Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1956

/ Nr.10

- S.4

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Gelte 4

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

weilen cmch drei Stadtärztc. Dcr an Jahren älteste
Stadtarzt wurde zum Stadtphysikus erhoben, dem jedoch zur Ausübung seines Amtes seitens der Stadtbehörde damals noch lein eigener Amtsraum und kein
Stab von Mitarbeitern znr Verfügung stand. Derselbe erfüllte seine bisweilen gar umfangreichen Ausgaben, die dcr öffentliche Sanitäts- und Gesundheitsdienst erforderte, gegen eine vom Magistrat gewährte
mähige Iahresremuneration in seinem privaten Arbeitszimmer. Nachdem Dr. Mayrhoser sein verdienstvolles Wirten als Stadtvhysikns und Gerichtsarzt,
wofür er vom Kaiser mit dem goldenen Verdienstkreuz mit der Krone ausgezeichnet worden war, durch
den am 28. Februar 1864 eingetretenen Tod beendet
hatte, wurden seine Gebeine in der Fricdhossarkade
Nr. 59, reserviert für verdienstvolle Innsbrucker, beerdigt. Nber seinem Grabe entstand alsbald ein aus
städtischen Mitteln errichtetes Denkmal.
Nun folgte der Anno nenn als Leutnant der akademifchenScharfschützemKomPagnie bekanntgewordene
Dr. Franz vou Wocher zu Oberhaus uud Hausen
als Stadtphysikus von Innsbruck, wo er am 1. Oktober 1787 im sogenannten EngeHaufe (das ist Stokkcreck) zur Weilt gekommen ^waL. Er «war dcr letzte
Mediziner, der vor dcr Aufhebung der hiesigen medizinischen Fakultät ini Jahre 1810 in Innsbruck promoviert hatte. Seine ärztliche Praxis hatte er zu
Rankweil, von wo er 1829 nach Hall übersiedelt war,
begonnen; zwei Jahre später wählte er Innsbruck als
ständigen Sitz. 1839 wurde er für den Stadtteil ani
linksseitigen Innuser zum Stadtarzt ernannt. Stimmen seiner Zeit schildern ihn, der durch mehrere Jahre
als einziger Stadtarzt tätig- sein muhte, als angesehenen und vielbegehrten Arzt. Nur kurze Zeit stand
iihm Dr. Walzhofer als zweiter Stadtarzt zur Scitc.
Stadtphysikus Dr. Wocher starb, 93 Jahre alt, als
Nestor der tirolischen Ärzte Ende M a i 1880, nachdem
er vor seinem Tode nochmals als zweiter Stadtarzt
mit verschiedenen leichteren Samtätsgcschäften betraut worden war. Bei dem am 30. M a i 1880 mit
gebührenden Ehren statt gefundenen Begräbnis in:
städtischen Friedhof lagen aus seinem Sarge Säbel und
Schützeuhut als Embleme des Landesvcrteidigcrs uud
unter den vielen Kränzen auch ein großartiges Lorbeergewinde nut der Widmung: „Dem Herrn Stadtphysikus, die dankbare Stadt gemeinde." Dieselbe hatte
auch zur Erhöhung der Leichenfeier die FeuerwehrMusikkapelle ausrücken lassen. Die alte ehrwürdige

Schützensahne von Spinges senkte sich" über das frische

Grab.
Während der späteren Amtszeit Dr. Wochers hatte
Dr. Josef Glatz, der in den Jahren von 1868 bis
1871 auch Mitglied des Innsbrucker Gemeindcrates
gewesen war, die zweite systemierte Stadtarztftellc
inne. Etwa im Jahre 1874 übernahm dieser in der
Folgezeit so viel gerühmte Arzt die Leitung der Physikatsgeschäfte. Dabei widmete er sich vorwiegend der
Armenpraxis und der Totenbeschau. Zum zweiten
Stadtarzt wurde 1875 Dr. Karl Pusch, der bereits
durch mehrere Jahre vorher insbcsondcrs in dcr Behandlung der Kranken im Vlatternfpital Aushilfcdienste geleistet hatte, bestellt. Bemerkenswert erscheint
der Umstand, daß nach Gemeinderatsbeschluß vom
28. Dezember 1880 das Ansuchen beider Amtsärzte

Nummer 10

uni definitive Anstellung abgelehnt worden ist. Gemäß Aufzeichnung im Präliminarc dcr Stadt I n n s bruck vom Jahre 1880 bezog der erste Stadtarzt ein
Iahresgehalt von 1000 >Gulden, wozu noch cine Remuneration in der Höhe von zirka 258 Gulden für
die Führung der Physikatsgeschäfte hinzukam. Für
den zweiten Stadtarzt hingegen waren nur <>00 Gnlden ausgeworfen. Geboren als anner Väckersohn im
Hause Innstraße 21, hatte Glatz nach Absolviernng des
Innsbrucker Gymnasiums die Wiener Hoch sanile de
sucht, um sich hierauf in der Vaterstadt niederzulassen.
Vom Volksmuud „der billige Doktor" bezeichnet, ver
mochte Dr. Josef Glatz alsbald in weiten .weisen
einen guten Nuf zu erlangen. Nach Angaben aller
Innsbrucker Bürger soll er aus dem Grnnde ledig
geblieben sein, um hilflosen bedürftigen Mitmenschen
um so tatkräftiger unter die Arme greifen zu können.
Wie groß seine Liebe zu den Armen war, geht ans
seinem Testament hervor, in welchem er dieselben mit
einein Legat von 25.000 Gulden bedachte. Zahlreiche
Dichtungen und Anekdoten umranken seit dein Tode,
eingetreten nach Vollendung seines 65. Lebensjahres
am 28. Mai 1890, das inhaltsreiche Leben und Wirken dieses volkstmnlichen Arztes, Wohltäters nnd
Tiroler Originales. Die Stadtgcmeinde Innsbruck
ehrte ihren treuen Sohn, indem sie am 10. Dezember
1914 eine Straße im Stadteil Pradl nach ihm be
nannte.
Gegen Ende des Jahres 1889 hat Dr. Glatz wegen
Gesundheitsrücksichten resigniert. Demnach befaßte sich
der Gemeindcrat am 12. Dezember mit der Ausschreibung dcr frei gewordenen Stelle des Stadtphysitnv nnd
bestimmte, daß derselbe künftighin neben den Agendon des eisten Stadtarztes zugleich auch die Funktionen eines Direktors des Allgemeinen Stadtspitals
zu versehen habe, und zwar mit einem Iahrcsgchalt von 2000 Gulden, einer Aktivitätszulage von
200 Guldeu und dem Anspruch auf zwei Qnincmiennien zu je 200 Gulden. Von den genannten Bezügen
wurde der Betrag von 1000 fi. in den Voranschlag
bes Gemeindefonds genommen, während den Nest die
Spitalskasse zu übernehmen hatte. Gleichzeitig wurde
festgelegt, die Geschäfte des Armenarztes dem zweiten
Stadtarzt zu übertragen, dessen Bezüge auf 800 Gulden zu erhöhen seien. Aus dem Wettbewerb gina, Dr.
Robert von H a u m c d e r als Stadlphysikus uud
Krankenhansdirektor hervor. Derselbe hattc seine Hoch
schulstudien 1876 in Innsbruck abgeschlossen, war
Sekundararzt an der hiesigen dermatologischcn, dann
an der Klinik für interne Krankheiten, später Lloydarzt, eine Zeitlang Konzipist bei der Polizeidiret"tion
in Wien nnd schließlich, eheoor er nach Innsbruck
kam, Bczirksarzt von Zwetll. I m Angnst l 9 0 l wurde
das Direktorium vom Physikat getrennt. Dr. Haum
eder war ferner Vorsitzcnderstellvcrtreter des k. k. Lan
dessanitätsrates für Tirol uud Vorarlberg, der erste
Präsident dcr deulschtirolischeu Ärztekammer nnd
durch zwei Perioden Vorstandsmitglied derselben.Das
heutige Granbarthaus in dcr Museumstraße n^nntc
er sein Eigentum. Er verschied nach längcrem Kran
leiilager, eine Witwe, einen Sohn und eine Tochter
hinterlassend, am 3 l . Dezember 1905 im 57. Lebens
jähre, ^«eine sterblichen Überreste nberfnhrte man zur
Beisetznng ans den Zentralfriedhof nach Wien.