Innsbruck Informiert

Jg.2013

/ Nr.12

- S.59

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s ta DtG E s C H i C H t E

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in feiner, geschmackvoller
weise gebildet

Goldene kugeln
für arme mädchen
Mit der anderen Hand stützt der hl. Nikolaus ein Buch, auf dem die bekannten drei goldenen Kugeln positioniert
sind: Sie verweisen auf jene goldenen
Gaben, die der fromme Mann drei armen Mädchen „einlegte“, um sie vor
dem Freudenhaus zu bewahren. Keine
dramatisierenden Mittel erwünscht!
Das Gesicht des Heiligen lässt jedoch
keinerlei Emotion erkennen. Sein
spannungsloser Ausdruck entsprach
dem damaligen kirchlichen Kunstwollen. Dazu Michael Stolz 1865: „In der
christlichen Kunst bedarf es nicht des
äußersten Aufwandes von dramatisirenden Mitteln wie in der heidnischen.
In der christlichen Kunst ist die Anwendung und Ausbildung der Form nur
insoweit bedingt, als es nothwendig
ist, die Idee vollständig auszudrücken.“
Der neo-gotischen Altar-Architektur
fehlen die Altar-Flügel. Diese werden
von den Glasmalereien in den beiden
Chorfenstern gebildet. Sie wurden be-

Religion.Dynastie.
Tirol: Die Glasmalereien (1863) und der
Altar mit der Statue
des hl. Nikolaus
(1866) in der Schlosskapelle zu Ambras
feiern die 500jährige
Verbindung Tirols mit
Habsburg (1363–1863),
präsentieren die
kaiserliche Familie
vertreten durch ihre
Namenspatrone,
verweben Heiliges
und Volkstümliches
mit Imperialem.

© khM, Wien (2), MAG. GernOt FusseneGGer, breGenz (1),

Damit beherrscht die Figur des hl. Gabenbringers die romantische imperiale
Kapelle: „Der obere Aufbau des Altares
enthält (…) die von einem Baldachin
überdachte Statue des heiligen Nicolaus, des Patrons der Capelle, in vollem bischöflichen Ornat mit Gold- und
Bildstickerei, in feiner, geschmackvoller
Weise prachtvoll ausgestattet“ (1879).
Sein Haupt neigt der Heilige nach unten, hin zum Gekreuzigten und weiter
zu den himmlischen Fürsprechern der
Familie Kaiser Franz Josephs an der
Front der Mensa: Denn dort sind die
Namenspatrone der allerhöchsten Familie in Form von figuralen Reliefs positioniert: Der hl. Nikolaus segnet diese
Heiligen, die ihre kaiserlichen Namensträger vertreten. Kaiser Franz Joseph
und seine engste Familie war/ist so an
zentralster Stelle der Kapelle präsent.
Ein Zeitgenosse dazu: „Ungemein sinnig hat der Künstler die Liebe und Anhänglichkeit des Tirolers für sein angestammtes Kaiserhaus in diesem Werke
auszudrücken verstanden“ (1879).

reits im September 1863 dort eingebaut,
produziert von der 1861 gegründeten
Tiroler Glasmalereianstalt in Innsbruck. Die Ambraser Glasmalereien
stellen somit die ältesten erhaltenen
repräsentativen Arbeiten dieses bis
heute aktiven Innsbrucker Kunstinstitutes dar.

kostbarkeiten aus
farbigen Gläsern
Sie zeigen jeweils einen Engel, der dem
hl. Nikolaus mit Weihrauch huldigt.
Aber nicht nur diesen: Da unter dem
linken Himmelsboten der kaiserliche
Doppeladler, unter dem rechten der
Tiroler Adler erscheint, werden auch
diese durch den verströmenden Weihrauch „geehrt“, die Verbindung Tirols
mit Habsburg sakralisiert. Die Glasmalereien stellen ein einzigartiges, daher
umso kostbareres künstlerisches Do-

kument der Feierlichkeiten anlässlich
der 500-jährigen Verbindung Tirols
mit Habsburg im Jahre 1863 dar! „Das
Ganze macht auf den Beschauer einen ernstfeierlichen und prachtvollen
Eindruck einer kaiserlichen Kapelle.
Nichts ist störend, selbst der Glanz der
Glasgemälde nicht, alles in harmonischer Ruhe und ladet zum Beten ein“,
schwärmte 1867 ein anonym gebliebener Kapellenbesucher. In der Tat stellt
die Ausstattung der Ambraser Schlosskapelle ein historisches Gesamtkunstwerk auf höchstem Niveau dar. Ein
Besuch der Ambraser Sankt-NikolausKapelle bietet sich daher in den Tagen
um den 6. Dezember an. Bei der Betrachtung des gabenbringenden Heiligen am Altar kann auch das heurige Jubiläum „650 Jahre Tirol bei Österreich
– 1363-2013“ ausklingen.

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