Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1957

/ Nr.6

- S.6

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Seite 6

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

größeren Umfangs ausgeführt hat, sind als seine
namhaftesten Arbeiten im Gebiete der Landeshauptstadt folgende anzuführen!
Das große Freskogemälde an der Stirnfront der
damals neuen Tummelplatz-Kapelle (1917). — Die
gründliche Innenrestaurierung der Pfarrkirche von
Dreiheiligen (1927/28). — Die Ausschmückung der
Vürgerstube im Hotel Kreid mit Motiven aus der
(sieschichte von Innsbruck (1928). Leider hat dieses
interessante Werk Vesatzungsschäden erlitten, die noch
immer nicht behoben werden konnten. — Das monumentale und volkstümliche Chriftophorus-Fresko am
Mundinghaus in der Kiebachgasse (1932). — Die
Renovierung der Pfarrkirche von M ü h l a u (1933).
— Die Ausschmückung des I n n e r n der Mühlauer
Friedhofkirche (1935). — Die Renovierung und Ausschmückung der bombenbeschädigten Pfarrkirche von
Dreiheiligen (1948). — Renovierung und Neugestaltung umfangreicher Deckengemälde in der bombardierten Hauptpfarrkirche von St. Jakob (1949/50). —
Renovierung von Altar und Deckengemälden in der
Pfarrkirche von W i l t e n (1955).
Für Stadt und Land in besonderem Maße verdient
machte sich der Jubilar durch die Heranbildung junger
Künstler. Aber Wunsch seiner Berufs- und Standeskollegen gründete er 1919 eine M a l - u n d Z e ich e n schu l e, die nun bald auf einen 40jährigen
Bestand zurückblicken kann. Bereits zu Beginn zählte
zu den Besuchern derselben eine schöne Anzahl heimischer Kunstbeflissener, zu denen aber alsbald noch
eine Reihe Angehöriger früherer Offizierskreise hinzustieß, die nach unglücklichem Ausgang des ersten
Weltkrieges, meist ohne zivilen Beruf, sich in I n n s bruck aufhielten. Da Kirchmayrs neue Einrichtung
die einzige Schule dieser A r t in T i r o l und Österreich
überhaupt war und demzufolge größtem Interesse
begegnete, mußte schon gleich nach Monaten an das
Ausfindigmachen geräumigerer Schullokalitäten geschritten werden. 192N übersiedelte die M a l - und
Zeichenschule i n das Gewerbeförderungsinstitut in der
Meilchardstraße, wo ihr der ganze erste Stock des
Stöcklgebäudes eingeräumt worden war. Durch Hinzufügen einer Abteilung für Keramik, Plastik und
anderer Kunstzweige erweiterte sich Kirchmayrs
Schule zusehends. Die Schülerzahl stieg aus 70 bis 100.
Freilich, bloß von allzu kurzer Dauer war der Aufenthalt in diesen Räumen, die recht bald wieder vom
Hausherrn für eigene Zwecke in Verwendung genommen werden mußten. So schienen die lobenswerten
Bestrebungen Toni Kirchmayrs neuerdings wegen
Unterbringungsnöten in Frage gestellt. Da tauchte
eine andere Gelegenheit auf. Nach Abzug der
italienischen Besatzung aus Innsbruck, die u.a. auch
das Ferraripalais besetzt gehalten hatte, wurden die
i m Parterre und ersten Stock liegenden Räumlichleiten genannten Objektes der obdachlosen Kirchmayrschule bereitgestellt. I n aller Eile wurden die durch
dio Militäreinquartierung nötig gewordenen I n st a udsetzungsarbeiten so weit durchgeführt, daß der
Schulbetrieb aufgenommen werden tonnte. Infolge
der nunmehr günstigen Raumverhältnisse beabsichtigte Kirchmayr als weiteren Ausbau seiner Schule,
dieser auch einen technischen Freskokurs anzugliedern.
Z u diesem Zweck dieß er im Ferrarigarten eine

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Kalkgrube für Aufnahme eines Waggons Kalkes, der
für Frestoarbeiten bekanntlich gut abgelagert sei»
muß. errichten. Der gute Ruf der Schule und die Be^
deutung derselben für eine kommende Küustlergene
ration war inzwischen auch in der Bundeshauptstadt
bekanntgeworden. Bei einem Besuch des Wiener
Akadomieprofessors Andri in T i r o l kam ein Übereinkommen zustande, die Schule Toni Kirchuiayrs als
praktische Zweigakademie auszubauen. Das Vorhabe»
besprach Prof. Andri dann mit dem damaligen Unter
richtsministcr Schneider, der die Zusage erteilte,
dafür sorgen zu wollen, daß der Innsbrucker Einrichtung, die bereits 120 Schüler zählte, das ganze
Ferrarigebäude zugewiesen würde. Neuerdings mußten weitere Lehrkräfte angeworben werden. Zum
Lehrkörper kam nun auch der bekannte Künstler
V i r g i l Rainer hinzu, der die Abteilung für Bildhauerei leiten sollte. Der als Meister der Farbe bekannte A r t u r Nikodem war zur Leitung der Abteilung für Malerei bestimmt, Gläsinger sollte jene für
Graphik und Frau Rosa Vayr jene für Keramik übernehmen. Jedoch jenes Maß von Glück, dessen jedes
bedeutungsvolle Unternehmen in seinen Ansängen
bedarf, ist der Zweigakademie leider nicht zuteil geworden. Einige Männer aus dem Künstlerstande, die
vielleicht bei der Vergebung der Lehrstellen Übergängen worden waren, fühlten sich in ihrem Künstlerstolz verletzt und taten — in Innsbruck und Wien —
alles, was der Ausführung des Vorhabens hinderlich
erschien. M i t einem W o r t ! das Bemühen dieser
Kräfte hatte Erfolg. Heute erscheint es müßig, darüber noch mehr Worte zu verlieren. Toni Kirchmayr
mußte jedenfalls seinen zum Teil bereits verwirklichten Plan aufgeben. Den Freskokurs, der unter seiner
persönlichen Leitung stand, übernahm für kurze Zeit
Kunstmaler Kluibenschedl, bis auch dieser aufgeben
mußte. I n dieser Zeitspanne entstanden iene aus der
Hand der nach Innsbruck gekommenen Schüler der
Wiener Kunstakademie angefertigten Fresken an den
Arkaden und im Friedhofsgebäude in Pradl, von
denen der Gegenwart nur noch ein blasser Schimmer
übriggeblieben ist. Aus dem geschilderten Vorfall zog
Bürgermeister Grell die Konsequenz und veranlaßte,
daß dein unter sich uneinigen Künstlertreis das Ferraripalais, das er für die Unterbringung der Frauenberufsschule auserkoren hatte, entzogen wurde. Noch
im Spätherbst des Jahres 1924 erlebten die I n n s brucker einen trotz aller Tragik in ulliger Weise durchgeführten Auszug bzw. Transport des Inventars der
Künstlerschnle aus dem Palast von Dreiheiligen. Als
bescheidenen Ersatz erhielt Kirchmayr den in: zweiten
Stock des alten Rathauses am Stadtturm befindlichen
Saal zugewiesen. (Als Malerial-Eintaussstelle diente
ihm vorübergehend der Viadutlbogen I in der I n g . Etzel-Straße.) Damit war die anerkennenswerte Absicht Toni Kirchmayrs, in T i r o l eine Kunstschule zu
errichten, die vor allem für Innsbruck von größtem
Nutzen hätte werden können, endgültig begraben. Die
M a l - und ^eichenschule jedoch
obgleich reduzier!
und in bescheidene» Maßen gehalle» - führte er u»
enlwegt weiter. Unter großen Opfern hat ihr der
Jubilar durch all die vielen Jahre, die einem Kunstschaffen bisweile» »ur abhold ware», bis auf de»
heutige» Tag »»beiildnr seiiie Obsorge gewidmet.