Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1958

/ Nr.3

- S.2

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Verehrte Festgäste!
Der Gemeinderat hat mich mil der ehrenvolle!!
Aufgabe betraut, Sie alle im Namen der Stadtgemeinde Innsbruck heute zu begrüben. Mein erster
Gruß gilt dem Oberhaupt unserer Stadt, Herrn
Bürgermeister Dr. Lugger. Mein weiterer Gruß
Herrn Vizebürgermeister Flöckinger. Ich begrüße ferner die versammelten Stadträte und Gemeinderäte.
Ich begrüße des weiteren die Vertreter der Presse und
des Rundfunks. I m Namen der Stadtgemeinde begrüße ich aber insbesondere unsere heutigen Ehrengaste, die Iungbürgerinnen und Iungbürger von
Innsbruck. Es ist ein besonderer und erstmaliger Anlaß in der Geschichte der Ersten und Zweiten Republik
Österreichs, das eine demokratische Verfassung hat,
daß die Stadtverwaltung alle jene, welche durch Erreichung der Altersgrenze zu Vollbürgern geworden
sind, eingeladen hat, um diesen E i n t r i t t in die vollen
Staatsbürgerrechte feierlich zu begehen. Öfterreich ist
bekanntlich eine Demokratie. Demokratie heißt Herrschaft des Volkes, also Herrschaft ohne Souverän und
Diktator, eine Staatsverwaltung, nach welcher alle
Macht in den Händen des Volkes liegen soll, wenn es
eine gute Demokratie ist. Eine Demokratie bleibt aber
nur lebendig, wenn ständig darauf Bedacht genommen wird, daß alle demokratischen Rechte des Bürgers
voll gewahrt bleiben. Eine echte und wahre Demokratie äußert sich am besten dadurch, wenn die vom Volk
bestellte Regierung in ihrer Verwaltung und Gesetzgebung den echten Willen des Volkes zum Ausdruck
bringt. Und wenn, falls auch eine Partei einmal die
Mehrheit im Staate hat und die Regierung stellt,
auch das Interesse und der Wille der anderen starken
Gruppen im Staate ihre Berücksichtigung finden. Geschätzte Iungbürgerinnen und Iungbürger! Sie sind
nun in ein Alter eingetreten, das Ihnen nach der
Verfassung das Mitbestimmungsrecht in der Form
einräumt, daß Sie künftig durch Abgabe des Stimmzettels bei Wahlen aller A r t mitbestimmen können,
welchen Weg die oberste Verwaltung des Staates oder
die Verwaltung der Gemeinden in wirtschaftlicher,
politischer und sozialer Beziehung zu gehen hat. Dieses Recht auf Mitbestimmung verpflichtet aber auch
zur Mitverantwortung, und Sie können sich dieser
Mitverantwortung gar nicht entziehen. Um eine Verantwortung übernehmen zu können, bleibt aber Voraussetzung, den inneren Aufbau des Staate?, die
maßgeblichen Gesetze kennenzulernen, denn nur dann
ist man in der Lage, auch jeweils eine richtige Entscheidung treffen zu können. Dies verpflichtet Sie
nunmehr, geschätzte Iungbürgerinnen und Iungbürger, sich für alle Belange des öffentlichen Lebens zu
interessieren und aktiv am Aufbau unseres Staates,
unserer Gemeinde, unseres Landes mitzuarbeiten,
gleichgültig, auf welchen Posten Sie das Leben stell!.
Daher richte ich an Sie die Aufforderung, beschäftige»
Sie sich künftig mit allen öffentlichen Dingen, denn
binnen weniger Jahre werden einmal Sie und auch
jene, die vor Ihnen gekommen sind und nach Ihnen
kommen, die Verantwortung im Staate und in der
ganzen öffentlichen Verwaltung übernehmen müssen.
Es wird Ihnen und dem einen und dem andern auch
einmal vielleicht die Verwaltung dieser unserer lieben
Stadt Innsbruck in die Hände gelegt werden. Ich muß

Nummer 3

heute die erfreuliche Feststellung machen, daß der Einladung zu dieser Festversammlung non den üll) M i t gliedern des Jahrganges fast starke Beteiligung ist ein Beweis für die Aufgeschlossenheit des jungen Jahrganges für alle Belange
des öffentlichen Lebens. Sie bietet auch Gewähr für
eine gesunde und fortschrittliche Weiterentwicklung
unseres Staatswesens und unserer Gemeinde, und ich
schließe mit dem Wnnsche, daß Ihnen der heutige Tag
in Erinnerung bleibt und Sie künftig mit gleichem
Interesse und Wollen sich in die Arbeit zum Wohle
unseres Staates und unserer Gemeinde einschalten
werden.
Klaus Veith, Mitglied des Tiroler Landestheaters,
las hierauf in meisterhaftem Vortrag aus der „Rede
über Österreich" von Anton Wildgans.
Nun ergriff Bürgermeister Dr. Alois Lugger das
Wort und führte aus."
Iungbürgerinnen und Iungbürger!
Liebe junge Freunde!
Vielleicht hat sich manch einer von Ihnen gefragt,
wozu wurden wir eigentlich hierher geladen, welchen
Sinn hat diese Iungbürgerfeier? Liebe Freunde! Sie
alle haben im Laufe des vergangenen Jahres das
21. Lebensjahr vollendet. Sie sind damit in den vollen Besitz aller staatlichen und bürgerlichen Rechte
gelangt. Sie haben Rechte erlangt, aber nun auch
Pflichten übernommen, deren Ausmaß und BedeuNmg nicht zu unterschätzen sind. Sie sind Bürger unserer Stadt, aber auch Bürger unseres Landes und
unseres Staates. Ich möchte Ihnen zurufen, nein, ich
möchte es Ihnen ins Herz brennen! wir alle sind stolz
darauf, Innsbrucker, Tiroler, Österreicher zu sein.
Ich w i l l nun versuchen, kurz in Erinnerung zu
bringen, welch bedeutungsvoller Schnitt mit der Erlangung dieser Bürgerrechte in Ihrem jungen Leben
vollzogen wurde.
Sie haben das aktive Wahlrecht erlangt, d. h. Sie
sind befugt, entscheidend mitzubestimmen, wer in unserer Stadt, im Lande T i r o l und in unserem Bundesstaate Österreich das Recht erhält, über Wohl und
Wehe der Mitmenschen zu entscheiden. Jawohl, Sie
sind dazu berufen, darüber mitzubestimmen, was in
Stadt, Land und Bund geschieht. Sie entscheiden also
mit, ob wir alle den Weg des Rechts, den Weg der
Wohlfahrt, den Weg nach aufwärts gehen. I n Ihre
Hand ist es gelegt, ob wir gemeinsam nns weiterhin
eine gesicherte Existenz und Zukunft in Ordnung und
Gerechtigkeit erarbeiten können. W i r wollen nnseren
Veitrag dazu leisten, gerade weil wir wissen, daß die
Welt von schweren Auseinandersetzungen gepeinigt
ist und diese auch für unser aller Schicksal mitbestim
mend sind.
Sie alle sind Bürger unserer Stadt. 7^ch bin
überzeugt. Sie alle freueu sich immer wieder über
unser schönes Innsbruck. Aber wer heute die Annehme
lichteiten einer modernen Gemeindeverwallung »nd
Kommunalwirtschaft als Selbstverständlichkeit genießt,
denkt kaum an den wechselvollen Werdegang der Gemeinde als der untersten und ursprünglichsten Zelle
unseres Staatswcsens. Die Gemeinde ist nämlich als
Träger eigener Rechte lind Pflichten innerhalb der