Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1960

/ Nr.9

- S.5

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Amtsblatt der Laudeshauptstadt Innsbruck

Stadtoberhaupt der verläßliche, pflichtbewußte, treue
Veamtenstab und die städtische Arbeiterschaft die unentbehrlichsten Stützen. Ohne Rücksicht auf die eigene
Not griff jeder .zu, stand an seine»! Arbeitsplatz und
lies; die mustergültige Organisation des Stadtmagistrales nicht abreißen.
I n monatelanger freiwilliger Fronarbeit, an der
sich fast die Hälfte der Einwohnerschaft einsatzbereit
beteiligte, mußten die vielfach hanshohen Schntltegel
aus der Bombenzeit abgetragen werden. Dann be
gann langsam, aber zielbewußt, iminer wieder behindert durch den tatastropl)alen Materialmangel
lind dein Fehlen von Fachkräften, der Wiederaufbau.
Zuerst wurden die ärgsten Bombenlücken ausgefüllt,
die leichter beschädigten Wohngebäude wieder instand gesetzt. Denn die Wohnungsnot war durch die

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Anforderungen der Vesatzungsmacht, zuerst Amerikaner, seit J u l i 1945 Franzosen, ins Ungemessene gestiegen. Wenn trotzdem nach zwei Jahren 194? schon
57 Prozent aller bombenbeschädigten Innsbrucker
Wohnungen wieder bezogeil werden tonnten, ist dies
ein rühmenswertes Zeugnis unbeugsamen Aufbauwillens der ganzen Bevölkerung, der die Stndtverwallnng ein hohes Beispiel echten, opferbereiten Gemeinschaftsgeistes gab.
Wenn die schwierigsten Probleme der ersten Nachtriegsjahre gelöst werden tonnten, so war dies auch
der verständnisvollen Mitarbeit der französischen Vesatzung und ihres Chefs General Bethouard sowie
des Generalgouuerneurs Voizard zu verdanken, die
im Nahmen ihrer Möglichkeiten manche Hilfe und
Erleichterung brachten.
(Schluß folgt)

Die Defteggerstraße in Pradl
Über Vorschlag des Vaureferenten GR. Julius
Greil beschloß der Innsbrucker Gemeinderat am
20. Oktober 1904, dem inmitten durch Felder neu
projektierten, die Pradler Straße kreuzenden Straßenzug den Namen des berühmten Tiroler Kunstmalers Franz Defregger zu geben. Eine Verlängerung
gegen Osten erfuhr die Straße dann im M a i 1910,
nachdem Enteignungsuerfahren gegen mehrere Feldund Gartenbesitzer durchgeführt worden waren. Defregger wurde diefe Ehrung seitens der Stadtgemeinde
Innsbruck ausnahmsweise bereits zu seinen Lebzeiten
zuteil. Es geschah dies zu einem Zeitpunkt, an dem
der Geehrte einen der ersten Plätze unter den Künstlern deutscher Zunge einnahm. F ü r die seltene Ehrung
mitbestimmend dürfte wohl auch der Umstand gewesen sein, daß Defreggers Werke, die seine Heimat
T i r o l künstlerisch verklärten, zu jener Zeit i n Massen
vervielfältigt und i n alle Welt verstreut wurden,
und so mehr, als andere Werbemittel Stimmung und
Begeisterung für unser Alpenland und seine Bewohner erzeugten. I n edelster Weise regten Defreggers
Werke zum Besuche Tirols an.
Franz Defregger war am 30. A p r i l 1835 zu Stronach, Gemeinde Dölsach, geboren und starb am 2. Jänner 1921 i n München, wo er den größten Teil seines
Lebens verbracht hatte. B i s zu seinem 22. Lebensjahr hatte er als Knecht und einziger Sohn an dem
väterlichen Ederhof gearbeitet. Nach dem Tode seines
Vaters, nach dem unglücklichen Ausgang des Krieges
von 1859, dem Mißernten und Steuererhöhungen
folgten, verleidete den Iungbauern sein Beruf. Er
vertaufte seinen Hof um 15.000 Gulden, zahlte feine
Geschwister aus und zog nach Innsbruck, um Bildhauer zu werden. Damals wußte er vom Malen so
gut wie noch nichts. Der an der Innsbrucker Gewerbeschule tätige Prof. Michael Stolz riet ihm aber. Maler
zu werden und brachte ihn nach München. Defregger
besuchte die dortige Kunstgewevbeschnle. später die
Akademie" er versuchte sein Glück auch in Paris, trat
dann 1864 ins Atelier Piloty ein, in dessen Meisterwertstatt er zum großen Künstler heranreifte. Reproduktionen seiner „Wilderer" und „Holztnechte",
seiner „Sennerinnen" und „Vauerndirnen" fanden

weite Verbreitung. Eine allgemeine Bewunderung
wurde ihm jedoch als Maler der heroischen Epoche um
1809 zuteil. Gerade i m abgelaufenen Gedenkjahr
rückten seine Werke neuerdings i n den Mittelpunkt
des Interesses. 1878 wurde Defregger zum Professor
für Historienmalerei an die Münchner Akademie bestellt, 1883 wurde er durch Verleihung des bayrischen
Kronenordens i n den Adelsstand erhoben und 1905
ernannte ihn die Stadt München zu ihrem Ehrenbürger. I n Innsbruck wurde 1885 zur Ausstellung
seiner Werke im Ferdinandeum ein eigener Saal eingerichtet, der als Sehenswürdigkeit viel besucht wurde.
Während der Sommermonate hielt sich Defregger mit
Vorliebe als Kurgast i n seiner engeren Heimat, die
er über alles liebte, auf. Die Zerreißung T i r o l s nach
dem ersten Weltkrieg beschattete seinen Lebensabend.
Die Defreggerstraße, 430 Meter lang, zieht sich in
weftöstlicher Richtung vom Leipziger Platz zur Langstraße. I h r Äußeres ist großstädtisch und imponierend,
gleich, durch welchen der vielen Zugänge man i n sie
eintritt. Sah man vor etwa 10 Jahren im Bereiche
der Straße noch eine Reihe von Baulücken, fo sind
ihre Häuserzeilen, nachdem seit Kriegsende bis 1958
ununterbrochen gebaut wurde, fast ganz gefchlossen.
Die durch Bomben zerstörten Häuser Nr. 8, 13, 14
und 16 sind wiedererrichtet und zeigen sich heute in
einem ansehnlichen Kleide. Das älteste Gebäude der
Straße ist das Gasthaus „Neupradl", wo auf einer
mit einem Sechsstern versehenen Erhebung über dem
Dache die Jahreszahl 1903 zu lesen ist. Für Nichtortskundige irreführend ist, daß besagtes Gasthaus ebenso
in A l t - P r a d l steht wie das Gasthaus „ A l t p r a d l " in
der Pradler Straße. Neue Häuser modernen Baustils
sind nach dem Kriege im östlichen Elraßenteil hinzugewachsen, wodurch neben dem etwas Düsteren auch farbige und lebhaste Motive im Straßenbild entstanden.
Die ai: den eigentlichen Stammhäusern während der
Bauzeit vor dem ersten Weltkrieg geübte Zierlust hat
eine große Menge Spuren hinterlassen. So kann man
z. V. in der Defreggerstraße wohl alle Arten und
Abarten von Erlern bemerken" es gibt Beton- und
hübsche Korbsöller (Haus 13, 14 und 32), da und dort
einen klassischen Spruch. Wer sorgfältig fchaut, ent-