Innsbruck Informiert

Jg.2014

/ Nr.11

- S.59

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© Stadtarchiv/Stadtmuseum (3)

larität bezieht sich sowohl auf die Ausgestaltung an sich als auch auf den Inhalt
der Bildwerke.
Dieser Wandausstattung liegt ein komplexes religiöses Programm zugrunde. Die
Bildwerke fügen sich in das vorhandene
Raumgefüge ein, wodurch ein kapellenartiger Charakter entsteht. Der Eingangsbereich im Süden wird durch die natürliche
Bogenleibung und das Türgewände zur sakralen Hauptwand bildhaft gestaltet durch
die Kreuzigung Christi. Symbolhaft sind
die vier Paradiesflüsse, die Evangelistensymbole, die Heilige Dreifaltigkeit und die
Jakobsleiter in der Bogenleibung eingefügt. Das erste Menschenpaar im Paradies
bildet das räumliche Gegenüber an der
Nordwand. Dem Mysterium der Auferstehung an der Westwand stehen symbolhafte Darstellungen an der Ostwand gegenüber. An der Decke versammelt sich die
Familie des Künstlers unter der schützenden Hand Gottes, die Bedrohung des Krieges in Form einer wilden Jagd wird von den
himmlischen Heerscharen abgewehrt.

Vom jungen Künstler
zum Mediziner
Die Inhalte der Bilder, die mit historischen
Ereignissen sowie individuellen Empfindungen und Erlebnissen verknüpft sind,
erinnern an die ältere Votivmalerei, die
hier nicht als Tafelbild, sondern als Wandschmuck ausgeführt ist. Votivanlass ist
der Bombenkrieg über Innsbruck. In Komposition und Ausführung orientiert sich
der Künstler an seinem Vorbild Max Weiler, den er im Figurentypus, in der Gestaltung der Pflanzen, der Berge oder auch
in charakteristischen Motiven nachahmt.
Daneben verwendet der Künstler auch eigene Motive, die er beispielsweise 1958
bei seiner ersten Reise nach Italien kennengelernt hat.
Der Künstler Prof. Dr. med. Friedbert
Scharfetter ist mit dem Luftschutzkeller
sowohl als Zeitzeuge des Bombenkrieges
als auch als Schöpfer der Wandbilder verbunden. Friedbert Scharfetter (Jahrgang
1936) wurde im Haus Bozner Platz 4 geboren, erlebte dort seine frühe Kindheit und
auch den ersten Bombenangriff über Innsbruck. 1947 kehrte er nach der Beseitigung

Durch die Bildwerke entsteht im Vorraum des Luftschutzkellers ein kapellenartiger Charakter.

der Kriegsschäden wieder in das Haus zurück und besuchte das Akademische Gymnasium in Innsbruck. Schon früh begann er
sich für die bildende Kunst zu interessieren, in den späten Gymnasialjahren hatte
er Kontakt zu Franz Staud, Max Weiler, Richard Kurt Fischer und Oskar Kokoschka.
Mit seinem ersten eigenständigen Werk
aus dieser Zeit, einem im Jahre 1954 geschnitzten Kruzifixus, erregte Scharfetter
am Jugendkulturwettbewerb 1958 Aufsehen. Seine erste Versuchswand im ehemaligen Kohlenkeller des Hauses Bozner Platz
4 hat sich nicht mehr erhalten, die Ausmalung im Vorraum des Luftschutzkellers, die
er zwischen 1953 und 1958 in Erinnerung
an seine Kriegserlebnisse schuf, blieb somit seine einzige Wandausstattung.
Sie zeigt einerseits die künstlerische Begabung Scharfetters, andererseits aber
auch den hohen geistigen Anspruch des
damals 18- bis 22-Jährigen. Friedbert
Scharfetter ist trotz künstlerischer Begabung letztendlich dem Ruf der Medizin
gefolgt. Sein versteckter Erinnerungsort,
der als singuläres Zeugnis für die Ausgestaltung eines Luftschutzkellers die Stadt
Innsbruck sowohl historisch als auch aus
kunsthistorischer Sicht bereichert, wird
hoffentlich zukünftig als Denkmal Beachtung finden und in seiner ursprünglichen Bedeutung erhalten bleiben.

Der Beitrag ist in ungekürzter Fassung in der Veröffentlichungsreihe des Stadtarchivs Innsbruck Zeit – Raum
– Innsbruck, Bd. 13, erschienen und im Stadtarchiv
Innsbruck, im Universitätsverlag Wagner sowie im freien Buchhandel erhältlich.

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