Innsbruck Informiert

Jg.2024

/ Nr.4

- S.22

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Stadtgeschichte

Die Wahlen zum Stadtrat
und Bürgermeisteramt
Wenn die BürgerInnen der Stadt Innsbruck in diesem Monat an die
Wahlurnen schreiten, wählen sie Organe, die teils eine Jahrhunderte alte
Tradition besitzen – Zeit also für einen kurzen historischen Rückblick
auf einige interessante und kuriose Fakten rund um die Wahl des
Innsbrucker Gemeinderates im Mittelalter und der Frühen Neuzeit.

© STADTARCHIV/STADTMUSEUM (3)

von Christof Aichner

Die Ratsprotokolle der Stadt geben Einblick in die Verwaltung der Stadt.
Hier eine Doppelseite aus dem Frühjahr 1718.

D

ie Verwaltung der Stadt lag nicht
immer in den Händen der BürgerInnen selbst. Seit der Verleihung
des Stadtrechts um das Jahr 1200 stand
der Stadt Innsbruck zunächst ein landesfürstlicher Richter vor. Bei seinen Amtsgeschäften und bei der Rechtsprechung unterstützten ihn mehrere Geschworene der
Bürgerschaft. Aus diesen Geschworenen
entwickelte sich bis etwa 1300 eine eigenständige und dauerhafte Institution: der
Rat der Stadt. Dieser setzte sich aus zwölf
Bürgern zusammen und war letztlich mit

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allen Aufgaben, die bei der Verwaltung der
Stadt anfielen, betraut. Die Zahl zwölf war
dabei nicht zufällig gewählt, galt sie doch
seit der Antike als besondere Zahl, die uns
bis heute vielfach begegnet und die in
christlicher Tradition auf die zwölf Jünger
Jesu verwies.
Parallel zum Rat der Stadt bildeten sich
noch zwei weitere Organe aus, „Zusatz
und Gemein“, die jenem für Konsultationen zur Verfügung standen. Zudem stellten diese Gremien nun die Geschworenen
für den Stadtrichter und aus ihnen rekru-

tierten sich die Mitglieder des Stadtrates.
„Zusatz und Gemein“, die übrigens ebenfalls jeweils zwölf Mitglieder hatten, bildeten somit ein gewisses Gegengewicht zum
Rat, sie waren aber auch ein Ort, in dem
man sich für spätere Aufgaben im Rat bewähren konnte.
Das Amt des Bürgermeisters scheint
schließlich erstmals 1370 in den Quellen
auf. In dieser Zeit war das Richteramt, das
bisher von einem Vertreter des Landesfürsten ausgeübt worden war, ganz auf die
Stadt übergangen – welche damit deutlich
an Autonomie gewonnen hatte. Um diese auch äußerlich kenntlich zu machen,
wählte die Stadt nun einen eigenen Bürgermeister, der gemeinsam mit dem Rat
und als Mitglied desselben fortan die Geschicke der Stadt leitete. Dazu trat der Rat
in der Regel zweimal wöchentlich zusammen und beriet die unterschiedlichsten
Anliegen, wovon die zahlreichen Protokollbände im Stadtarchiv zeugen.

Strichliste zur Wahl des Bürgermeisters im Jahr 1680, bei
der Johann Paul Wolff mit 54 Stimmen in der Stichwahl
gewählt wurde.

Wahlrecht
Damals wie heute war eine entscheidende Frage, wer überhaupt zur Wahl zugelassen war und wer wählen durfte. Im mittelalterlichen und neuzeitlichen Innsbruck
war dies penibel geregelt und beide Rechte waren auf jene Männer beschränkt, die
das Bürgerrecht besaßen, welches man
entweder erben oder durch eine nicht unerhebliche Summe kaufen musste. Ausgeschlossen vom Wahlrecht waren hingegen Frauen, die sogenannten Inwohner
(also Menschen, die zwar in der Stadt lebten und arbeiteten, aber nicht das Bürgerrecht besaßen), der Klerus, die landesfürstlichen Beamten und Angestellten des
Hofes. Die Zahl der aktiv und passiv Wahlberechtigen war daher überschaubar.

Wahltag
Gewählt wurde seit dem Ausgang des
Mittelalters alljährlich am 8. Jänner, dem
Erharditag. Zu Mittag versammelten sich
alle Bürger auf dem Tanzboden im Rathaus – erschien jemand nicht, wurde er
mit einer Geldstrafe belegt. Waren alle anwesend und jene, die nicht wahlberechtigt
waren, weggeschickt, begann der Wahlprozess. Zunächst legte der Bürgermeister
symbolisch sein Amt zurück, indem er die
Schlüssel zum Rathaus und zur Stadtkasse abgab. Daraufhin legte er Rechenschaft
über seine einjährige Amtszeit ab. War
dies geschehen, bestimmten die Bürger
zunächst den Stadtrichter für das folgende Jahr. Anschließend wählten sie mündlich und reihum den neuen Bürgermeister,
wobei nur die zwölf Mitglieder des Stadtrates zur Wahl standen. Die drei Räte, die
im ersten Wahlgang die meisten Stimmen
auf sich vereinigten, verließen anschließend den Raum, wo nun die Stichwahl
zwischen diesen drei stattfand.

Der Stadtrat wurde hingegen nicht von
den Bürgern gewählt, dieser ergänzte sich
selbst aus „Zusatz und Gemein“. Auch dies
geschah am St. Erhardstag. Die Bürger besaßen allerdings das Recht, zwei Räte abzuwählen, was allerdings in den seltensten Fällen vorkam. Anders als das Amt des
Bürgermeisters hatte man den Posten im
Stadtrat auf Lebenszeit und schied nur auf
eigenen Wunsch hin, durch Tod oder eben
durch Abwahl aus.

Allgemeines Wahlrecht
Dieser Wahlmodus und die relativ begrenzte Zahl an aktiv und passiv Wahlberechtigten sorgte für geringe Fluktuation im Rat und im Bürgermeisteramt.
Berufsgruppen wie Wirte, Handwerksmeister und Handelstreibende stellten
fast ausnahmslos die Mitglieder im Rat
und einzelne Familien dominierten die
Geschicke der Stadt oft über Generationen, wenngleich im Rat selbst die Regel galt, dass man nicht verwandt sein
durfte. Erst in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts begann eine allmähliche Ausweitung des Wahlrechts sowie
die Öffnung und Erweiterung des Gemeinderates. Aber auch dann war das

Das Innsbrucker Rathaus im frühen 19. Jahrhundert

Wahlrecht an eine bestimmte Steuerleistung gebunden. Anders als auf Staatsebene, wo 1907 das allgemeine Wahlrecht
für Männer eingeführt worden war, dauerte es auf Gemeindeebene bis zum Ende
des Ersten Weltkriegs, bis das allgemeine und gleiche Wahlrecht für beide Geschlechter eingeführt wurde.

www.schuelerhilfe.at
Die Nachhilfe / 7x in Tirol
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