Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1957

/ Nr.4

- S.3

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Nummer 4

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

der Gl"amo unserer Stadt, an deren Universität Ritt
ler viele Jahrzehnte lehrte nud wirkte, Erwähnung
findet, unserer Stadt, deren Ruf als Pflegestätte
wissenschaftlicher Arbeit nnd Leistung Rittler in hervorragender Weise stets wahrte nnd mehrte. faßte
der Geineinderal der Landeshauptstadt Innsbruck in
seiiler Sitzung am 21. Ätärz 1957 den einstimmigen
Beschluß, an Herrn Nniversilätsprofessor Dr. Dr. h. c.
Theodor Mittler den ..Ehrenring der Stadt I n n s bruck" gemasi i> I de^-" Innsbrlicker Slndtrechtes zu
verleihen.
Wurde auch Leben lind Wert des neuen Ehrenringträgers anläßlich der Vollendung seine»." 80. Lebensjahren bereits mehrfach in heroorragender Darstellung gewürdigt, so sei es mir doch gestattet, an
dieser Stelle nochmals einen turzeuAbriß darzulegen!
Geboren in Wien, verbrachte Rittler seine M i t t e l schulzeit am Wiener Piaristen-Gymnasium. Anschließend widmete er sich dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Wien. Der hochbegabte Student der Rechte erweckte bald die Aufmerksamkeit der
damaligen großen Wiener Rechtslehrer und K r i m i nalisten Lammasch und Stoos und erntete schon als
cancl. iur. seine ersten wissenschaftlichen Lorbeeren
durch sein Erstlingswerk! „Ist die Anstiftung und
Beihilfe zum Selbstmord nach österreichischem Recht
strafbar?" 1901 promovierte Nittler an der Universität Wien zum Doktor der Rechte. Unmittelbar nach
seiner Promotion begab sich Rittler nach Berlin, wo
er, um seine Studien zu vervollkommnen nnd die
Grundlagen für seine Habilitation zu schaffen, an dein
weithin berühmten kriminalistischen Seminar teilnahm, das unter der Leitung des in Wien geborenen
großen Strafrechtslehrers und Kriminalisten Franz
von Liszt stand.
Seit 1903 war Rittler auch in der praktischen
Strafrechtspflege tätig und wirkte vorerst als Gerichtssekretär des Oberlandesgerichtssprengels I n n s bruck. 1908 erhielt Nittler an der Wiener Universität
die venia Icsscn6i für Strafrecht nnd Strafprozeß recht
anf Grund seiner Arbeit! „Fragestellung, Wahrspruch
und Urteil im Geschworenengericht/" 1909 wurde der
junge Gelehrte in das t. t. Justizministerium nach
Wien berufen und arbeitete unter den Iustizministern Dr. Klein und Dr. v. Hochenburger zusammen
mit anderen namhaften Gelehrten, wie Lammasch,
Gleisbach. Schober, Lenz, sowie den Professoren Storch
und Groß am Entwurf eines neuen österreichischen
Ttrafgesetzbnches. Für seine Leistungen wurde Nittler von Kaiser Franz Josef in Audienz empfangen
und mit dem Franz-Iosefs-Orden ausgezeichnet. Geineinsame Slrafrechtskonferenzen fanden damals und
besonders in den späteren Jahren mit den reichsdentschen Kommissionen in Berlin. Dresden und M ü n chen statt. Maßgeblich daran beteiligt waren unter
anderem Iustizminister Pros, Dr. Radbruch, Professor
Kahl, während von der österreichischen Kommission
Uniu.-Prof. Dr. Ferdinand Kadecka. Rittlers alter
Freund, dem er später auch sein im Jahre 19l>4 in
zweiter Auflage erschienenes „Lehrbuch des österrei^
chischen Slrasrechts" zueignete, besondere Erwähnung
verdient.
I m Jahre 19l2 schied Rittler aus dem Dienst des
Justizministeriums, um einer Berufung als ordent-

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licher Professor an die Leopold-Franzens-Universität
Innsbruck zu folgen und die Lehrkanzel für Strafrechl und Strasprozeßrecht zu übernehmen. Während
seiner fast vierzigjährigen Tätigkeit als Professor an
der Innsbrucker Universität lel)rte Rittler nicht nur
Slrasrechl und Slrasprozeßrecht. sondern auch andere
Disziplinen, wie Völkerrecht, ^lechtsphilosophie und
auch Kircheurechl.
Rittler übte eine große Auzal)! akademischer Funktionen aus. Viele Jahre war ^r Präses der rechtshislorischen und der judiziellen Prüfungskommissionen, sechsmal Dekan der juridischen Fakultät. Zweimal bekleidete Dr. Rittler dic höchste akademische
Würde eines „recwi l u ^ n i i i c u « " , und zwar in den
Jahren 1924/25 und 1934"35. Forner ist Rittler wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften — eine Auszeichnung, die wohl selten
einem Juristen zuteil wird —, aktives Mitglied der
internationalen kriminalistischen Vereinigungen und
der Deutschen Strafrechtlichen Gesellschaft. Die österreichische Strafrechtskommission zählt ihn zu ihren
besten Mitarbeitern.
Für die Liebe und Treue Mittlers zu Innsbruck
spricht wohl am deutlichsten die Tatsache, daß er dreimal eine ehrende Berufung an die Universität Wien
sowie eine solche an die erste deutsche Universität
Prag ausschlug und in seinem geliebten T i r o l , an der
ihm so ans Herz gewachsenen Universität Innsbruck
verblieb.
Zahlreich sind die Werte Professor Rittlers. Über
70 Publikationen entstammen seiner Feder. Eine unerschöpfliche Fundgrube und ein dauernd wertvolles
Wert für joden Juristen stellt wohl das „Lehrbuch
des österreichischen Strafrechtes, allgemeiner und besonderer T e i l " dar. Nicht erschöpfend, sondern nur
beispielhaft darf ich noch erwähnen „Entwicklung der
Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes"
(1911), „Grundsatz der Schuldhaftung und der objektiven Bedingungen der Strafbarke"it" (1918-1920),
der „Indizienbeweis" (1929). Daß Professor Rittler
weit davon entfernt ist, ein „trockener Jurist" zu sein,
beweift seine große Liebe zur Kunst, insbesondere zur
Kunstgeschichte und Archäologie, auf welchen beiden
Gebieten Rittler — gewohnt, den Dingen auf den
Grund zu gehen — ebenfalls als hervorragender
Fachmann gilt. Aus diesem Interessengebiet heraus
stammen auch seine Werke „Freiheit der bildenden
Kunst" (1933) und „Goethe und die Grundprobleme
des Strafrechtes" (1934). Nicht unerwähnt bleibe
ferner seine Hinneigung zur Musik, insbesondere
jener Mozarts.
Es sei mir nun noch der Hinweis gestattet, daß die
Strafrechlspslege in Innsbruck aus ein gutes Alter
zurückblicken kann.
I n derzeit der ersten Hochblüte unserer Universität
wirkte beispielsweise Josef Leouh. Vauniza v. Vazan
als Professor des bürgerlichen und peinlicheil Rechtes.
Er wurde für seine hervorragenden Leistungen 1770
von Kaiserin M a r i a Theresia mit der goldenen Medaille alisgezeichnet. Von seinen zahlreichen Schriften
seien erwähnt! „Dixcnlixllio c_-x iliic ciiininali cle
loituluc repetitinne" (1?(ì9), wciters „Di8^uÌ8ltic> ex
iuic criminali 6c competently i o r i criminali» intuitu
puenae i m p o n e n t e " (1771) sowie „Delineatici iuriz