Innsbruck Informiert

Jg.2021

/ Nr.10

- S.59

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© R.KUBANDA

Das Straßenschild in
der Reichenau wurde
mit einer Hinweistafel
versehen.

leiter lag die Verantwortung bei ihm. Das
zentrale Ziel der nationalsozialistischen
Gesundheitspolitik war die Schaffung eines „gesunden Volkskörpers“ – der durch
die Ausgrenzung und Verfolgung von Menschen geschaffen werden sollte, die als
„minderwertig“ angesehen wurden. Neben der Internierung in Konzentrationsoder Arbeitserziehungslagern sowie der
euphemistisch als „Euthanasie“ bezeichneten Ermordung von Menschen mit angeblichen Beeinträchtigungen, wurden
Zwangssterilisierungen zur Verhinderung
der Fortpflanzung eingeführt. Anders ausgedrückt: Der NS-Staat fällte die Entscheidung darüber, wer eine Familie gründen
durfte. Ein von Dirk Rupnow geleitetes
Forschungsprojekt beschäftigt sich mit
dem Thema „Unfruchtbarmachung“ und
„freiwillige Entmannung“ an den Innsbrucker Universitätskliniken und mit den
Erbgesundheitsgerichten des Gaues TirolVorarlberg.

Schriftsteller und
Präsidentschaftskandidat
Der Hochschullehrer war Zeit seines Lebens
in unterschiedlichen gesellschaftlichen
Bereichen aktiv. Einen größeren Bekanntheitsgrad erlangte er nach seiner Rückkehr
aus der Kriegsgefangenschaft nach dem
Ersten Weltkrieg. Zu Lebzeiten war Breitner

Online-Ringvorlesung „Die NS-Medizin, ihre Kontexte und
Nachgeschichte: Das Beispiel von Burghard Breitner (1884–1956)“
Die Vorlesung versammelt ExpertInnen aus verschiedenen Disziplinen,
die aus unterschiedlichen Blickwinkeln die Person Burghard Breitner im
Kontext ihrer Zeit beleuchten und ihre verschiedenen Tätigkeitsfelder
sowie den erinnerungskulturellen und geschichtspolitischen Umgang
mit ihr beschreiben.
Die Vorlesung findet ab dem 5. Oktober 2021 immer dienstags von
18.30 bis 20.00 Uhr virtuell statt. Die Teilnahme ist kostenlos.
Zum Abschluss der Ringvorlesung ist für den 1. Februar 2022 eine prominent besetzte Podiumsdiskussion in den Ursulinensälen Innsbruck geplant.
Nähere Infos unter https://www.uibk.ac.at/events/info/2021/
ringvorlesung-ns-medizin-kontext-und-nachgeschichte.html

ein anerkannter Arzt und Lehrer. Seit seiner
Jugendzeit war er auch als Schriftsteller tätig, verfasste unter anderem Gedichte und
Theaterstücke. 1951 kandidierte er für das
Amt des Bundespräsidenten als Kandidat
für den Verband der Unabhängigen (VdU).
An der Universität Innsbruck wurde er im
Studienjahr 1952/53 zum Rektor gewählt,
ab 1950 war er Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes. Seine NSDAP-Mitgliedschaft ab 1939 stellte der zeitlebens
deutschnational orientierte Breitner in der
Nachkriegszeit als ihm unbekannt dar.

Erinnerungskultur in der Kritik
Die Benennung einer Straße nach ihm
im Innsbrucker Stadtteil Reichenau anlässlich seines 10. Todestages 1966 sollte die Erinnerung an einen angesehenen
und hoch geschätzten Arzt aufrechterhalten. Mehr als 50 Jahre später wurde die Art
des Gedenkens allerdings hinterfragt und
die Straßenschilder mit entsprechenden
Hinweisen versehen. Breitner bekam ein
städtisches Ehrengrab, dieser Sonderstatus wurde allerdings mittlerweile ebenfalls aberkannt.
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