Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1959

/ Nr.9

- S.1

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E r s c h e i n t c i n in a I i in M o n a i
Iabresabonn. 3 ^U.—, Einzeln 3 2.
beim R a t h a u S - P o r t i e r
Nummer

^ ch r i f t I e i t n n g : R a t h a u s
^ . S t o c k , Z i m m e r N r . l. 9 0
Fernsprecher N r . «371/190
September 1 9 5 9

22. Jahrgang

Gemeindefteiheit in Osterreich
Bürgermeister Dr. Alois Lugger
Vorbemerkung der Schriftleituug: A>u 14. September d. I .
wurde im Niesensaal der Hofburg der von bekannten internationalen Fachleuten besuchte Kongreß „Freiheit in der Gemeinschaft" eröffnet. Anschließend au den Vortrag des Baslcr
llniv.-Professors D r . Adolf Gaffer über die „kommunale
Selbsticgierung als europäisches Problem", in dem der Gelehrte besonders die Verhältnisse in der Schweiz und in T i r o l
aufzeigte, hielt Bürgermeister D r . Alois Lugger den folgenden Vortrag über die „Gemeindefreiheit in Osterreich", der
auch für die Leser des „Amtsblattes" lehrreich sein dürfte.

Wenn mir heute «die Aufgabe gestellt ist, über die
Gemeindefreiheit in Österreich zu sprechen, fo sei mir
gestattet, vorerst einen kurzen überblick über die Entwicklung des heute in Österreich geltenden Gemeinderechtes zu geben.
Die Gemeinde selbst "ist sicherlich so alt wie das
Land, sie geht bis zu den Anfängen der Siedlung zurück, sie hat ihren Ursprung nicht in einem Willensakt
der Staatsgewalt, sondern sie ist das Ergebnis eines
Entwicklungsprozesses. Die Tatsache des örtlichen Zusammenlebens von Menschen erzeugte eine Reihe von
gemeinsamen Interessen und Problemen, welche nur
gemeinsam durch einen Lokalverband, die Gemeinde,
befriedigend gelöst werden konnten.
So wie im ganzen deutschen Sprachraum, erhielt
auch in Österreich "das Gemeindewesen erst im M i t t e l alter Form und Ausbildung. Grundlage für die erste
Ausbildung des Gemeindewesens im Mittelalter war
die Agrarverfassung. Nicht der Landesfürst gestaltete
das blecht des gemeindlichen Verbandes, sondern der
Grundherr. Er führte in der Landgemeinde durch seine
Organe die wirtschaftlichen Obliegenheiten der Gemeinde, sprach Recht und handhabte die Ortspolizei.
Anch die Entwicklung der Städte nahm ihren Ausgang oon den Ollen, denen der Gru»dl,erl M a r t l rechle und später auch besondere Stadtrechle verliehen
hatte. Während die Landgemeinden größtenteils in
der Untertänigkeit unter dem Grundherrn verblieben,
gelangten die Städte zur völligen Selbstverwaltung.
Diese Entwicklung fand ihre natürliche Grundlage

wohl i m Aufblühen von Gewerbe und Handel, das
den Städten Reichtum und Macht brachte, sie wurde
aber auch vom Landesfürsten gefördert, der in den
Städten und i m Bürgertum oin Gegengewicht gegen
Vie Macht des Adels erkannte. Vom Landesfürsten erhielten die Städte mannigfache Freiheiten, Markt-,
Steuer- und Münzrechte, aber auch häufig die Gerichtsbarkeit. Die freie Wahl des früher vom Grundherrn
eingesetzten Stadtrichters durch die Bürgerschaft,
brachte sine weitgehende Selbstverwaltung, die von
den Behörden der Stadt vollzogen wurde. Hatten die
Städte die Abhängigkeit vom früheren Grundherrn
vollends abgestreift, so unterstanden sie als landesfürstliche Städte unmittelbar den Behörden des Landesherrn. Die in der damaligen Zeit verliehenen
Stadtrechte enthielten moist nicht nur die Stadtverfassung, sondern auch Gebiete des Verwaltungsrechtes,
wie auch des Z i v i l - und Strafrechtes.
Vom 18. Jahrhundert ab trat eine fortwährende
Minderung der Rechte der Städte sin, M Gunsten der
Zentralgewalt der Landesfürsten, wohl als Auswirkung des wirtschaftlichen RiederMNges der Städte
durch Kriege und innere Unruhen, aber auch durch das
Aufkommen des Absolutismus, bis allmählich die Gemeindebehörden mehr unteren Instanzen der landesfürstlichen Verwaltung, als Organen der Selbstverwaltung glichen.
Dagegen hatte das Aufkommen des Absolutismus
den Landgemeinden eine Erleichterung des Abhängigteilsverhällüissev gebracht, da anch die Grundherrschaft den landesfiirstlichen Behörden unterstellt wurde.
Andererseits aber wurden auch die Landgemeinden zur
Besorgung von Geschäften der Staatsgewalt und zur
M i l w i r t i l n g hiebei herangezogen. Die Gemeinden
waren somit ein Opfer des allgewaltigen, absoluten
Staates geworden, der ein Recht auf Selbstverwaltung
nicht anerkannte und auch die lokale Verwaltung restlos seiner Regelung und Beaufsichtigung zu unterwerfen suchte lind die Organe der Gemeinde zu Beauftragten der Regierung herabdrückte.
Vine "andere Stellung nahmen wie Gemeinden in