Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.3

- S.8

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.Amtsblatt Nr. 3

den Säuglingssterblichkeit ein hoffentlich nur vorübergehender Rückschlag.
I m letzten Berichte wurde auch auf die Tatfache hingewiesen, daß in den höchsten Altersstufen viel mehr
Frauen sterben, daß demnach die Frauen im allgemeinen ein höheres Alter erreichen als die Männer. Das
kommt auch in der vorliegenden Statistik wieder zum
Ausdruck, indem nur 95 verstorbene Männer ein Alter
über 70 aufweifen, dagegen 120 Frauen.
Schlußbemerkungen:
Von allgemeinem Interesse wird nun die Gegenüberstellung der Geburten und Sterbefälle fein und die Beantwortung der Frage, ob sich das gegenseitige Verhältnis im Vergleiche zum Vorjahre verbessert oder verschlechtert hat. Wie ersichtliche starben auch im Jahre
1935 beträchtlich mehr Personen, als geboren wurden;
705 Tote gegenüber nur 568 lebendgeborenen Kindern.
Zieht man noch die relativ höhere Säuglingssterblichkeit in Betracht, so erscheint der Nachwuchs bei weitem
nicht mehr in der Lage, den Ausfall durch den Tod zu

sleischbeschau

ersetzen. Um Vergleiche mit Vorjahren gu gewinnen,
ist es notwendig, die sogenannten Sterblichkeits- und
Geburtenziffer zu bestimmen, d. h. zu errechnen, wieviel
im Jahre auf 1000 Einwohner starben und wieviel geboren wurden.
Sterblichkeitsziffer
1934:
1935:

10.8
11.5

Geburtenziffer
8.5
9.3

Es ist demnach die Sterblichkeits- und Geburtenziffer
im Jahre 1935 eine höhere als im Vorjahre, wobei jedoch das gegenseitige ungünstige Verhältnis ziemlich das
gleiche geblieben ist. Es ist ein beträchtlicher Sterblichkeitsüberschuß von 2.2 vorhanden. Diese negative Bilang begann in den Städten Mon seit vielen Jahren
und nahm immer mehr. zu. Wien hatte z. B. schon im
Jahre 1927 einen größeren SterblichkeitsüberMlß. als
ihn Innsbruck derzeit aufweist. Gegenüber 1934 ist in
Innsbruck wenigstens kein Rückgang mehr zu verzeichnen, vielleicht ein Anzeichen einer, wenn auch geringen, Besserung.

Von Veterinürrat Dr. meö. vet. H. Joller

Die fachgemäße Untersuchung des Fleisches und der
Innenorgane des Tierkörpers, im weiteren Sinne die
Besichtigung der lebenden Tiere auf ihren Gesundheits- und Nährzustand umfassen den Begriff „ordentliche Schlachtvieh- und Fleischbeschau". Die Ueberwachung der fischverarbeitenden Betriebe, der Verkaufsstätten animalischer Lebensmittel, die Ueberwachung
des Verkehres mit Wild, Geflügel, Fifchen, Krustentieren, Eiern und tierischen Fetten und von Tieren, die
als menschliche Nahrungsmittel dienen, für die aber die
ordentliche Fleischbeschau nicht vorgesehen ist, fallen
unter den Begriff „außerordentliche Fleischbeschau"
oder, um einen noch umfassenderen Ausdruck gu verwenden, unter die „tierärztliche Nahrungsmittelkontrolle".
Die vornehmste Aufgabe der Fleischbeschau und gleichzeitig ihr Hauptzweck ist der Schutz des Menschen vor
Schädigungen durch Parasiten, die auf den Menschen
übertragbar sind (Trichinen, Finnen) andererseits durch
Krankheitserreger bakterieller Art (Tuberkulose. Rotz,
Milzbrand, Wut, Septichemie, Pyämie, Fleischvergifter) oder durch Bakteriengifte (Fäulnis, Botulismus)
hervorgerufen werden.
I n den Aufgabenkreis der Fleischbeschau fällt weiters
die Erfassung und die Regelung des Verkehrs mit minderwertigem Fleisch (Freibank).
Eine nicht gu unterschätzende Rolle spielt die Fleischbeschau in veterinärpolizeilicher Beziehung. Die geordnete Untersuchung der Schlachttiere im lebenden und
geschlachteten Zustande hat in den westeuropäischen
Ländern Seuchen zum Erlöschen gebracht (Rotz, Lungenseuche der Rinder). Durch unschädliche Beseitigung
von Organen, die Träger mit auf die Menfchen und
Tiere übertragbaren Krankheitsstoffen sind, nach der
Befchau, haben viele Erkrankungen ganz bedeutend
abgenommen (Bandwürmer beim Menfchen, bzw. Finnen beim Rind und Schwein, Trichinen). Diefe sicht-

baren Erfolge sind allein auf eine geordnete Fleischbeschau zurückzuführen.
Vorschriften über die Fleischkost finden sich fchon bei
den ältesten Kulturvölkern, den Aegyvtern, Israeliten,
Phöniziern, Babylonien, Griechen und Römern. I m
alten Rom bestanden schon Schlachthäuser (lanwnaft)
und Fleischverkaufshallen (macMi).
I n den deutschsprachigen Gebieten Europas finden
sich die ersten Vorschriften über Fleischgenuß im achten
Jahrhundert bei Winfried Vonifazius.
Es würde den Rahmen dieses Berichtes weit überschreiten, wollte man auch nur einen kurzen Abriß der
Geschichte der Fleischbeschau geben. Soviel sei jedoch gesagt, daß durch den Dreißigjährigen Krieg, wie so viele
andere Errungenschaften der Kultur, auch die Einrichtungen der Fleischbeschau in den einzelnen Ländern einen
schweren Stoß erlitten. Der Neuaufbau ging recht langsam vonstatten und mancher Rückschlag erfolgte. Erst
als die Lehre von der Fleischbeschau auf den tierärztlichen Bildungsstätten eine Heimstätte fand, trat ein
rascher Aufschwung ein.
I n der Ortsgeschichte unserer Heimatstadt findet man
die Untersuchung des Fleisches in einer Ordnung aus
dem Jahre 1527 erwähnt. Es heißt darin: Bereits 1527
errichtet die Stadt mit den Metzgern eine detaillierte
Ordnung über den Verkauf des Rind-, Kitz- und Lammfleisches der Castraun, Hewrling, des Kalb-, Stier-,
Bock- und Geißfleisches, der Wampen, Füße, des Unschlittes und des „tadelhaftia Fleisches": sie umfaßt auch
die Schlachtungsart, die Fleischbank und die Strafen
für Übertretungen.- 1533 wird sie das erstemal erneuert
und 1536 durch eine eigene „Schweinemetzgerordnung"
mit der Sckweinebeschau eraänzt.
Die Durchführung muß allerdings eine recht mangelhafte gewesen sein, weil eine Kontrolle durch den Stadtrichter Ende dieses Jahres ergab, daß nur vier von den
Zehn Sckweinemetzgern, „nach untadelhaftem Gewicht"
ausschroteten.