Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1957

/ Nr.6

- S.2

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

klassischen Meister der Tonkunst wachzuhalten und zu
vertiefen, sondern auch bedeutende Komponisten dor
Gegenwart zu Gehör zu bringen.
F ü r die Wertschätzung und Qualität des Konservatoriums und der Musikschule spricht auch deutlich
die Tatsache, daß zur Zeit fast 1000 Schülerinnen und
Schüler aller Altersstufen und Verufsklassen inskribiert sind, die zu einem erheblichen Teile auch mehrere Unterrichtsfächer besuchen. Besondere Erwähnung verdient, daß alle österreichischen sowie die
zahlreichen ausländischen, vorwiegend deutschen S t u denten, die die hiesige Universität besuchen und sehr
oft bestrebt sind, gleichzeitig ein Musikstudium bis
zum Reifegrade zu absolvieren, zur Erreichung dieses
Zieles nun nicht mehr gezwungen sind, in eine andere
Universitätsstadt mit Konservatorium abzuwandern,
sondern sich ihnen jetzt i n Innsbruck in glücklichster
Synthese die Möglichkeit bietet, das Universitätsstudium mit jenem der Musik zu verbinden.
Die Erreichung des Besitzes einer Musiklehranstalt
i m Nange eines Konservatoriums i n unserer Stadt
bietet mir willkommene Gelegenheit, in kurzer Vorlesung der wechseluollen Geschichte dieser Anstalt seit
den ersten Anfängen zu gedenken:
A u s der „Academischen Musikgesellschaft", die sich
1816 gebildet hatte und als vermutliche Nachfolgerin
einer bereits 1799 bestandenen „Filarmonischen Gesellschaft an der k. k. Leopoldinischen Universität zu
Innsbruck" neben der Besorgung der Kirchenmusik
beim akademischen Gottesdienst in der Jesuiten-, ab
1720 Universitätskirche auch musikalisch-deklamatorische Akademien in der „8tuda ac^ciemica" sowie
Musikübungen vokaler und instrumentaler Natur
veranstaltete, ist zwei Jahre später der „Verein zur
B i l d u n g i n der Musik und im Deklamieren" — der
„Innsbrucker Musikverein" — hervorgegangen. Die
Gründungsversammlnng fand am 2. J u n i 1818 statt.
A l s seinen Hauptzweck verfolgte dieser Verein die
„Ausbildung in der Tonkunst und in der Rede", als
Nebenzweck die Abhaltung von Akademien und Konzertveranstaltungen oder, wie es in den ersten Statuten hieß, „die sittliche Bildung und das Vergnügen".
Der Erreichung des Hauptzweckes diente in erster
L i n i e die Schule, die sich aus den primitivsten Anfängen im Laufe der Zeit trotz mancher Rückschläge zu
einem bemerkenswerten Faktor auf dem Gebiete der
Musikerziehung zu entwickeln vermochte.
I h r e ersten Lehrkräfte waren die schon in der
„Academischen Musikgesellschaft" als Ehorregent bzw.
Musikdirektor tätig gewesenen M a r t i n Goller und
Johann Herzog. Der aus Südtirol gebürtige Priester
M a r t i n Goller war Koventualc des Stiftes Fiecht,
galt als guter Musiker, geschickter Organist und Tondichter; ihm wurde 1tt12 der Musikunterricht am
Gymnasium und die Obsorge über die Kirchenmusik
beim sogenannten akademischen Gottesdienst in der
Icsuitenkirche übertragen. Johann Herzog stammte
aus der Steiermark, kam im Oktober 1816 zum Besuch
der juridischen Fakultät nach Innsbruck und ist als
eigentlicher Gründer des Innsbrucker Musituereins
anzusehen. Um 1824 sind weitere Lehrpersonen verzeichnet: unter ihnen Militärkapellmeister Pachinger,
der Pfarrchorregent Franz Xaver Leyherr sowie M u siker und fortgeschrittene Klavierschüler M a r t i n Gol-

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lers. Der damals auf Gesang, das Klavierspiel, auf
Streich- und einige wenige Blasinstrumenle bezogene
Unterricht wurde z. T. im Privatzimmer Gallers. z, T.
in Hörsälen der bis 1826 als Lyzeum gesiilirlen Uni
uersität erteilt.
Bereits 20 Jahre nach seiner Gründung konnte der
Musikverein auf eine beachtliche Schullätigleil zurückblicken: Die Zahl der Lehrkräfte war ans 12. jene
der Schüler von 68 im Jahre 181!! auf nahezu 150
gestiegen. Während im Zuge der weiteren Entwicklung die Anzahl der Lehrkräfte bis gegen Ende der
Siebzigerjahre nur auf 15 angewachsen war. vermehrte sich jene der Schüler auf über das Doppelte.
Unmittelbar nach der Jahrhundertwende wurden 350
Schüler von 16 und 1920 gegen 850 Schüler von 3?
Lehrkräften unterrichtet. 1936/37 betrug die Schülerzahl über 760, jene der Lehrkräfte 40, und heute,
20 Jahre später, unterweisen, wie bereits erwähnt,
54 Lehrpersonen gegen 1000 Schüler.
Die Weiterentwicklung des Musiklebens in unserer
Stadt, die zur Zeit der Gründung des Musikuereins
nur etwas über 10.000 Einwohner beherbergte,
brachte auch eine Ausweitung des Unterrichts auf
nahezu sämtliche damals verwendeten Streich- und
Blasinstrumente, später auch auf Vollsinstrumente
und zusätzliche, bisher nicht berücksichtigte Unterrichtsfächer mit sich. An die Stelle der noch 1850 anzutreffenden Unterweisungen im Generalbaß traten nunmehr jene in der Harmonielehre und in anderen
theoretischen Disziplinen, zu den Orchester- nnd Ehorproben kamen verschiedentlich auch Musitübungen für
das Kammerensemble und das Schülerorchester hinzu
und in der Person des Postbeamten und Musikkritikers Philipp Mayer fand sich um die Mitte der
Siebzigerjahre der erste „Dozent" für das Fach M u sikgeschichte.
Das Inventar des Musikuereins, das 1820 aus zwei
Klavieren, einigen Geigen und Holzblasinstrumenten,
aus zwei sogenannten Inuenzionstrompelen. einem
sehr bedeutenden Vorrat an Musikalien, darunter
wohl auch Noten und Aufführungsmaterial der ehemaligen „Filharmonischen" uud „Academischen M u sikgesellschaft", sowie aus mehreren Pullen etc. bestanden hatte, erfuhr durch Schenkungen und Legate,
darunter die sogenannte „Gänsbachersammlung",
„Oellacher- bzw. Tcuchersammlung", durch die 1830
erfolgte Überlassung der auf der Universitätsbibliothek in Innsbruck vorhanden gewesenen Musikalien
und fortlaufende Ankäufe bemerkenswerte Vermehrung. Heute umfaßt das Archiv trotz mancher in
den Dreißigerjahren durchgefühlter Verkäufe und eingetretener Verluste über 14.680 Einzelmusitalien und
700 theoretische und sonstige Werke, wie Zeitschriften,
Broschüren usw. Neben mehr als 30 Klavieren, einem
Konzerlcembalo und einer zweimanualigen Schulorgel besitzt das heutige Konservatorium auch eine
größere Anzahl von Streich-, Blas- und Schlaginstrumenten sowie moderne, für Zwecke eines neuzeitlichen
Musikunterrichtes beslimmle lechuische Einrichtungen.
biegen im einzelnen genaue Nachrichten über die
A r t der Unterrichtsmethodit a»>.> de» ersten Jahren
des Schulbcstandes nicht vor. so lassen gelegentliche
Mitteilungen aus späterer Zeit eine wenn auch nur
oftmals versuchsweise Einführung verschiedener Schu-