8 24.—, nach 8 Wochen vermindert. Es
wurde nur zum Einkauf vcn Waren, zur Auslösung von Pfandscheinen, Zahlung von rückständigen H.ieten uf.^. gegen sofortige
Beibringung der Rechnungen ausbezahlt.
d) Soziale Lasten:
Die Stadtgemeinde Innsbruck bezahlte für die Arbeitsdienstwilligen die Beiträge zur Krankenversicherung und zum Unterstützungsfonds gemäß Lohnklasse V I (8 1.50 je Woche) so. ie
zur Unfallversicherung (3 —.(.6 je Tag, Sonn- und Feiertage mitgerechnet) mit einem Beitragssatz von 8 4.05 je 8 100.— anrechenbare Lohnsumme.
Am 18. April 1934 erfolgte die öffentliche Ausschreibung der
Erd-, Beton-, Maurer-, Verputz-, Isolier- und Versetzarbeiten;
die Einheitspreise waren getrennt nach Ausführung mit vollbezahlten Arbeitern und mit F. A. D. anzubieten. Bei der Ausführung mit F. A. D. übernimmt die Stadtgemeinde Innsbruck
die vollständige Entlohnung der Arbeitsdienstwilligen und trägt auch
alle sozialen Lasten, so daß der Unternehmer die Anleitung d°r
Arbeiter und die Aufsicht besorgt.
Am 25. April 1934 wurde dem Anbotsteller mit der geringsten
Anbotsumme der Auftrag übergeben. Am 30. April 1934 wurden
die Bauarbeiten begonnen.
Die öffentliche Ausschreibung der übrigen Bauarbeiten erfolgte
am 28. Mai 1934, wobei die Ausführung der Zimmerer-, Tifchkrund Anftreicherarbeiten wieder getrennt nach Ausführung mit
vollbezahlten Arbeitern und mit F. A. D. anzubieten, die Dachdeckerarbeiten mit Beihilfe des F. A. D. und die Spengler- und
Glaserarbeiten sowie die Herstellung der Wasserleitung mit vollbezahlten Arbeitern anzubieten waren.
Die Vergebung dieser Bauarbeiten erfolgte durch den Herrn
Regierungskommissär Franz Fischer zwischen dem 5. Juni und
dem 12. Juli 1934. Die Herstellung der Hauswafserleitungen
vom Hauptstrang bis zum Wassermesser im Haus wurde wie nblich vom städtischen Kanalbauamt ausgeführt; ebenso die kurze
Leitung samt Auslaufhahn ab Messer.
Die Lieferung der Herde und Oefen, das Ausmalen der Räume,
die Elektroinstallation gehörten nicht zu den Leistungen der
Stadtgemeinde, sondern waren Privatsache der Siedler.
Mit der Ausführung dieser Bauarbeiten wurden meistens je
zwei Unternehmer betraut.
Die gesamten Bauarbeiten wurden am 7. November 1934 beendet. 10 Siedler waren schon am 1. Oktober, 10 Siedler iraren
im Laufe des Monats Oktober 1934 in den zugeteilten Häusern
eingezogen. Die Siedler hatten sich untereinander über die Zuteilung der einzelnen Häuser geeinigt, so daß eine Verlosung
unterbleiben konnte.
Inzwischen war auch am 30. September 1934 vom Elektrizitätswerk Innsbruck im Auftrag des Herrn Regierungskommissärs
Franz Fischer der Anschluß an das städtische Stromverteilungsnetz
vollzogen worden.
Es folgt nun eine Aufstellung der Gesamtkosten für die Herstellung:
1. der Siedlerstraße,
2. der Hauptwasserleitung für beide Siedlungen,
3. der 20 Eiedlerhäuser mit Dachgeschoßausbauten,
4. der Stromzuleitung durch das E. W. I . bis zum Anschlußkasten, ohne die Hausinstallationen.
Die Kosten der Geländeaufnahme durch das städtische Vermeffungsamt, Ausarbeitung des Teilungsplanes, Absteckung der
Parzellen, Planverfassung für die Siedlerhüufer, Aufstellung der
Leistungsausweife sowie die Kosten der Bauleitung usw. wurden
in die Baukosten nicht einbezogen, da sie von der Stadtgemeinde
Innsbruck als allgemeine Verwaltungsausgaben getragen werden.
Die Kosten der Siedlerstraße und Hauptwasserleitung sowie
der Veitrag der Stadtgemeinde zu den reinen Baukosten wurden
als „Außerordentliche Ausgaben" des Jahres 1934 gebucht, n. erden jedoch durch die Anliegerbeiträge und Pachtzinse in Monatsraten zurückerhalten.