Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1967

/ Nr.5

- S.6

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Anilsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

der großen Orgel der Wiltener Stiftskirche. Nogg, bekannt ob seiner brillanten Technit und enorm musitalijlyen Interpretation, hat seit I l l l i i in fast allen westeuropäischen Staaten, in den USA und Kanada Proben seines Könnens zum besten gegeben. Seine Schallplattenausnahmen der gesamten Orgelliteratur Bachs
haben ihn in aller Welt bekannt gemacht. Auf der
Stiftsorgel spielte Nogg Werke von Vuxtehude, Frescobaldi, Peraza, Hindemith, die lì Schüblerchoräle und
Präludium und Fuge D-dur von Johann Sebastian

Nach.
Am Pfingstsonntag, den 14. M a i , zelebrierte Herbert Tachezi in einer eigenen Orgelfassung Bachs
großartiges Werk „Die Kunst der Fuge". Dieses i n
Konzerten selten zu hörende Oeuvre offenbart in letzter Tiefe das kompositorische Genie des Thomaskantors. Das gestellte Urthema zieht durch 17 Fugen hindurch, angefangen uon einfachen Fugen, über Gegenfugen, mehrfache Fugen, kanonische Fugen bis zu den
den kompositorischen und satztechnischen Höhepunkt
bildenden Spiegelfugen. Neben vollendeter Beherrschung des Technischen erfordert dieses Werk großes
Einfühlungsvermögen in den Geist der Kompositionskunst Bachs, um es stilgerecht interpretieren zu können. Pros. Tachezi besitzt diese Voraussetzungen in
höchstem Maße. Viele Erfolge im I n - und Ausland,
verschiedene Preise, erst 1965 hatte er den TheodorKörner-Preis erhalten, sind Stationen seines Aufstiegs zur Weltspitze. Auch als Komponist, er schrieb
Orgel-, Klavier-, Kammermusik- und vor allem Chorwerke, ist er in der Fachwelt bekannt und geschätzt.
M i t Jörgen Ernst Hansen aus Kopenhagen war ein
weiterer Vertreter der Weltelite gewonnen worden.

Auch er gehört wie Tachezi und Nogg zur jüngeren
Generation und ist durch seine Konzerte und Nundsu iitsendAngen in Skandinavien und Westeuropa de.
lannt geworden. Sehr häufig konzertiert Hanscu iu
Frankreich, wo er durch seine Echallplallenaufnalimen
zahlreiche Freunde gefunden hat. I n Willen stellte er
sich in einem Konzert am Pfingstmontag, den 15. M a i ,
vor. Das Programm enthielt Werke norddeutscher,
skandinavischer und englischer Meisler, wie Nadect,
Tunder. Weckmann, Vuxtehude, Leif, Thybo, Stanley
und Voyce. Den krönenden Abschluß bildete Bachs
Passacaglia c-Moll.
A m Psingstdienötag, den 16. M a i , spielte Herbert
Tachezi auf der Orgel der I g l e r Pfarrkirche Werke
von Frescobaldi, M u f f a i , Pachelbel, I . F. K. Fischer,
I . T. Bach, Neger und Schiste, eine reizvolle Gegenüberstellung der süddeutschen Orgelliteratur zu der
von Hansen interpretierten norddeutschen. Als grandioses Finale der Konzerte muß man Tachezis freie
Improvisation über das gegebene Thema „Spiritus
D o m i n i " aus dem I n t r o i t u s des Pfingstsestes bezeichnen.
Unsere Stadt lag in diesen Tagen abermals, eingedenk ihrer historischen Sendung und Aufgabe, im
Schnittpunkt der Orgelkultnrtreise des Südens und
Nordens. Sie hat es wiederum verstanden, südliche
und nördliche Elemente zu einer harmonischen Einheit
zu verbinden. Zahlreiche Besucher folgten mit großem
Interesse den meisterhaften Darbietungen auf dem
..köinglichen Instrument" uud erbrachten damit einen
Beweis ihrer Verbundenheit mit der „Orgelstadl
Innsbruck".
Hans Erhardt

Der Besuch von Gabriel Marcel in Innsbruck
Die Aufführung eines der letzten Theaterstücke von
Gabriel Marcel, „Die Wacht am Sein", durch das
Theater 1l)7 war der Anlaß zu dem Besuch des französischen Philosophen in Innsbruck.
Natürlich war es für uns eine besondere Ehre,
einen M a n n begrüßen zu dürfen, dessen philosophisches Werk zu den bedeutendsten unserer Zeit gehört.
Das „Metaphysische Tagebuch", „Sein und Haben",
„Das Mysterium des Seins", „Theater und Neligion",
„Die Menschenwürde" — um nur einige seiner Werke
zu nennen — stehen am Nande seines Weges, der vom
Nachdenken über das Sein bis zu sozialen und politischen Problemen führt. Es wäre Vermessen, diese P h i losophie in einigen Zeilen definieren zu wollen" nm
so mehr als Gabriel Marcel sich immer gegen die Einordnung in ein starres System gewehrt hat. Eharakleristisch für ihn ist vielleicht vor allem das menschliche
Erleben! ein ständiges Offensein und ein ständiges
In-Frage-Slellen der Dinge! „ I n der Philosophie
lann eine ^ösnng niemals endgültig sein", schreibt er.
Dar»», nie,idol er sich mit solcher Aufmerksamkeit der
Wel! ,",!,, ocm körperhaften, der Existenz der einzelnen Mcnschcn, aber gleichzeitig w i l l er über das

Menschliche hinaus in uuserer Existenz eine ontologischo Transzendenz aufspüren. Sein Denken ist also
eine Existenzphilo"sophie uud gleichzeitig eine Philosophie des Seins, niemals jedoch eine Abstrattion,"
denn Gabriel Marcel lehnt jeden philosophischen
Idealismus ab. Ein Werk verdient nur dann philosophisch genannt zu werden, wenn man in ihm den „Biß
des Nealen" erkennt.
Das „Was bin ich? führt aber zum „Was sind
w i r ? " ! „Eine verborgene Stimme, der ich nicht
Schweigen gebieten kann, versichert mir, daß wenn
die anderen nicht sind, auch ich nicht bin." Diese Philosophie beruht auf dem Verhältnis der Menschen
untereinander, auf der Beziehung von Dn und Ich,
. D a s liültigste philosophische Denken schein! mir am
Angelpunkt zwischen dem eigenen Ich nnd dein ande
ren zu liegen." Darnm sind in seinem Wert die Begriffe Liebe und Freundschaft, Communio und Treue.
Bereitschaft nnd Hingabe, Weigerung und Ansprech
barkeil so wichtig. Darum war es ihm auch ein Be
diirfnio. Theaterstücke zu schroibcn! nichl, um doii,,
philosophische Gedanken anzi,wenden, soudc»!, um ami,
hier das Erlebnis des Sein^ und der mcnlclilnl,eu Be