Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.4

- S.6

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Amtsblatt Nr. 4
Vater des Gedankens der nachmalige Vizebürgermeister V. Zösmayr. Wie günstig und segensreich sich diese
Einrichtung auswirkte, bewiesen die folgenden Jahre.
Insbesondere für die Belebung des Marktes war die
Einführung der Viehmarktkasse von unschätzbarer Bedeutung.
Zur Erläuterung des Schlachtviehverkehrs im Eröffnungsjahr 1910 sind beifolgend die Vefchickungsgiffern
genannt: Es wurden 5605 Rinder, 1297 Kälber, 7124
Schweine und 615 Schafe der Schlachtung zugeführt.
Als Auftriebsgebiete scheinen die Kronländer Tirol,
Salzburg, Oberösterreich, Steiermark, Kärnten, Kram
und die Länder Ungarn, Kroatien und Bosnien auf.
Der weitaus größte Teil der Mastochsen stammte aus
Kroatien. Die Qualität war gut. Es wurden von den
Rindern 59.87 Prozent Ochsen, 25.17 Progent Stiere
und nur 14.96 Prozent Kühe geschlachtet.
Wert und Bedeutung in veterinärpolizeilicher Hinsicht erlangte die neue Anlage, als eine große Seuchenwelle über die gange Monarchie sich ausbreitete. Die
Beschaffung von Fleisch für die Stadt, von vorneherein
ein Sorgenkind jedes größeren Gemeinwesens, wäre
in Frage gestellt gewesen, wenn der neue Schlacht- und
Viehhof noch nicht in Betrieb gewesen wäre. Bei Großvieh wütete die Maul- und Klauenseuche, bei Schweinen
die Schweinepest. Aus veterinärpolizeilichen Gründen
mußte der gesamte Viehverkehr auf das Notwendigste
eingeschränkt werden und nur Schlachthöfe, die die Gewähr einer raschen Seuckentilgung gaben, konnten auch
mit Schlachtvieh aus verseuchten Gebieten beschickt werden.
!
"
Aber nicht allein der Beschaffung von Fleisch und
dem Schütze der heimischen Landwirtschaft dienen die
Scklacht- und Viehhöfe. Die Abwicklung des Schlachtviehhandels erfolgt in ihnen. Konnten doch schon in den
ersten Jahren des Bestandes unseres Schlachthofes die
Handelsbeziehungen bedeutend erweitert werden, was
ohne eine sanitär und Veterinär einwandfreie Anlage
nie möglich gewesen wäre. Die Vielseitigkeit der Aufbringungsgebiete für Schlachtvieh gewährleistete auch
einen gerechten Ausgleich im Fleischpreis.
Die vornehmste Aufgabe der Schlachthöfe im allgemeinen ist aber, wie schon einmal erwähnt, die Hygiene.
Hier kann nur ein zentral geführter Betrieb mit Massenumsatz die notwendigen Mittel aufbringen, um einen
durchschlagenden Erfolg zu erzielen. Daß die Führung
des Innsbrucker Schlacht- und Viehhofes keine Mittel
unversucht ließ.und stets alle Neuerungen und Vorkehrungen anwendete, um dieses hohe Ziel zu erreichen,
beweist der Erfolg. Nur dann, wenn aus äußeren Gründen den Forderungen der neuzeitlichen Fleischuntersuckmna nickt Folge geleistet werden konnte, traten Unglücksfälle auf. (Siehe tödliche Erkrankungsfälle nach
Genuß trichinösen Fleisches.)
Ein Probe der Gediegenheit der technischen Einrichtungen konnte die Anlage in den Kriegsjahren ablegen. Sckon anfangs des Jahres 1915 beanfvruchte die
Etapvenschläckterei den Schlachthof für ihre Schlachtungen. Welche Anforderungen an ihn gestellt wurden, kann
man sich ausmalen, wenn man bedenkt, daß jahrelang
betriebsfremde Schlächter in den Hallen schalteten und
walteten.
Der Gedanke, eine Verwertungsmöglichkeit der anfallenden Konfiskate und der Abfallstoffe aus dem
Schlachthof und der Wasenmeisterei gu finden, beschäf-

tigte den Schlachthofleiter schon gu Anfang seiner
Tätigkeit. Er hat in einer Kurgen Studie schon vor
Eröffnung des Schlacht- und Viehhofes auf die
Vorteile einer thermochemischen Kadaver-Verarbeitung hingewiesen, konnte jedoch mit seiner Absicht,
eine solche Anlage in der neuen Wasenmeisterei
unterzubringen, nicht durchdringen. Erst in den
Kriegsjahren (1915) wurde an die Errichtung einer
Tierkörperverwertungsanlage geschritten, um in diesen
schweren Zeiten die durch Verarbeitung entstehenden
hochwertigen Futterstoffe einer günstigen Verwertung
zuführen zu können. Die Anlage wurde in das schon
einmal erwähnte Schweineschlachthausprovisorium eingebaut, was von vornherein ein Fehlgriff war, weil
vorauszusehen war, daß der Apparat nicht geruchlos
arbeiten wird. Die Geruchsplage wirkte sich späterhin
auch sehr ungünstig aus und war mit ein Grund, die
Anlage aufzulassen. Eine zweite, für den Schlachthof
noch unangenehmere Lage trat ein, als die Kadaververwertungsanlage der Tummelplatz von Ratten wurde.
Auch war in den Nachkriegsjahren die Nachfrage nach
dem erzeugten Blut- und Kadavermehl immer geringer
geworden, so daß die Anlage als verlustbringend aufgegeben werden mußte (1924).
Die Verwertung der anfallenden Konfiskate und Kadaver blieb weiterhin ein Sorgenkind der Schlachthofleitung.
Die Vernichtung der an sich hochwertigen Stoffe durch
Vergraben ist Vergeudung und vom hygienischen Standpunkt aus betrachtet nur ein Notbehelf. Die vollkommenste unschädliche Beseitigung ist die Verbrennung. Der Verfasser bemühte sich um die Errichtung
eines Verbrennungsofens und konnte den Schlachthofausschuß von der Zweckdienlichkeit einer solchen Ein»
richtung auch überzeugen, so daß der Beschluß zur Erbauung bereits gefaßt wurde und vorliegt. Die Verwirklichung scheiterte jedoch an der ungünstigen finanziellen Lage der Gemeinde, die die Kosten (ungefähr
30.000 8) für eine solche Anlage nicht aufbringen
konnte.
Durch die Errichtung von Pelztierfarmen in der näheren und weiteren Umgebung der Stadt wurden neue
Verwertungsmöglichkeiten geschaffen, die sich anfangs
allerdings nur auf gesundes Material bezogen (Tragsäcke, Föten, Geschlechtsteile der Schlachttiere. Blut und
dergleichen), späterhin aber auch auf infektiöse Stoffe
(tuberkulöse Organe) und auf mit Parasiten verunreinigte und aus diesem Grunde beschlagnahmte
Konfiskate ausgedehnt werden konnte, als eine Farm
sich eines Autoklaven zur Vernichtung gefährlicher
Keime bediente. So kann heute ein Großteil der anfallenden Konfiskate an die Farmer zu Futterzwecken abgegeben werden, was vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus zu begrüßen ist.
An die Verwertung des Wampendüngers wurde auch
schon gedacht, doch sind die Kosten einer Trockenanlage
derart hoch, daß sich die Verarbeitung derzeit als nicht
gewinnbringend erweist.
I m Jahre 1916 wurde der freie Schlachtviehhandel
eingestellt und die Zwangsbewirtsckaftung trat an seine
Stelle. Der Schlachthofbetrieb wurde dadurch nur infoferne beeinflußt, als die Zahl der Schlachtungen zunahm. Für die Bevölkerung war diefe Zwangsmaßnahme von katastrophaler Wirkung. Das Fleisch wurde
mit einem Schlage rar. Das Schlachtvieh, das in den
Schlachthof zur Schlachtung gebracht wurde, diente zum