Innsbruck Informiert

Jg.2021

/ Nr.4

- S.11

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Lebensraum Innsbruck

Was hält die Mobilität
der Zukunft bereit?
Fragen zu nachhaltigen Verkehrskonzepten zählen zu den zentralsten
Themen, mit denen sich Städte auseinandersetzen. Welche Alternativen
es zu motorisiertem Individualverkehr gibt, dazu forscht Dr. Martin
Stuchtey, Professor für Ressourcenstrategie und -management an
der Universität Innsbruck.

Wie sieht die Mobilität
der Zukunft aus?

in der Mobilität, die stets berücksichtigt
werden müssen.

Die Mobilität der Zukunft wird sich stärker an den Bedürfnissen der Menschen
ausrichten. Das heißt konkret: weg von
autozentriertem Individualverkehr, hin
zu einem ressourcen- und zeiteffizienten, CO2-neutraleren, multimodalen Verkehrssystem. Technologische Entwicklungen begünstigen diesen Wechsel
– jedoch nur, wenn die Rahmenbedingungen seitens der Verkehrsplanung dafür gegeben sind. Besonders für Entfernungen von weniger als fünf Kilometern
müssen Angebote wie Öffis, Sammeltaxis, Leihautos oder Räder so bequem
erreichbar sein, dass das eigene Auto
irrelevant wird. Auch wandelnde Arbeitsmuster, wie aktuell der Anstieg von
Home-Office, führen zu Veränderungen

Martin Stuchtey ist seit 2017 Professor für
Ressourcenstrategie und -management
an der Universität Innsbruck.

Welche Chancen ergeben sich
daraus für die Stadt Innsbruck?
Mit einem ambitionierten und emissionsarmen Mobilitätssystem kann die
Stadt als Leitregion vorangehen. Ein an
den Bedürfnissen der BewohnerInnen
ausgerichtetes, inklusives, PKW-unabhängiges städtisches Mobilitätssystem
reduziert negative Externalitäten wie
Stress, Zeitverlust durch Stau oder Parkplatzsuche, Platzverbrauch und Luftverschmutzung. Ein Beispiel für ein sogenanntes "Smart-City-Konzept", in dem
Mobilitätskonzepte an die Bedürfnisse angepasst werden, ist die „Stadt der
15 Minuten“ in Paris. Die Idee dahinter
ist, dass alle wichtigen Anlaufstellen innerhalb von 15 Minuten erreichbar sind.
Straßen sollen dabei vorrangig für Fahrräder sowie Fußgängerinnen und Fußgänger zur Verfügung stehen und die
Innenstadt möglichst autofrei werden.
Frühere Parkplätze oder Straßen könnten
in Parks oder Flächen für urbanes Gärtnern umgewandelt werden.

Wo besteht Handlungsbedarf
bei Fragen der Mobilität in der
Stadt Innsbruck?

INNSBRUCK INFORMIERT

© SYS

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TEMIQ

In Innsbruck sind rund 73.000 Kraftfahrzeuge angemeldet, davon 56.000 PKW.
Rechnerisch teilen sich somit 100 Personen 42 PKW, das sind 13 weniger als im

österreichischen Durchschnitt. Dennoch
liegt in der Abwicklung des fahrenden
und parkenden Autoverkehrs eine große Herausforderung, weil ein beträchtlicher Teil davon mit Fahrzeugen von auswärts erfolgt. So wird von rund 70.000
Autofahrten pro Tag von und nach Innsbruck vom Umland ausgegangen. Will
man den motorisierten Individualverkehr eingrenzen, ist es eine Möglichkeit,
die innerstädtischen Parkmöglichkeiten
zu bewirtschaften und langfristig zu reduzieren. Und zwar in dem Maß, in dem
der öffentliche Nahverkehr das Zubringen von umliegenden Regionen gewährleistet. Wo auf den eigenen PKW nicht
verzichtet werden kann, müssen sogenannte „Shared-Mobility-Konzepte“, wie
etwa Fahrgemeinschaften, gut öffentlich
zugänglich sein. Es ist also zentral, die öffentlichen Verkehrsmittel sowie die entsprechende Einbettung der Radmobilität
in der Stadtplanung zu priorisieren.

Welche Rolle spielt Innsbrucks
geographische Einbettung?
Einerseits spielt der „Alpentourismus“
eine prägende Rolle, denn nachhaltige
Mobilität ist eine Grundvoraussetzung
für nachhaltige Touristik. Die Anreise von
BesucherInnen kann etwa durch Parken
außerhalb und Zubringen durch Öffis erleichtert werden. Gleichzeitig müssen
autofreie Mobilitätslösungen schnell verfügbar sein. Darüber hinaus gibt es auch
genügend Flächen, wie etwa entlang der

Geschichtsträchtige Fuß- und Radverbindung

IANI

© W. GIUL

Innpromenade, die sich für Schnellradwege eignen würden. Auch Stadtseilbahnen sind für eine Stadt wie Innsbruck
mit ihren Hangsiedlungen geeignet, da
sie eine flächengünstige, emissionsarme
und barrierefreie Alternative zu Stadtbahnen darstellen.

Ist das E-Bike im städtischen
Raum eine optimale Alternative
zum Dienstauto?
Wohl nie zu hundert Prozent – aber: es
erweitert den Nutzungsradius erheblich. Wo zuvor fünf Kilometer für viele die Grenze für Pendelwege mit dem
Fahrrad war, sind mit E-Bikes durchaus auch zehn oder fünfzehn Kilometer möglich. Dadurch kann schon ein
signifikanter Anteil von urbanem Autoverkehr reduziert werden. Das E-Bike
kann für kurze bis mittellange städtische Fahrten eine optimale Alternative zum Dienstauto sein, wenn die Infra-

Der Verbindungsweg zwischen Mentlgasse und MichaelGaismair-Straße scheint auf den ersten Blick unscheinbar.
Er heißt Edith-Stein-Weg und trägt den Namen einer wenig
bekannten Heiligen des 20. Jahrhunderts. Edith Stein war
geborene Jüdin und intellektuelle Philosophin, der – weil
sie eine Frau war - der Weg zu einer Professur versagt
blieb. Sie war Dozentin für angehende LehrerInnen und
trat mitten in den Wirren des Naziterrors in einen Orden
ein. Von dort wurde sie von der Gestapo abgeholt und in
Auschwitz ermordet. Edith Stein ist eine der Schutzpatroninnen Europas und Namensgeberin der Kirchlichen
Pädagogischen Hochschule (KPH) Edith Stein mit Sitz in
Innsbruck. Edith Stein, eine Frau, die einen großen Eindruck hinterlässt, deren Weg in Innsbruck unscheinbar
ausfällt und doch vielen den alltäglichen Fuß- oder
Radweg hilfreich erleichtert.

struktur dafür gegeben ist. Das beginnt
bei ausreichenden Stellplätzen, Ladeeinrichtungen, lokalen Reparaturnetzwerken und reicht bis zu steuerlichen Anreizen, wie Job-Räder. Natürlich können

nicht alle Bürgerinnen und Bürger Fahrräder nutzen, sei es alters-, gesundheitsoder wetterbedingt. Alternativen müssen nach Bedarf stets möglich bleiben.
Das Interview führte Andrea Dullnigg.

Zum Umsteigen motiviert
Die fh gesundheit liegt im Westen Innsbrucks
und ist bestens an das Rad- und Fußgänger­
Innennetz am Inn angebunden. Sowohl die
Studierenden als auch die MitarbeiterInnen
werden ermutigt, auf das Rad oder die eigenen
zwei Beine umzusteigen. Dafür wurden die
Radabstellflächen am Areal deutlich erweitert. Auch in der Tiefgarage wurden zwei
Autoabstellplätze zugunsten der radelnden MitarbeiterInnen aufgegeben und ein
absperrbarer Radkeller eingerichtet. Darüber
hinaus kann für Besorgungen und Termine
im Raum Innsbruck auf das Angebot von vier
Dienst-Fahrrädern zurückgegriffen werden.
Wer dabei ins Schwitzen gerät, kann die
Duschmöglichkeiten im Haus nutzen.
INNSBRUCK INFORMIERT

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