Innsbruck Informiert

Jg.2010

/ Nr.12

- S.59

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st a dtges c h i c h te

A u s dem S t a dt a r c h iv / S t a dtm u se u m

Die Weihnachtskrippen von Walter Kuen –
qualitätsvolle Bildhauerkunst in Miniatur
Weihnachtskrippen, egal ob von Bastlern, geschulten Krippenbauern oder akademischen Bildhauern geschaffen,
veranschaulichen immer die Menschwerdung Christi. Der Innsbrucker Bildhauer Walter Kuen (1901–1984) beschäftigte sich
zeitlebens besonders intensiv mit plastischen Darstellungen der Geburt des Erlösers.
vo n D r . Helm u t h Oe h le r

B

ald werden am Adventkranz zwei
Kerzen brennen. Mancher Innsbrucker wird sich dann bereits
gedanklich mit dem Aufstellen der eigenen Krippe beschäftigen. In Tirol ist der
Advent stark mit inneren Bildern von geschnitzten Figuren, mit Erinnerungen an
das Aufstellen von Krippen in Privathäusern und Kirchen verbunden. Holz war in
Tirol seit jeher der beliebteste Werkstoff
für kleine Bildwerke aller Art.
Der Werkstoff Holz und daraus geschaffene plastische Darstellungen der
Geburt Christi waren auch dem Innsbrucker Bildhauer Walter Kuen sehr wichtig.
Er war einer jener akademischen Bildhauer, die sich ab den 1920er-Jahren intensiv mit der zeitgemäßen Erneuerung
der Weihnachtskrippe beschäftigten.
Ihre Krippenfiguren reflektieren daher
die jeweils aktuelle Formensprache der
„großen“ Bildwerke und können u. a. im
Tiroler Volkskunstmuseum betrachtet
werden.

Der Werkstoff
Holz bestimmt
wesentlich die
Wirkung der
Krippenfiguren
Walter Kuens.
Hirtenbub,
Holz, ungefasst, H. 15 cm,
Innsbruck,
Privatbesitz.

stärkt abstrahierte Formen zur Anwendung. Die Gesichter formulierte er mit
wenigen, gekonnten Schnitten.

Walter Kuens Krippen

Walter Kuen beteiligte sich in den
1930er-Jahren aber auch erfolgreich an
der Ausstattung damals neu erbauter
Kirchen. So schuf er z. B. 1934 die Kanzel
der Theresienkirche auf der Hungerburg.
Fortschrittlich arbeitende Architekten
erkannten und schätzten die außerordentliche Qualität seiner Bildwerke. Diese Entwicklung wurde leider durch den
Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Nach
1945 gestaltete Kuen vor allem intime
Kleinskulpturen: Neben der Gestaltung
von ungeheuer lebendigen, plastischen
Tierfiguren widmete er sich vor allem der
künstlerischen Erarbeitung des Themas
der Geburt Christi – Bildhauerkunst auf
höchstem Niveau in Miniatur.

Große Bildwerke in Sakralräumen
und intime Kleinskulpturen

© Dr. H. Oehler (4)

Walter Kuen, 1901 in Imst geboren, lebte
ab 1907 in Innsbruck. Dort erhielt er an der
k. k. Staatsgewerbeschule eine fundierte
bildhauerische Ausbildung (1918–1921). Ab
Herbst 1923 studierte er Bildhauerei an der
Wiener Akademie bei Prof. Müllner. Bereits in diesen Jahren beschäftigte er sich
hauptsächlich mit Holzskulpturen. Nach
dem Abschluss seines Studiums (1927) arbeitete er in Innsbruck als Bildhauer.
1937 begann Kuen an der Bundesgewerbeschule als Lehrer für Bildhauerei zu
unterrichten. Nach dem Anschluss wurde er jedoch wegen seiner religiösen Gesinnung aus dem Schuldienst „entfernt“,
musste also wieder den Lebensunterhalt
als freischaffender Künstler verdienen. Im
Kriegsjahr 1943 erfolgte die Einberufung
zum Wehrdienst. Bereits im Oktober 1945
konnte Walter Kuen jedoch seine Tätigkeit
als Lehrer für Bildhauerei an der Bundesge-

werbeschule in Innsbruck wieder aufnehmen. Zahlreiche Tiroler Bildhauer erhielten
durch ihn eine fundierte kunsttechnische
Ausbildung. Walter Kuen trat 1966 in den
Ruhestand. 1984 verstarb er in Innsbruck.

Die plastische Darstellung der Geburt
Christi nimmt im Gesamtschaffen Kuens
einen zentralen Stellenwert ein. Er gestaltete die Ereignisse um die Geburt Christi
variantenreich in Form von Relief­krippen,
aus einem Block geschnittenen Geburtsgruppen oder Krippen mit verstellbaren
Figuren. Kuens Krippen kommen immer
ohne kräftige Farben aus, die Figuren der
Protagonisten sind entweder holzsichtig
oder nur leicht getönt. Frühe Krippengestaltungen aus den 1920er- und 1930erJahren zeigen ein bewegtes Oberflächenrelief. Später weisen seine Figuren glatte
Flächen auf, die von exakten Kanten begrenzt werden. Kuen brachte nun ver-

Bildhauer in Innsbruck

Walter Kuens
Hirten sind hart
arbeitende Menschen, die ihre
Tiere lieben und
hüten. Hirte mit
Schaf, 1960erJahre, Holz, gefasst, Innsbruck,
Privatbesitz.

Geburtsgruppe mit geschnitztem Stall,
1969, Zirbe, gefasst, H. 25 cm, B. 22 cm,
Innsbruck, Tiroler Volkskunstmuseum.

Der hl. Josef leuchtet dem Kind. Krippe mit
Freifiguren, 1960er-Jahre, Holz, gefasst,
Innsbruck, Privatbesitz.

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