Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.3

- S.9

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Amtsblatt Nr.
1572 droht der Stadtrat den Metzgern mit der
Strafe des Narrenhäusels, wenn sie weiterhin die Wampen und anderes Ingeräusch in der Stadtritsche waschen.
1766 muß dann wieder die Regierung eingreifen, damit nur gutes Fleisch verkauft wird: sie droht dem Bürgermeister mit einer Strafe von 50 Dukaten, wenn er
weiterhin dulde, daß in der Stadtmetzbank schlechtes
Land- oder Kuhfleifch mit allerlei unerlaubten Zutaten
ausgeschrotet wird und besteht darauf, daß nur Steirer
oder Pustertaler Mastochsenfleisch verkauft wird.
Die damaligen Verordnungen werden manches erreicht haben, vieles blieb aber nur auf dem Papier;
denn es fehlte an durchführenden Organen. War doch
in den Jahren vor 1892 mit diesen wichtigen Agenden
ein Gefällsaufseher nebenamtlich betraut. Wer vor ihm
die Fleischbeschau handhabte, berichtet die Geschichte
nicht. Es ist befremdend, daß die Stadt, die schon seit
1852 ein öffentliches Schlachthaus mit Schlachthauszwang hatte, für diesen Zweig der öffentlichen Hygiene
so wenig übrig hatte.
Grundlegend für die geordnete Fleischuntersuchung
wurden die „Vieh- und Fleischbeschauordnungen für
Tirol und Vorarlberg", die als Statthaltereiverordnung
am 18. bzw. 23. Februar 1886 mit Zl. 3399 und 14.812,
Sanität, herauskamen. Aufgebaut waren diefe wiederum auf den § 399 Strafgesetz und auf den § 12 des
Allg. T. S. G. vom 29. Februar 1880.
Trotz dieser Ordnungen änderten sich die mißlichen
Verhältnisse aber erst, als im Jahre 1892 der Landestierarzt sein Dienstverhältnis mit der Stadtgemeinde
löste und oiefe einen eigenen Amtstierarzt in ihre
Dienste nahm.
Es ist hier nicht der Ort, sich über den Wirkungskreis des Amtstierarztes einer autonomen Stadt zu
verbreiten. Es sei nur darauf m"naewiesen, daß er nicht
allein mit der Fleischbeschau beschäftigt ist, sondern daß
ihm auch alle Obliegenheiten eines Vezirkstierarztes
übertragen sind.
Für den neuernannten Tierarzt, der sich als erster
mit der gänzlich neuen Aufgabe befassen mußte, war es
kein leichtes, sich durchzusetzen. War zur damaligen Zeit
der beamtete Tierarzt als Veterinärpolizist eine nicht
gern gesehene, ja gehaßte Persönlichkeit, so hatte der
Gememdetierarzt als Fleischhygieniker noch eine zweite
Front gegen sich, die Fleischhauer und Viehhändler.
Sie sahen in ihm nicht ihren Berater, sondern vorerst
ihren Feind.
Die ersten grundlegenden ortspolizeilichen Verordnungen, die die Stadtgemeinde über Wunsch und Anregung des Amtstierarztes herausgab, waren eine neue
Schlachthausordnung und eine Freibankordnung.
Der Ausbau des Veterinäramts- und Schlachthofdienstes brachte eine Fülle von Arbeit, so daß sich die Gemeinde genötigt sah, bereits 1894 zur Entlastung des
Leiters einen zweiten Tierarzt einzustellen. Als die
marktpolizeilichen Aufgaben dem Veterinäramt angegliedert wurden, wurde mit diesem Arbeitskreis ein
Tierarzt betraut. Der Stand der beamteten Tierärzte
der Stadt erhöhte sich somit auf drei.
1897 wurde der Schlachthofleiter zu einer Bespre-

Vewcke das

chung nach Wien berufen. Zweck der Aussprache waren
Aenderungen der Fleischbeschauordnung.
Eine der dringendsten Aufgaben war die Erneuerung
der Kühlanlagen im alten Schlachthaus. Wie schon erwähnt, wurde über Antrag des Schlachthofleiters und
einvernehmlich mit dem städtischen Bauamt an Stelle
des alten. Eiskellers eine Kühlanlage mit Luftkühlung
nach Schweizer Muster eingebaut.
Die Verhältnisse auf dem Schlachtviehmarkt lagen
zur damaligen Zeit im argen. Das Schlachtvieh wurde
in den Gasthausstallungen gehandelt, ein Zustand, der
oeterinär-polizeilich ganz unhaltbar war und auch entsprechende Früchte zeitigte. Verschleppungen von Seuchen in selbst abgelegene Teile des Landes waren an
der Tagesordnung. Nur die Erfassung des gesamten
Schlachtviehhandels konnte hier Wandel schaffen. Aber
erst 1898 gelang es dem städtischen Amtstierarzt, die
auf dem Papier schon seit langem bewilligten Schlachtviehmärkte neu einzuführen.
I m Jahre 1904 wurde über Veranlassung des Schlachthofleiters die Schlachtungsart des Großviehes auf eine
neue Grundlage gestellt. Wurden bis dahin die alten
Schlachtmethoden (Stirnschlag. Genickschlag), die nie
die Gefahr von Tierquälerei ausschließen ließen, geübt,
so wurde ab nun das Großvieh mit dem neuerfundenen
Stoffschen Kugelschußapparat getötet. Diesem Apparat
hafteten verschiedene Mängel an. insbesondere wurde
darüber Beschwerde geführt, daß oftmals die Kugel
nicht gefunden werden konnte und diese dann an den
Fleischschneidmllschinen schwere Schäden verursachte. Es
wurde daher nach Verbesserungen gesucht und diese auch
in dem jetzt in Verwendung stehenden Schermerschen
Bolzenschußapparat gefunden.
Das Anwachsen der Stadt einerseits, die Einverleibung der beiden Nachbargemeinden Wilten und Pradl
andererseits und der damit verbundene SchlachthausZwang für diese neuen Gemeindegebiete hatten auch
ihre Nachwirkung auf die Verhältnisse im alten Schlachthaus. Die vorhandenen Räume konnten den Verkehr
nicht mehr fassen. Für den Schlachthofleiter waren diese
Zustände umso unleidlicher, weil er unmittelbar darunter litt und die Verantwortung für alle Unzukömmlichkeiten trug. Wir finden daher in den Veterinärjahresberichten dieser Jahre immer wieder den Hinweis auf diese Zustände und die Forderung nach Erbauung eines neuen Schlacht- und Viehhofes. Vorerst
wurde es mit Provisorien versucht. So wurde im Gelände des heutigen Schlachthofes eine Schlachtstätte für
Schweine errichtet, die späterhin als Kadaver-Verwertunasanlage ausgebaut, in Verwendung stand, und erst
im Jahre 1924 geschleift wurde. Es würde jedoch dem
Schlachthofleiter nie so bald gelungen fein, seine Pläne
der Verwirklichung nahe gerückt zu sehen, wenn sich
nicht der damalige Gemeinderat Bernhard Zösmayr
mit seiner ganzen Persönlichkeit für den Bau einer
neuen Schlacht- und Viehhofanlage eingesetzt hätte. M i t
dieser Schützenhilfe war es verhältnismäßig leicht, gegen alle Widersacher, und deren gab es nicht wenige,
anzukämpfen. So wurde im Jahre 1908 mit dem Bau
begonnen und konnte die Anlage 1910 dem Vollbetrieb
übergeben werden.