Innsbruck Informiert

Jg.2020

/ Nr.9

- S.30

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Stadtgeschichte

Frauen in der Stadt

Primadonna assoluta. Primadonna, eine Bezeichnung für
herausragende Frauen, die sich ihrer „Einzigartigkeit“ bewusst
sind und diese ihnen zugedachte Rolle ausgiebig zelebrieren.
Eine davon war Maria Theresia. Raffael Thaler malte 1908 am
Haus Maria-Theresien-Straße Nr. 22 das idealisierte Porträt
der „schönen“, deshalb auch „guten“ Regentin. Zeitgenossen
beurteilten den Körper Maria Theresias schon wegen seines
Geschlechts als schwach und ungeeignet zur Herrschaft. Umso
wichtiger war es, dass die Habsburgerin diesen natürlichen
„Defekt“ durch ihre Schönheit und außerordentliche Fruchtbarkeit wettmachte. Schönheit galt als Indiz für göttlichen Segen
und „Macht, weil sie Gutes verheißt“. Die große Nachkommenschaft der „Ersten Dame Europas“ wurde als Gottgefälligkeit
ihrer Herrschaft verstanden.

Ob als Jungfrau, Ehefrau, Regentin, als antike Göttin, christliche Heilige oder als
„prima donna del mondo“: Zahlreiche Darstellungen von Frauen lassen sich in
öffentlichen historischen Kunstwerken entdecken. Ihre Betrachtung regt zum
Vergleich an, zum Überdenken eigener Standpunkte und zum Nachdenken über
aktuelle Entwicklungen der Geschlechterrollen und Klischees.

© R. KUBANDA

von Helmuth Oehler

Die Mütterliche. Häusliche. Folgsame Ehefrau. Am
Millerhaus (Meraner Straße 3) schildert eine aus Keramiken zusammengesetzte Szene die Frauenrolle im
Jahr 1905: Rechts bricht der Ehemann und Vater zur
außerhäuslichen Arbeit auf, während links die Ehefrau
und Mutter im Dirndl die Kinder hütet, „bewacht“ vom
„treuen“ Hund. Die Verbindung zwischen Mann und Frau
schafft die dargestellte Kirche.

Hoffnung der Frauen. Die bekannteste Anna Tirols wendet
sich am Sockel der „Annasäule“ an die Betrachter. Die Mutter
Mariens, Großmutter Jesu, galt als vorbildliche Ehefrau und
sorgsame Hausfrau. Anna war bis ins hohe Alter kinderlos geblieben: „Nach langer, schmerzlich empfundener, aber demütig
ertragener Kinderlosigkeit, erhörte Gott“ jedoch „die Gebete
der hl. Anna“. Damit wurde Anna zur Patronin der werdenden
Mütter, aber auch der kinderlosen Frauen. Laut Legenden vermittelte Anna auch Fertigkeiten und Kenntnisse an ihre Tochter
Maria, die diese zur guten Hausfrau werden ließen. Insgesamt
galt das Aufwachsen Mariens bei ihren Eltern als Musterbeispiel christlicher Erziehung.

Die Emanzipierte. Die Selbstbewusste musste einfach
hässlich sein: Margarete Gräfin von Tirol-Görz (1318–1369),
Kurzzeit-Landesfürstin, war eine Frau, die eigene Bedürfnisse
anmeldete – und nicht nur dadurch die Mannschaft über Jahrhunderte nachhaltig irritierte. Männer diffamierten sie daher,
verweigerten ihr den korrekten Namen. Das Ungemach begann,
als Margarete sich von ihrem ersten Ehemann ab- und einem
anderen zuwandte – obwohl die Ehe nicht gelöst war. An der
Fassade des Hauses in der Herzog-Friedrich-Straße 12 erscheint sie dementsprechend charakterisiert vom männlichen
Blick des Ernst Nepo (1937).

© R. KUBANDA

Die Schmerzhaften.
Eheliche Pflichten. Auf
dem von Hans Andre 1953
geschaffenen Fresko am
Kapellenerker der Servitenkirche wendet sich die
von Trauer und Schmerz
erfüllte Muttergottes –
stellvertretend für die
Vorbeigehenden – an die
Heiligste Dreifaltigkeit.
Maria steht hier für die
leidende Frau, markiert
aber auch die Position des
Weiblichen in der katholischen Kirche.

© H. OEHLER (4)

Magna Mater und Diven. Die Triumphpforte muss als Porträtgalerie der Herrscherfamilie im öffentlichen Raum betrachtet
werden. Abgesehen von der Visualisierung der gerechten, „guten“ Landesmutter ist diese Architektur das Dokument einer
arrangierten Verheiratung sowie der Trauer einer Frau um ihren
verstorbenen Mann. Richtung Süden, ganz oben, agiert Weibliches: Die Porträts von Franz I. Stephan und Maria Theresia
flankiert links die „Providentia Divina“ (Göttliche Vorsehung)
und verspricht dem ganzen Land himmlischen Schutz. Rechts
zeichnet die „Constantia“ (Beständigkeit) das Kaiserpaar mit
dem Lorbeerkranz aus. Beide Frauengestalten stehen für Gedankengebäude, verherrlichen die Herrscher. Durch ihre „göttlichen“ Eigenschaften rücken die antikisierend Gekleideten in
die Nähe von Diven, also antiken Göttinnen.

Weitere historische Darstellungen von Frauen finden Sie auf: www.ibkinfo.at/frauen_in_der_stadt
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