Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.4

- S.9

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Amtsblatt Nr. 4
Tirol gefunden. Diefe Schweine stammten aus einem
Mastbestand aus dem Bezirk Kitzbühel. Es ist damit
der Beweis erbracht, daß auch bei Schweinen aus Tiroler Zuchten die Gefahr einer Trichineninvasion nicht
von der Hand zu weisen ist, was um so mehr Zu bedenken gibt, als schon gleich bei Einführung der Zwangstrichinenschau die Forderung auftauchte, Schweine und
Schweinefleisch Tiroler Abstammung von der Untersuchung auf Trichinen als unnotwendig auszunehmen.
Die Verlegung des Fleischgroßhandels in die Fleischgroßmarkthalle im Schlachthof machte die Beschau- und
Trichinenuntersuchungsstelle im Fleischbankgebäude überflüssig. Der Veschautierarzt und die Trichinenschauer
übersiedelten in die ihnen zugewiesenen Räume im
Schlachthof. War die Vereinigung der Veterinäramtsund Schlachthofleitung in einer Hand schon früher erfolgt, so fiel nunmehr auch die örtliche Trennung, was
im Interesse des Dienstes begrüßenswert war.
I m Jahre 1931 legte der Leiter des Veterinäramtes
und des Schlacht- und Viehhofes Herr Oberveterinärrat
Richard Strohschneider nach 32jähriger Dienstzeit seine
Stelle in die Hände des Bürgermeisters zurück. Viel
Schönes mag ihm sein Beruf gebracht haben, aber noch
viel mehr Bitteres; denn wie er selbst schreibt, war Enttäuschung der Grund seines betont freiwilligen Ausscheidens aus dem aktiven Dienst. Stets hat er nur das
Beste gesucht und gewollt, wie es bei seiner Natur und
Sinnesart auch nicht anders zu erwarten war. Möge
ihm der Ruhestand noch viele glückliche und sorgenlose
Jahre erleben lassen.
Mit den Geschäften im Schlacht- und Viehhof und im
Veterinäramt wurde nunmehr Veterinärrat Dr. Heinz
Zoller betraut.
Den neuen Leiter und seine Mitarbeiter erwartete
Arbeit in Hülle und Fülle. Die Durchführung der
Erneuerungsarbeiten in baulicher Hinsicht, der Straßenumbau> die Umstellung des Gesamtbetriebes in personeller Hinsicht und anderes mehr fallen in diese Zeit.
Eine umwälzende Neuerung wurde durch Einführung
der elektrischen Betäubung bei Schweinen getroffen
(1931). Bei Eröffnung des Schlachthofes bediente man
sich zwar nicht mehr der ganz veralteten Methoden des
Keulenschlages, sondern verwendete den Schlagbolzenavvarat, der späterhin vom Schermerschen Schußapparat
ersetzt wurde. Bei der Beweglichkeit der Schweine hafteten allen diesen Methoden gewisse Mängel an und es
war fast nicht zu vermeiden, daß dann und wann ein
Fehlschlag vorkam. Schon Jahre hindurch befaßte sich
der Berichterstatter mit dieser Frage, ohne zu einem greifbaren Schluß zu kommen. Die ersten Versuche der elektrischen Betäubung wurden an deutschen Schlachthöfen
durchgeführt. Sie wurden von ihm weiter verfolgt. I m
Jahre 1931 ließ er einen solchen Apparat versuchsweise
aufstellen und die Erfolge waren so ermutigend, die
Handhabung des Apparates so einfach, daß er sich im
Einvernehmen mit dem damaligen Ausschuß Zum Ankauf entschloß. Seit dieser Zeit ist eine Auswechslung
oder nennenswerte Erneuerung nicht notwendig gewesen. Wie erwähnt, ist die Durchführung der Betäubung sehr einfach, billig und, was ausschlaggebend ist,
äußerst human. Durch den Kopf des Schweines wird
ein Niedervoltstrom (ungefähr 50—60 Volt) durchgeführt, der das Tier für die Zeit von 3—4 Minuten

bewegungs- und gefühllos macht. Es ist somit Zeit genug
gegeben, die Entblutung durchzuführen. Wird aus irgend
welchen Gründen das Schwein nicht gestochen, so erwacht
es nach dieser Zeit und zeigt vollkommen normales Verhalten. Die Einführung der elektrischen Betäubung für
das übrige Stechvieh und das Großvieh scheitert derzeit an
den hohen Kosten, die eine solche Anlage verursachen
würde, doch wird sie weiterhin im Auge behalten.
Das Ueberangebot von Vieh inländischer Herkunft —
auch unser Vaterland hatte sich in der Zwischenzeit erholt — machte eine Regelung des Viehabsatzes notwendig. Zu diesem Zwecke wurde Ende 1931 das Viehverkehrsgesetz vom Bunde beschlossen und zur Durchführung hinausgegeben. Zu den abschließenden Verhandlungen wurde der Berichterstatter über Wunsch der
Viehvermittlungsstelle des Landeskulturrates nach Wien
berufen. Alle größeren Konsumorte mit Schlachthöfen
bilden sogenannte geschützte Märkte, mit anderen Worten, die Anlieferung von Schlachtvieh wurde überwacht
und beschränkt. Die erhobenen Einwendungen gegen die
Einführung einer so tiefgreifenden Maßnahme wurden
nicht anerkannt. Es war vorauszusehen, daß die Auswirkung für die Schlachthöfe und für die Schlachtviehmärkte keine günstige sein konnte, weil der reguläre
Handel durch die Verordnung weitestgehend eingeschränkt wurde.
Der Umschwung der wirtschaftlichen Verhältnisse in
den landwirtschaftlichen Betrieben (Not der Vergbauern)
und die steigende Arbeitslosigkeit, insbesondere in den
Wintermonaten, zwangen sowohl den Bund, wie die
Stadtgemeinde zu außerordentlichen Maßnahmen. Durch
Bundeshilfe wurde den Bauern das überschüssige Vieh
abgenommen und der Versuch gemacht, den Preis für
diese landwirtschaftlichen Produkte in einer annehmbaren Höhe zu erhalten. Die Preisstabilität zu erhalten,
ist nur zum Teil gelungen. Ein augenscheinlicher Umschwung kann erst dann eintreten, wenn die Ausfuhr
des überschüssigen Nutzviehes in die früheren Absatzgebiete ermöglicht wird. Mit dem Eintritt normaler
Handelsbeziehungen zu den Nachbarstaaten regelt sich
die Preisfrage unmittelbar zugunsten unserer Wirtschaft.
Das vom Bund aufgekaufte Vieh wurde zu Fleisch
verarbeitet und an die minderbemittelte Bevölkerung
zum Teil kostenlos, zum Teil verbilligt abgegeben und
damit die Not der Arbeitslosen gelindert. Die Stadt
ihrerseits errichtete in den Schlachthofanlagen eine Suppenküche, um im Rahmen des Winterhilfswerkes an
die Minderbemittelten und Unbemittelten Suppe abgeben zu können. Das verkochte Fleisch stammt ausnahmslos von Rindern Tiroler Herkunft und wird teils
von der bodenständigen Händlerschaft, teils vom Landeskulturrat aufgebracht. Es wird damit wiederum der
notleidenden Tiroler Vergdauernschaft ein Dienst erwiesen. Mit der praktischen Durchführung, Ausgabe und
Verrechnung der vermiedenen Aktionen wurde die
Schlachthofleitung betraut. I n den letzten Jahren wurde
für das Winterhilfswerk der Stadt auch die Freibank
herangezogen. Viele Tausende von Kilogramm Fleisch
wurden zu herabgesetzten Preisen an die mit Ausweis
des Wohlfahrtsamtes beteilten Personen abgegeben.
Reibungslos und zur Zufriedenheit aller wickeltesichdie
Verteilung ab.
(Fortsetzung folgt.)