Innsbruck Informiert

Jg.2017

/ Nr.2

- S.58

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Stadtgeschichte

Der Innenhof als Herzstück
Der 1926/27 errichtete „Pembaurblock“ in Pradl setzte nicht nur
architektonisch neue Maßstäbe. Mit einer Mutterberatungsstelle
und einem großzügigen Innenhof samt Spielflächen für Kinder
spiegelte er fundamentale gesellschaftliche Veränderungen.
von Susanne Gurschler

S

© STADTARCHIV/STADTMUSEUM (3)

ie sei wohl „die schönste ihrer Art
in ganz Österreich“, stand am 03.
September 1928 im Tiroler Anzeiger zu lesen. Gemeint war die Mutterberatungsstelle im sogenannten „Pembaurblock“ im Innsbrucker Stadtteil Pradl,
die tags darauf eröffnet wurde und in
„modernster, mustergültigster Weise“
eingerichtet war. Die Mutterberatungsstelle nahm eine wichtige Rolle in diesem rundum sozial gedachten Wohnblock ein – was sich nicht zuletzt an
ihrer markanten Positionierung zeigte.
Der von den Architekten Theodor Prachensky und Jakob Albert für die Stadt

Die Mutterberatungsstelle schloss den Block nach Norden ab. Dort ist heute ein Kindergarten untergebracht.

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INNSBRUCK INFORMIERT

geplante Pembaurblock war stilistisch
der „Neuen Sachlichkeit“ verpflichtet
und galt nicht nur in Innsbruck als Beispiel für zukunftsweisenden kommunalen Wohnbau. Der Fokus lag auf Lebensund Wohnqualität für die künftigen
BewohnerInnen. Besondere Berücksichtigung fanden zudem die Bedürfnisse
von Kindern.

Veränderte Bedürfnisse
Vor dem Ersten Weltkrieg hatte es in
Innsbruck nur sehr überschaubare Aktivitäten im Bereich sozialer Wohnbau gegeben. Wenn Gebäude errichtet worden
waren, dann nach dem Vorbild gründerzeitlicher Mietshäuser. In den Kriegsjahren war an Bauen nicht zu denken,
nach Ende des Ersten Weltkriegs war
die Wohnungsnot enorm und die Stadtregierung wollte leistbaren und ansprechenden Wohnraum schaffen.
Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den Städten hatten sich geändert: An die Stelle von Groß- traten
die Kleinfamilien, viele Frauen gingen
arbeiten. Um die Säuglingssterblichkeit
wirksam zu bekämpfen, richteten Kommunen Mutterberatungsstellen ein. Hier
erhielten Mütter Unterstützung bei Fragen zur richtigen Ernährung, Hygiene
und Behandlung von Kinderkrankheiten. Beim Planen wurde zudem auf Aufenthaltsqualität geachtet: Große, helle
Räume, Grünflächen und ansprechende Innenhöfe sollten zum Wohnkomfort beitragen, Kinder konnten ihren Be-

wegungsdrang innerhalb der Anlagen
ausleben. Die heimischen Architekten,
die sich – wie ihre Kollegen in Wien und
Berlin – einem modernen Stil verpflichtet fühlten, versuchten diesen im Wohnbau umzusetzen. Der Wohnblock erwies
sich als günstige Variante und er war
auch ökonomischer, in Bezug auf Grund
und Boden. Um die Räume mit möglichst viel Licht und Sonne zu versorgen, traten Loggien und Balkone sowie
großzügige Innenhöfe an die Stelle von
Lichtschachten. Eine der stimmigsten
Anlagen stellte in Innsbruck der Pembaurblock dar.

Wohnen im Pembaurblock
Prachensky und Albert planten eine viergeschoßige, U-förmige Anlage mit 108
Wohnungen, in der zudem Geschäfte
und eine Mutterberatungsstelle untergebracht waren. Dreiseitige Erker durchbrachen und gliederten die schlichte
Fassade, den Abschluss zum Dach bildete ein Gesimsband. Im Innenhof übernahmen, neben Erkern, Loggien (heute
geschlossen) und Balkone die optische
Gestaltung. Zudem waren die Fensteröffnungen versetzt, dies nahm der Fassade ihren strengen Charakter. Für einen
eleganten Abschluss sorgten die Dreiecksgiebel am Dach über den Eingängen. „Am Pembaurblock ist der Kontrast
zwischen repräsentativem Charakter der
Straßenseite und vernachlässigter, dem
Zufall überlassener Gestaltung der Hofseite endgültig verschwunden“, schreibt