Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1962

/ Nr.4

- S.2

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Amtsblatt der Landeskcniptstadt Innsbruck

gefällig errichtete Notbrücke dient den Neugierigen
geradezu als Zuschauerlüge für den Brückenbauplatz.
Die Arbeiten scheinen zügig vor sich zu gehen. Die
Zufahrtsstrecke Museumstraße—Sillbrücke mit der
Rhomberg-Geschäftsreihe bildet derzeit eines der modernsten Straßenstücke der Stadt. Die Straßenuerbreiterung vor der Eisenbahnunterführung durch eine
Rückverlegung der Gartenmauer des Scheuchenstuel"schen Waisenhauses ist ebenso begrüßenswert, wie jene
i n der Pembaurstraße entlang des Hörtnagl"schen
Obstangers.
Kevine Zierde der Straßenbilder sind — wie allerdings auch in anderen Städten — die zahlreichen, an
den Straßenrändern parkenden Autos. Es ist heute
oft schon unmöglich, irgendein berühmtes Gebäude
oder Denkmal ohne herumstehende Kraftwagen zu
photographieren. Möglich, daß sich dieser Zustand
auch einmal im Sinne des spanischen Philosophen
Ortega von selbst erledigen wird, indem eine Höchstzahl von Fahrzeugen sich selbst am Vorwärtskommen
behindern w i r d .
Der zahlreichen Wohnhaus-Neubauten kleineren
und größeren Ausmaßes, die da und dort aus dem
Voden wachsen, kann hier nur summarisch gedacht

Nummer

werden. Sie sind in jedem Falle begriißenc"UN"N. da
sie immer wieder eine Verringerung der Wohnungsnot bedeuten. Die größte Umgestaltung in dieser
Hinsicht erfuhr wohl die Neichenau. Innsbrucker, die
noch vor wenigen Jahrzehnten dem bescheidenen Flugbetrieb am Neichenauer Flugplatz zusahen, würdeil
sich heute schon wegen der neu angelegten Straßen.
Häuserblocks und Geschäfte kaum mehr zurechtfinden.
Auch mehrere Bauvorhaben von allgemeinem Interesse schreiten bemerkenswert vorwärts, wie das Vetagtenheim, das 2. Vundes-Realgymnasium und das
Studentenheim bei der Neuen Universität. Auch der
höchst dringliche Neubau der chirurgischen Klinik wurde
bereits in Angriff genommen. Nicht unerwähnt soll
schließlich noch die Errichtung des Alpenzoos bei der
Weiherburg bleiben, wo das vom Winierschlaf erwachte Värenpaar hoffentlich schon bald die I n n s brucker Jugend durch seine munteren Spiele erheitern
wird.
Das Ostergeläute m i t den wohltönenden Glocken
der alten Innsbrucker Kirchen wird bereits in einigen
Randsiedlungen durch die hellen Stimmen der Glöcklein uuf den Türmen neuer Gotteshäuser ergänzt und
verstärkt.

Dr. K. Sch.

Vor 10 Jahren ist Josef Leitgeb gestorben
" 17. August 1897, f 9. A p r i l 1952
I n diesen Apriltagen gedenkt das kulturelle I n n s bruck i n besonderer Weise seines vor 10 Jahren verschiedenen Ehrenringträgers und Heimatdichters, des
Stadtschulinspektors Prof. Dr. Josef Üeitgeb. Bekannt
ist sein Leben, von Presse und Rundfunk damals und
nun wiederum ausführlich behandelt, verklärt sein in
edler Sprache dargebotenes Werk. Schenkte er doch
dem Lande T i r o l und seiner Heimatstadt Innsbruck
eine Reihe literarischer Kostbarkeiten, welche die
dunkle Gegenwart mit strahlendem Licht zu erfüllen
vermögen. Des Dichters Werk blüht weiter. Dies
offenbarten auch die eindrucksvollen Gedenkfeiern, die
i n diesen Tagen die Kräfte des Landestheaters und
die Innsbrucker Volkshochschule zu Ehren Leitgebs
veranstalteten. Besonders erwähnenswert erscheint
auch die würdige, familiär gestaltete Feier, die am
Gedenktag selbst im Festsaal jener Pradler Knabenund Mädchenvoltsschule durchgeführt wurde, die
seinen Namen trägt.
Und nun lassen w i r den Dichter selbst zu Worte
tommen. Es sind Auszüge von Erinnerungen über
die Karwoche, die er >in der Ehronik seiner Kindheit
„Das unversehrte Jahr" — ein Buch, das jeder
Innsbrucker kennen sollte — niedergeschrieben hat!
Am Gründonnerstag läuteten zum letztenmal die
Glocken" dann flogen sie nach Rom und kehrten erst
beim Gloria der Karsamstagsmesse zurück. I n dieser
Zeit war es uns zu Hause verboten, zu singen oder zu

lärmen; auch der Vater rührte sein Musikinstrument
nicht an. I n der Kirche waren die Schellen verstummt
und die Ministranten schwangen die klappernden
Ratschen. Das Violett der Tücher, mit denen Kreuze
und Bilder verhüllt waren, verbreitete Trauer in den
kalten" Räumen. Aber nun mich sie einer innigen
Heiterkeit: I n einem Garten von Grün und Blumen
barg sich das Heilige Grab, Hyazinthen umduftelen
es, Dutzende von Kerzen strahlten vor der wcißverschleierten Monstranz und das Grab selbst, in welchem
der vom Kreuz Genommene unter zarten Linnen
schlief, war von farbigen Kugeln umglüht . .. Ein
schöneres Gestorbensein ließ sich nicht denken . . .
Noch einmal trat die Majestät des Todes uns
mächtig vor Augen: die Zeremonien des Karfreitags
begannen damit, daß sich die drei Priester, die die
Passion zu singen hatten, der Länge nach zu Boden
warfen, wie gefällt von Verzweiflung über den sterbenden Gott. Unter Chorälen wurde ein riesiges
Kruzifix stückweise enthüllt: dreimal sang der Priester
und jedesmal stieg seine Stimme um eine Stufe höher: kccc li^nlüi! ciuci«! Und die Menge trat hinzu,
es zu küssen . . . Daheim knetete die Mutter den Teig
für das Osterbrot, und mir durften den gekochten
Mandeln die Haut abzielten, bevor sie unters Wieg
Messer tamen. Das Schönste an solchen Stunden war
das Gefühl völlig»" l^cdol^cüli^il . . .
E, Av