Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1959

/ Nr.9

- S.3

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Nummer l>

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Der folgende .^ramsierer Entwurf, der noin Versassungsausschuß beraten wurde, aber im Plenum nicht
mehr beschlossen werden tonnte, weil der Reichstag mit
kaiserlichem Manifest vom 1. März 18<4U aufgelöst
wurde. sollte den Geme"inden eine Reihe non Rechten
garantieren.
Die mit Manifest vom l. März l^l!» beschlossene Verfassung, die sogenannte „otlroiiierte Märzverfassung",
gewährleistete den Gemeinden fünf Grundrechte, nämlich die freie Wahl ihrer Vertreter, die Aufnahme
neuer Mitglieder in den >)eimalvelband, die se>lbstän^
dige Verwaltung ihrer Angelegenheiten, die Veröffentlichung des Ergebnisses des Haushaltes und die Öffentlichkeit der Verhandlungen ihrer Vertreter.
Diese grundlegenden Bestimmungen der Verfassung
fanden im provisorischen Gemeindegesetz vom 17. März
1tt4l) ihre Verwirklichung. A n >die Spitze dieses Gesetzes war im Artikel I dessen leitender Grundgedanke
„Die Grundfeste des froren Staates "ist Ne freie Gemeinde" gestellt.
Damit war für alle Gemsinidon Österreichs die Untertänigkeit unter den Grundherrn, soweit diese noch
bestand, für immer beseitigt. Das Gemeindegesetz, das
für sämtliche Länder des österreichischen Staates und
einheitlich für Stadt-, Markt- und Landgemeinden eine
Gemeindeuerfaffung auf der Grundlage freier Selbstverwaltung schuf, fah einen stufenweisen Aufbau der
Genwindeselbstverwaltung vor. Bereits dieses Gesetz
tollte den Wirkungskreis der Gemeinden in oinen natürlichen und einen übertragenen Wirkungskreis ein.
Der natürliche Wirkungskreis umfaßte alles, was das
Interesse der Gemeinden zunächst berührte und innerhalb ihrer Grenzen vollständig durchführbar ist, beschränkt lediglich durch das Gesetz mit Rücksicht auf das
Gesamtwohl. Der übertragene Wirkungskreis umfaßte
die Befolgung bestimmter öffentlicher, der Gemeinde
vom Staat im Delegationswege zugewiesener Geschäfte.
Allerdings war wegen der Verfassungswirren die
volle Wirksamkeit dieses Gesetzes nur von kurzer Dauer.
1852 wurde die Öffentlichkeit der Gemeindeverhandlungen aufgehoben, weiters behielt sich der Staat die
Bestätigung der Gemeindevorstände vor. 1854 wurde
die periodische Erneuerung der GemeMdevertretung
durch Neuwahlen siftiert, die Gemeindevertretungen
sollten bis zur Erlassung eines neuen Gemeindegesetzes ihre Tätigkeit fortsetzen, Lücken wurden durch Ernennungen ergänzt.
185!) erschien das neue, angekündigte Gemeindegesetz,
das jedoch mit Ausnahme der heimatrechtlichen Bestimmungen überhaupt nicht in Wirksamkeit trat.
Die Verfassung von l^ «die näheren Anordnungen hiezu Sache der Länder ist.
I m Sinne dieser Kompetenzbestimmnngen wnrde das
Reichsgesetz vom 7>. März 1M>2, womit grundsätzliche
Bestimmungen zur Regelung des Gemei ndewesens vorgezeichnet werden, kurz das Reichsgemeindegesctz genannt, erlassen. I m Rahmen dieses Gesetzes wurden
die einzelnen Gemeindeordnungen für die Länder und
die Statute für die Städte verfaßt.
Das Reichsgemeindegesetz von ^8l>2 gehl mil seinen:
Grundgedanken auf Vas provisorische Gemeindegesetz

Seile 3

von 18l!> znrück. Da cs auch heule noch seine W i r l u n g
und Gellung beHallen hat. zum Teil sogar wörtlich also
gellendes Recht ist, erscheint es angezeigt, sich mit den
Bestimmungen dieses Gesetzes näher zu befassen. Typisch für dieses Gemeindegesetz war die gleichmäßige
Durchführung des Prinzips der Selbstverwaltung in
allen Gemeinde», so daß die großen Städte und die
kleinsten Bergbauerngeiiwinden rechtlich vollkommen
gleichgestellt sind. Den StadtgemVinden, die durch das
Gesetz ein eigenes Statut bzw. Stadtrecht erhalten haben, kommt eine gehobene Stellung dadurch zu, daß sie
neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch
die staatliche Verwaltung in unterster Instanz, also die
Vezirksuerwaltung, zu führen hat. Das Reichsgemeindegesetz umfaßte 2lì Artikel, es fei hier auf die Wesentlichsten Bestimmungen eingegangen.
Artikel I bestimmt, daß jede Liegenschaft dem Verband
einer Ortsgemciude angehören muß, es also keine gemeindeterritoriale Gebiete geben kann. Die Artikel II und I I I befassen sich mit dem Heimatrecht und sehen vor, daß die Gemeinde
über die Verleihung des Hcimatrechtcs entscheidet. Niese
Bestimmungen waren wichtig, da bekanntlich die Heimatgcmeinde für in Not geratene Gcmeindebürger aufkommen
mußte. Der Artikel IV traf die grundsätzliche Bestimmung, daß
der Wirkungskreis der Gemeinden ein doppelter ist, nämlich der
selbständige Wirkungstreis, im Gemcindcgcsetz 1849 natürlicher
Wirkungskreis genannt, und der übertragene Wirkungskreis.
Artikel V erläutert nun, was unter selbständigem Wirkungskreis zu verstehen ist. Er stellt ähnlich wie das Gemeindegesetz aus 1849 fest, daß dies derjenige Wirkungskreis ist, in
welchem die Gemeinde unter Beobachtung der bestehenden
Reichs- und Landcsgesetze nach freier Selbstbestimmung anordnen und verfügen kann und überhaupt alles umfaßt, was
das Interesse der Gemeinde zunächst berührt und innerhalb
ihrer Grenzen durch ihre eigenen Kräfte besorgt und durchgeführt werden kann. Demonstrativ führt das Gesetz auf: die
Verwaltung des Gemeindevermögens, die Sorge für die S i cherheit der Person und des Eigentums, die Sorge für die
Erhaltung der Gemeindestraßen, -Wege, -Plätze und -brücken
sowie der Verkehr auf Straßen und Gewässern und die Flurpolizei, die Lebensmittclpolizei nnd den Marktvcrkchr, insbesondere die Aufsicht über Maße und Gewichte, die Gesundheitspolizei, die Gesinde- und Arbeiterpolizei und die Handhabung der Dienstpostenordnung, Sittlichkcitspolizei, das Armenwesen und die Sorge für die Gcmcindcwohltätigkcitsanstalten, die Bau- und Feuerpolizei sowie die,Handhabung
der Bauordnung und Erteilung der Naubewillignugen, das
Schulwesen, Verglcichsversuche zwischen streitenden Parteien
vor aus der Gemeinde gewählten Vertrauenspersuncn, die
freiwillige Feilbictung beweglicher Cache». Hier war auch
vorgesehen, daß aus höheren Slaatörücksichlen bestimmte Geschäfte der Ortspolizei in einzelnen Gemeinden besonderen
landcsfürstlichen Organen durch Gesetze zugewiesen werden
können.
Artikel V I befaßt sich mit dem übertragenen Wirkungskreis, der als Verpflichtung der Gemeinde zur Mitwirkung
für die öffentliche Verwaltung im Nahmen der Gesetze definiert wurde. Der Artikel VII befaßt sich mit dem Zusammenschluß von Gemeinden ;nr Erfüllung gemeinsamer Aufgaben. Der nächste Artikel bestimmt, daß die Gemeinde in
ihren Angelegenheiten durch de» Gemcindeausschuß und den
Gcmeindevurstand vertreten wird und diese Vertretungen
durch die Gemeinde gewählt werden. Die Artikel IX b i s " x i
enthalten die grundsätzlichen Bestimmungen über das Wahlrecht und die Wählbarkeit in die Gemeindevertretung. Weitcrs wird bestimmt, daß der Gcmcindevorstand für seine
Amtshandlungeu im eigenen Wirkungskreis der Gemeinde